Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)
angeblich verzichten wollten. Das müssen sie. Sie können nicht anders.
»Warum erzählst du uns nicht ein bisschen was über Vater Julian?«, fragt Schroder. »Warum bist du ihm gefolgt?«
»Ich bin ihm nicht gefolgt, und ich habe ihm das ganz bestimmt nicht angetan. Zunächst mal, wenn die rausgeschnittene Zunge eine Botschaft von mir sein soll, kann sie ja wohl nur für euch bestimmt gewesen sein, oder? Und das wäre ziemlich dumm von mir.«
»Hör dir das an«, sagt Landry und schaut dabei zu Schroder hinüber, doch in Wirklichkeit redet er mit mir. »Er glaubt, das alles ergibt irgendeinen Sinn.«
»Ich habe ihn nicht getötet.«
»Erzähl uns eine andere Geschichte«, sagt Landry. »Jeder hier im Raum weiß, zu was du fähig bist, Tate.«
»Mach schon, Tate, komm uns ein wenig entgegen, okay?«, sagt Schroder. »Du weißt, wie das läuft. Du kannst die ganze Nacht da hocken und auf stur schalten, aber am Ende kriegen wir doch alles aus dir raus. Warum sparst du uns allen nicht etwas Zeit?«
Ich betrachte die Fotos des toten Priesters. Es sind acht Stück. »Warum? Damit ihr mir den Scheiß da anhängen könnt?«
»Wo ist das Problem, wenn du ihn nicht getötet hast? Dann werden die Beweise das bestätigen.«
»Hängt davon ab, wie ihr die Beweise auswertet. Offensichtlich habt ihr das bereits getan und nicht die leiseste Ahnung, was ihr damit anfangen sollt.«
»Wir verschwenden nur unsere Zeit«, sagt Landry. »Ich finde, wir sollten ihn einbuchten und seinen Mithäftlingen stecken, dass er ein Ex-Cop ist. Sollen sie ihn ein bisschen aufmischen.«
»Echt witzig, Landry.«
»Warum bist du ihm gefolgt?«, fragt Schroder.
»Noch mal, ich bin ihm nicht gefolgt.«
Doch Schroder hakt nach. »Was hast du vor dem Unfall gemacht?«
»Ich bin ihm nicht gefolgt.«
»Wir wissen, dass du ihm zu diesem Zeitpunkt nicht gefolgt bist«, ergänzt Landry. »Denn da war er bereits tot.«
»Wir müssen ihm ein paar Sachen zeigen«, sagt Schroder, dann steht er auf und verlässt das Zimmer. Statt sich auf den leeren Stuhl zu setzen, stützt sich Landry auf die Rückenlehne und beugt sich nach vorne.
»Du warst mal einer von uns«, sagt er. »Was zum Teufel ist passiert?«
»Was glaubst du denn?«
Bevor er antworten kann, kehrt Schroder zurück. Er hat eine Pappschachtel voller Plastikbeutel dabei. Keine Ahnung, wie viele, sie lassen sich nicht auseinanderhalten. Er fängt an, sie auf dem Tisch zu verteilen.
»Die Uhr«, sagt er, »gehörte mal Gerald Weiss. Er wurde vor zwei Jahren damit beerdigt. Wie kommst du in ihren Besitz?«
»Ich habe sie gefunden.«
»Es gibt zwei Möglichkeiten, wie du in ihren Besitz gekommen bist«, sagt Landry. »Entweder hast du sie dem Toten im Wasser abgenommen oder als du ihn aus seinem Sarg gehievt hast.«
»Den Scheiß glaubst du doch wohl selber nicht«, sage ich. Landry scheint stinksauer zu sein. »Du hast dich da in was verrannt. Irgendwann wird sich das rächen, und dann fliegt dir alles um die Ohren. Du wirst dich noch so sehr darin verbeißen, dass jemand zu Schaden kommt.«
»Du bist entweder ein Dieb oder ein Mörder«, sagt Landry bestimmt, als wäre das ein und dasselbe. »Darum warst du auch so verdammt scharf darauf, bei der Exhumierung von Henry Martins einzuspringen. Du wusstest, wer im Sarg lag. Und wolltest die Situation unter Kontrolle behalten. Doch dann gab’s das Problem mit den aufgetauchten Leichen, richtig? Wenn das nicht passiert wäre, hätten wir nie von den anderen Toten erfahren.«
»Hört zu, spart euch eure übliche Nummer, oder ich überleg’s mir doch noch und verlange nach meinem Anwalt.«
Schroder schiebt einen weiteren Beutel herüber. Darin befinden sich die Zeitungsartikel, die ich in Aldermans Schlafzimmer entdeckt habe. »Die hast du uns vorenthalten«, sagt er und legt die Ausdrucke daneben, die ich gemacht habe, als ich die Zeitachse mit den Todesanzeigen und den vermissten Mädchen erstellt hatte. »Du wusstest lange vor uns, wer in der Erde liegt.«
»Weil das früher mal mein Job war«, sage ich, und das stimmt. Früher war das mal mein Job, und zwischen damals und heute hat sich im Grunde nichts geändert. Die Gewalt ist nach wie vor Teil dieser Stadt, wie der graue Himmel und der Regen, kurz bevor es abkühlt. Anständigen Leuten stoßen schreckliche Dinge zu. In dieser Stadt kommen Kinder zur Welt, werden geliebt, und wenn sie älter werden, müssen sie sich zwischen Gut und Böse entscheiden. Dort draußen gibt es
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