Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)
wenn Sie’s nicht gesagt haben, aber Sie halten ihn für unschuldig, oder? Darum sind Sie hier.«
Ich denke an den Ausdruck in Bruce’ Augen, bevor er abgedrückt hat. Und an den Schlüssel in seiner Tasche, in dem Umschlag mit meinem Namen.
»Ich glaube nicht, dass er es getan hat«, gebe ich zu.
»Werden Sie den Täter finden?«
»Ich werd’s versuchen. Versprochen.«
Ich habe bereits die Hälfte des Fußwegs zurückgelegt, als es mir wie Schuppen von den Augen fällt. Ich fahre herum. Patricia steht immer noch da und blickt mir nach, dem Mann, der zwei Jahre nach dem Verschwinden ihrer Tochter bei ihnen aufgekreuzt ist, um ihnen mitzuteilen, dass es keine Hoffnung mehr gibt.
»Die Blumen für ihre Großmutter. Gab es dafür einen bestimmten Anlass?«
»Eine Woche, bevor Rachel verschwunden ist, ist meine Mutter gestorben. Das war mit ein Grund, warum die Polizei geglaubt hat, dass sie von zu Hause weggerannt ist. Rachel und meine Mum standen sich sehr nah. Die ersten Jahre hat meine Mutter sich zusammen mit mir um sie gekümmert. Die Polizei hat vermutet, dass sie deprimiert war und für sich sein wollte. Die Blumen hat sie gekauft, um sie zur Beerdigung mit auf den Friedhof zu nehmen.«
»Welchen Friedhof?«
»Woodland Estates.«
Woodland Estates. Der Friedhof mit dem See. Der Friedhof mit meiner Tochter.
Der Friedhof, auf dem Rachel Tyler gefunden wurde.
Kapitel 17
Diese Verbindung gab es auch schon vor zwei Jahren, nur dass damals niemand danach gesucht hat. Niemand kam auf die Idee, überhaupt danach zu suchen. Wie auch? Schließlich konnte keiner ahnen, dass man Rachel Tyler eines Tages begraben auf einem Friedhof finden würde. Dass sie auf der Beerdigung ihrer Großmutter ins Fadenkreuz eines Killers geraten würde.
Mein Handy klingelt, was gute Neuigkeiten für mich sind, weil das heißt, dass es funktioniert. Ich werfe einen Blick auf die Anzeige, doch ich kenne die Nummer nicht.
»Hallo?«
»Wie kommst du dazu, deine verdammte Nase in meine Ermittlungen zu stecken?«
»Wer ist da?«
»Mensch, was glaubst du wohl? Du warst bei den Tylers.«
»Hör zu, Landry, ich war …« Keine Ahnung, wie ich den Satz beenden soll.
»Herrgott, Tate, was für ein Spiel spielst du? Deinetwegen läuft alles aus dem Ruder.«
»Ich weiß, was ich tue.«
»Wenn du es wüsstest, würdest du immer noch eine Dienstmarke tragen. Du bringst alles durcheinander, und sollte Bruce Alderman die Mädchen nicht umgebracht haben, kommt noch jede Menge Ermittlungsarbeit auf uns zu. Was wiederum bedeutet, dass es zum Prozess kommen wird, sobald wir den Kerl gefasst haben; und dann müssen wir vor Gericht plötzlich dein Verhalten erklären. Was meinst du, wie du dann dastehst? Und wir. Glaubst du nicht, dass jeder Verteidiger, der ein bisschen was taugt, in der Lage ist, den Fall auseinanderzupflücken, und das nur, weil du unsere ganzen Beweise zunichtegemacht hast? Herrgott, Sidney Alderman ist davon überzeugt, dass du seinen Sohn umgebracht hast. Mann, Tate, halt dich bloß zurück. Hör auf mit dem Scheiß.«
»Ich habe ihn nicht getötet.«
»Ich weiß. Wir alle wissen das. Aber Alderman nicht. Er ist davon überzeugt, dass du abgedrückt hast. Nimm dich also besser in Acht.«
»Das war eine leere Drohung.«
»Vielleicht. Ich würde trotzdem die Augen offenhalten. Er trinkt sich gerade etwas Mut an.«
»Was soll das heißen?«
»Er ist von der Leichenhalle direkt in eine Bar marschiert. Er trinkt sich einen an, und wer weiß, ob er danach besser oder schlechter drauf ist.«
»Lass mich raten. Du hast ihn dort hingefahren?«
»Was für eine bescheuerte Frage, Tate. Ich versuche dir zu helfen.«
»Okay, okay, hab verstanden.«
»Das glaube ich nicht. Denn irgendwie bist du an ihren Ring gekommen.«
»Was?«
»Rachel Tyler. Ihren Ring. Du hast ihn ihren Eltern gezeigt.«
»Bruce hat ihn mir gegeben.«
»Blödsinn. Du hattest ihn bereits gestern Nachmittag. Wie bist du da drangekommen? Hast du ihn aus dem Sarg mitgehen lassen? Wo bist du gerade?«
Vor dreißig Sekunden war ich noch vor dem Friedhof, aber jetzt, da ich weiß, dass Sidney Alderman nicht zu Hause ist, fahre ich zu seiner Wohnung. »Daheim.«
»Bist du nicht. Ich bin gerade vor deinem Haus, und du bist nicht da.«
»Sehr witzig, Landry. Ich stehe in meiner Auffahrt und kann dich nirgends sehen.«
Wahrscheinlich weiß jeder von uns, dass der andere blufft.
»Lass die Finger von meinem Fall, Tate. Wenn ich noch einmal deinen
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