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Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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redet, desto eher bekomme ich meine Kleine wieder unter die Erde. Die Welt ist echt am Arsch, wenn das Tagesziel das Begräbnis deiner eigenen Tochter ist.
    »Was ist nach dem Tod von Bruce’ Mutter passiert? Was ist mit Sidney geschehen?«
    »Was?« Er wirkt betroffen.
    »Bruce’ Mutter. Als sie vor zehn Jahren gestorben ist, wie war das damals?«
    Er stöhnt auf, um deutlich zu machen, was für eine schwere Prüfung meine Anwesenheit ist.
    »Es war, als wäre Bruce von einem Tag auf den anderen gestorben. Wobei … das trifft es nicht ganz. Er war ja nicht tot. Er ist sich einfach nur … abhandengekommen. Dasselbe gilt für Sidney.«
    »Und?«
    »Und was? Das geschieht eben, wenn Leuten so etwas passiert. Kommen Sie, Theo, Ihnen muss ich das nun wirklich nicht erklären. Manchmal erholt man sich nie wieder davon oder auf die falsche Art. Und manche Menschen sind in einer Weise verloren, die sich nur schwer beschreiben lässt.«
    Ich denke daran, wie Sidney Alderman meine tote Tochter ausgegraben hat. Ich könnte spielend Dutzende von Anzeichen dafür nennen, dass der Alte komplett durchgedreht ist und nicht einfach verloren.
    »Hat einer von beiden je die Beichte bei Ihnen abgelegt?«
    »Theo, Sie wissen, dass ich Ihnen diese Frage nicht beantworten kann.«
    »Im See trieben vier Menschen, Vater. Bis jetzt hat die Polizei zwei davon identifiziert. Und es wird nicht lange dauern, dann weiß man auch, wer die beiden anderen sind.«
    »Vier Mädchen«, sagt er. »Und so jung, was für eine Verschwendung.«
    »Nun, Sie haben jetzt die Gelegenheit …«
    Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Vater Julian ist nicht nur auf mich wütend, sondern auch auf sich selbst.
    »Ich habe gestern gesagt, dass sich in den Särgen möglicherweise weitere Leichen befinden, ohne allerdings zu erwähnen, dass es sich bei allen vier Leichen um Mädchen handelt. Um junge Mädchen.«
    Er will etwas sagen – wahrscheinlich um zu beteuern, dass er irgendwie davon erfahren oder dass er es vermutet hat -, doch dann hört er auf, mir etwas vorzumachen, und schweigt einfach.
    »Mein Gott, Sie wussten Bescheid! Scheiße, Sie wussten es!«
    »Theo!«, brüllt er und schlägt mit der Faust auf den Tisch. »Genug! Wie können Sie es wagen, solche …«
    »Wie ich es wage?« Diesmal bin ich derjenige, der mit der Faust auf den Tisch schlägt. »Sie wussten die ganze Zeit Bescheid und haben nichts unternommen? Wie kann das sein?«
    Er antwortet nicht, und plötzlich, völlig unvermutet, ist es still, als wäre uns beiden nur allzu bewusst, dass die nächste Äußerung unsere wie auch immer geartete Beziehung unwiderruflich beschädigen kann.
    »Was hätte ich tun sollen, Theo?«, fragt er; er flüstert jetzt fast, und die Frage klingt ehrlich, als wollte er wirklich, dass ich ihm Alternativen aufzähle, wo es keine gibt. »Sie kennen die Regeln. Man kann darüber diskutieren oder sie hassen, man kann darüber schimpfen, wie ungerecht das Ganze ist, Theo, aber Sie wissen, wie das läuft.«
    »Einer der Aldermans hat bei Ihnen die Beichte abgelegt und gestanden, dass er diese Mädchen getötet hat!«
    »Das habe ich nicht gesagt, und das ist auch nicht passiert!«
    Ich springe auf, öffne den Umschlag und drehe ihn um, genau wie ich es getan habe, als ich ihn gefunden habe. Wie vorhin flattern die Artikel heraus. Ich streiche mit meiner Hand über die Ausschnitte und fächere sie wie einen Kartenstapel auf. Vater Julian starrt wie gebannt darauf.
    »Sie wussten die ganze Zeit, dass die Mädchen in den Särgen waren. Dass sie tot waren.«
    »Setzen Sie sich wieder, Theo.«
    »Das hier sind die Mädchen, die wir hätten retten können. Was haben Sie gestern zu mir gesagt, als ich Ihnen erzählt habe, warum mir dieser Fall so wichtig ist? Sie sagten, es wäre nicht meine Schuld. Einerseits hatten Sie recht, und dann auch wieder nicht. Tja, ich dachte, es wäre allein meine Schuld. Aber das hat sich jetzt geändert. Sie haben mir gerade einen Teil der Last abgenommen.«
    Er streckt die Hand aus und fährt damit über die Zeitungsausschnitte, dann hebt er einige davon auf. Ich suche seinen Blick und bemerke, dass er sie überhaupt nicht liest. Je länger er die Ausschnitte durch seine Hände wandern lässt, desto mehr Staub wirbelt durch die Luft. Ich bin mir nicht sicher, wonach er sucht. Keine der Verschwundenen hat es auf die Titelseiten geschafft. Es gibt weder fette Schlagzeilen noch irgendwelche Autorenangaben. Wenn eins der Mädchen ein

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