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Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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auf.
    »Leck mich«, sagt er. »Du hast meinen Jungen umgebracht und glaubst, du könntest ein Tauschgeschäft mit mir abziehen?« Er lallt, das heißt, dass er wieder in die Bar zurückgekrochen ist, aus der er sich vorhin geschleppt hat, um meine Tochter zu stehlen.
    »Ich habe deinen Sohn nicht getötet.«
    »Er ist tot. Oder?«
    »Bring meine Tochter zurück, und wir können darüber reden.«
    »Was?«
    »Du hast mich schon verstanden. Das ist mein Tauschgeschäft.«
    »Ich höre immer Tausch. Du hast nichts für mich.«
    »Das dachte ich auch erst. Bis ich mich auf dein Spielchen eingelassen habe. War gar nicht so schwer, den Bagger zu lenken.«
    »Wo steckst du?«, fragt er.
    »Dort, wo du vor zehn Jahren warst«, sage ich und lege auf.
    Ein paar Sekunden später klingelt das Telefon erneut. Doch ich schalte es aus.
    Vor dem Schuppen gibt es einen Wasserhahn, und ich habe Durst, doch ich möchte mit meinen Lippen nichts berühren, was Sidney Alderman vielleicht mit seinem Mund berührt hat. Ich steige vom Bagger und trete in den Schatten. Dann stöbere ich die verschiedenen Geräte durch. Hauptsächlich Gartenausrüstung sowie das eine oder andere Schreinerwerkzeug. Außerdem gibt es hier Elektrogeräte für jeden Zweck. Doch ich lasse das alles liegen und schnappe mir eine Schaufel.
    Statt den Bagger zu nehmen, marschiere ich zu Fuß zum Grab. Ich hocke mich unter einen Baum in den Schatten. Ich versuche nicht an die letzten vierundzwanzig Stunden zu denken, die mich hergeführt haben. Doch plötzlich wird mir klar, dass es eigentlich die letzten zwei Jahre waren. Hätte der Mann, der ich damals war, sich vorstellen können, je so einen Scheiß abzuziehen? Ich hoffe nicht. Und ich wünschte, es hätte die letzten zwei Jahre nie gegeben.
    Unwillkürlich muss ich an Quentin James denken. Ich habe zwei Leben – eins bevor ich ihn getroffen habe, und eins danach -, und ich bin zwei unterschiedliche Menschen. Auf gewisse Weise sind wir uns darin wahrscheinlich ähnlich. Es gab den nüchternen Quentin und den betrunkenen Quentin. Und wahrscheinlich noch einen dritten. Einer, der die Veränderung bemerkt hat, aber mit Bier, Sportsendungen und Hypothekenzahlungen zum Schweigen gebracht wurde. Und es gibt einen dritten Tate – einen, der nichts gegen das tun kann, was auch immer ich jetzt tun werde. Als Quentin sich bei mir entschuldigt hat, habe ich alles Mögliche empfunden, nur kein Mitleid. Genauso geht es mir jetzt.
    Alderman braucht dreißig Minuten. Die Sonne steht inzwischen etwas tiefer, trotzdem hat es kein bisschen abgekühlt. Der ramponierte Geländewagen holpert die Stra ße entlang; in der Windschutzscheibe, der einzig sauberen Oberfläche des Fahrzeugs, spiegelt sich die Sonne. Obwohl Alderman versucht, den Wagen zu kontrollieren, bricht dieser immer wieder nach links und rechts aus.
    Ich rühre mich nicht von der Stelle. Er parkt so nah es geht, dann steigt er aus und bleibt stehen; wahrscheinlich hält er nach mir Ausschau. Doch er kann mich nicht sehen. Jetzt durchquert er die Baumgruppe, in der ich hocke, aber er hat mich immer noch nicht entdeckt. Langsam, mit leicht schwankendem Gang, taumelt er auf das Grab zu, als würde die Welt unter jedem seiner Schritte etwas nachgeben. Ich an seiner Stelle wäre darauf zugestürmt. Am Rand des Grabs bleibt er stehen und starrt reglos nach unten. Dann plötzlich klettert er in die Grube.
    Ich schleiche mich an. Je näher ich komme, desto mehr kann ich erkennen; zunächst den gegenüberliegenden Rand des Grabs, dann Aldermans Kopf und schließlich den Rest seines Körpers. Er hockt dort unten und versucht den Sarg seiner Frau aufzustemmen, doch da er mit seinem Gewicht auf dem Deckel lastet, ist das gar nicht so einfach. Als er meinen Schatten über das Holz wandern sieht, blickt er auf und muss sich dabei ein wenig verrenken. Er hockt auf dem Sarg wie auf einem Pferd, nur dass er die Beine nicht an den Seiten herabbaumeln lassen kann. Als er zu mir hochschaut, muss er seine Augen mit der Hand gegen die Sonne schützen.
    »Du Arschloch«, sagt er.
    »Wo ist sie?«
    Er rappelt sich wieder auf und streckt die Hände aus, um sich an den dunklen Wänden abzustützen. Ich zeige ihm die Schaufel.
    »Glaubst du etwa, ich hätte Angst vor dir?«, fragt er. »Glaubst du, ich hätte nicht mit so was gerechnet?«
    Ich verpasse ihm mit der Schaufel einen Schlag gegen die Seite seines Gesichts – nicht besonders fest, aber so, dass er hintenüber fällt. Er knallt mit

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