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Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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dem Kopf gegen den Sarg.
    »Mein Gott«, sagt er, während er sich ans Gesicht fasst. Dann beugt er sich zur Seite, spuckt etwas Blut und wischt sich mit der Hand über den Mund. »Verdammt.«
    »Wo hast du sie hingebracht?«
    »Leck mich«, sagt er. »Ist meine Frau da drin? Sag schon, du Stück Scheiße.«
    »Sie ist da drin, und wenn du ihr nicht Gesellschaft leisten willst, solltest du mir sagen, wo du meine Tochter hingebracht hast.«
    »Deine Tochter? Wie wär’s, wenn du mir sagst, wo mein Sohn ist? Oder hast du das vergessen? Er liegt im verdammten Leichenschauhaus!« Eingehüllt in eine Wolke aus Alkohol und Spucke stößt er die Wörter zwischen den Zähnen hervor. »Ja, er wird gerade mit einem verdammten Bolzenschneider und Messern in seine Einzelteile zerlegt, und weißt du was? Willst du wissen, was der Witz dabei ist? Du bist schuld daran!«
    Es hat keinen Sinn, darüber zu diskutieren. Ihm immer wieder zu erzählen, dass ich seinen Sohn nicht erschossen habe. Casey Horwell hat ihn längst vom Gegenteil überzeugt.
    »Meine Tochter. Wo ist sie? Sag’s mir!«
    »Du wirst sie nie finden.«
    »Du gottverdammtes Arschloch«, sage ich und hebe die Schaufel, als wollte ich ihn erneut schlagen. Als er daraufhin zurückweicht, mache auch ich einen Schritt nach hinten. »Du gottverdammtes Arschloch«, wiederhole ich, dann schleudere ich die Schaufel mit voller Wucht in seine Richtung. Das Schaufelblatt trifft ihn an der Schulter und prallt gegen den Sargdeckel. Alderman kippt erneut nach hinten und stützt sich an der Wand ab. Dann beginnt er, die Stelle, wo er getroffen wurde, zu massieren.
    Ich balle meine Hand zur Faust; ich zittere, und ich bin mir nicht ganz sicher, wo genau meine Wut mich noch hinführen wird. Der tiefste Punkt des Abgrunds wartet auf mich.
    Alderman nimmt die Schaufel und schafft es damit wieder auf die Beine. Dann greift er nach dem Rand des Grabs. Er schiebt seine Hand über den Rand, als glaubte er in seinem Rausch, er könne sich ungehindert aus dem Grab ziehen. Ich trete ihm kräftig auf die Finger. Und er reißt die Hand zurück, wobei er sich die Haut vom Handrücken scheuert. Er schielt zu mir herauf, als wäre er hier das Opfer, als hätte er nichts falsch gemacht. Auf seinem Hemd breitet sich ein Blutfleck aus, auf seiner Hand ebenso.
    »Die Mädchen, was ist mit ihnen passiert?«
    »Was für Mädchen?«
    »Von welchen Mädchen rede ich wohl?«
    Er zuckt mit den Achseln, doch er weiß Bescheid. »Ich hatte nichts damit zu tun. Und Bruce auch nicht.«
    »Er hat sie begraben. Das hat er zugegeben. Hat er sie auch getötet?«
    »Leck mich.«
    »Oder warst du das?«, frage ich.
    »Das ist Schwachsinn. Du hast meinen Sohn umgebracht und weißt nicht mal, warum.«
    »Wie wär’s, wenn du’s mir erklärst.«
    »Da fragst du den Falschen.«
    »Wen sollte ich denn stattdessen fragen?«
    »Was glaubst du wohl, verdammt? Deinen Kumpel Vater Julian. Los, frag ihn.«
    »Was soll das heißen?«
    »Leck mich. Ich sag erst wieder was, wenn du mich hier rauslässt.«
    Ich trete vom Grab zurück.
    »Wo zum Teufel willst du hin?«, ruft Alderman.
    Ich antworte nicht. Sondern gehe zum Geländewagen hinüber. Er ist mit einer Staubschicht überzogen, und auf der Vorderseite befinden sich mehrere Rostkratzer. Die Fahrertür steht offen, und aus dem Armaturenbrett ertönt ein Signalton – seine Schlüssel stecken noch. Ich reiße die Tür zum Kofferraum auf. Und da, ausgestreckt, unter einer dunklen Plane, liegt meine Tochter, ihr Haar ist ganz verfilzt und hängt müde herunter, ihr Lieblingskleid ist in einem besseren Zustand als ihr kleiner Körper. Er ist durch den Verwesungsprozess völlig zerstört. Ich lehne mich gegen den Geländewagen, den Blick auf den Boden gerichtet, während ich gegen den Brechreiz ankämpfe; ich will ihr nicht ins Gesicht sehen, denn davon ist nicht mehr viel übrig. Es ist verwest, und die Überreste sind so grauenvoll, dass ich nur noch schreien will. Eigentlich sollte sie gerade in der Schule sein. Zwei Jahre älter sein. Und sich darauf freuen, nach Hause zu kommen und die Hausaufgaben zu erledigen, um danach mit ihrem Teddy Tee zu trinken. Mann, diese Welt ist so am Arsch, dass ich das, was Bruce Alderman getan hat, allmählich für gar keine so üble Alternative mehr halte.
    Ich schließe den Kofferraum wieder. Und gehe zurück zum Grab. Alderman hat es immer noch nicht rausgeschafft. Kein Wunder, die Kräfteverhältnisse arbeiten gegen ihn. Er ist betrunken,

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