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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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beibringen …‹ Weil sie selbst dank diesem Luxus zu Waschlappen geworden sind und weiß der Teufel was für Krankheiten erworben haben und es schon keinen achtzehnjährigen Bengel mehr gibt, der nicht schon von allem gekostet hätte und zahnlos geworden wäre und einen Kopf hätte so kahl wie eine Schweinsblase: darum wollen sie jetzt auch die Bauern infizieren. Wir sollten Gott danken, daß wir wenigstens noch einen gesunden Stand haben, der diese Gelüste noch nicht kennengelernt hat! Dafür müßten wir einfach Gott dankbar sein. Der Landmann ist bei uns von allen der Achtungswerteste; warum rührt ihr den an? Gebe Gott, daß alle so wären wie der Landmann!«
    »Also sind Sie der Ansicht, daß es am einträglichsten ist, Landwirtschaft zu treiben?« fragte Tschitschikow.
    »Das Einträglichste ist es nicht; aber es stimmt am meisten zu den Geboten der Religion. ›Bestelle die Erde im Schweiße deines Angesichts!‹ heißt es in der Bibel. Daran ist nicht zu klügeln und zu deuteln. Das ist durch die Erfahrung der Jahrhunderte bewiesen, daß im Stande des Ackerbauers die Menschen sittlicher, reiner, edler, besser sind. Ich sage nicht, daß man sich mit gar nichts anderem abgeben dürfe; aber der Ackerbau muß die Grundlage bilden; das ist es! Die Fabriken entstehen dann von selbst, und zwar sittlich gute Fabriken, welche Dinge produzieren, die hier benötigt werden, die der Mensch an Ort und Stelle braucht, aber nicht allerlei Gegenstände eines künstlichen Bedürfnisses, durch die die Erschlaffung der jetzigen Generation herbeigeführt worden ist. Nicht solche Fabriken, die dann, um sich zu erhalten und Gewinne abzuwerfen, alle möglichen unsauberen Mittel anwenden und das unglückliche Volk verführen und verderben. Ich für meine Person werde, und wenn man mir noch so viel von dem in Aussicht stehenden Gewinn vorredet, keine Fabriken anlegen, durch welche sogenannte höhere Bedürfnisse erweckt werden, weder Tabak- noch Zuckerfabriken, und wenn ich dadurch eine Million einbüße. Wenn schon die Verderbnis ihren Einzug in die Welt halten soll, so will ich wenigstens dabei nicht mitwirken! Ich will vor Gott gerecht dastehen … Zwanzig Jahre lang habe ich mit dem gemeinen Manne zusammengelebt; ich weiß, welche Folgen das moderne Treiben hat.«
    »Für mich ist das Erstaunlichste dies, daß man bei verständigem Verfahren aus Überresten und Abfällen einen Gewinn erzielen kann und jeder Schund eine Einnahme gibt.«
    »Hm! Die Nationalökonomen!« fuhr Kostanschoglo, ohne auf ihn hinzuhören, mit einer Miene bitterer Ironie fort. »Die klugen Nationalökonomen! Einer ist immer dümmer als der andere; keiner von ihnen sieht weiter, als seine eigene dumme Nase reicht! Ein Esel steigt aufs Katheder und setzt sich eine Brille auf! … So ein Narrenvolk!« Er spuckte ingrimmig aus.
    »Das ist ja alles ganz richtig«, sagte seine Frau, »nur solltest du dich nicht so ärgern. Als ob man darüber nicht reden könnte, ohne gleich außer sich zu geraten.«
    »Wenn man Ihnen zuhört, hochverehrter Konstantin Fjodorowitsch, so dringt man sozusagen in den wahren Sinn des Lebens ein, man erfaßt den eigentlichen Kern der Sache. Aber gestatten Sie mir, von dem Allgemeinmenschlichen einmal abzusehen und Ihre Aufmerksamkeit auf eine Privatangelegenheit zu lenken. Setzen wir den Fall, ich würde Gutsbesitzer und hätte die Absicht, in nicht allzu langer Zeit reich zu werden, um dadurch eine der wesentlichen Bürgerpflichten zu erfüllen: wie und auf welche Weise müßte ich da wohl vorgehen?«
    »Wie Sie vorgehen müßten, um reich zu werden?« versetzte Kostanschoglo. »Das will ich Ihnen sagen …«
    »Wir wollen zum Abendessen gehen!« unterbrach ihn die Hausfrau, indem sie sich vom Sofa erhob. Sie trat in die Mitte des Zimmers und hüllte ihre jugendlichen, von einem Frostschauer geschüttelten Glieder in ein Schaltuch.
    Tschitschikow sprang beinahe mit der Gewandtheit eines Militärs vom Stuhle in die Höhe, bot ihr den elegant abgespreizten Arm und führte sie feierlich durch zwei Zimmer hindurch in das Eßzimmer, wo bereits die Suppenterrine auf dem Tische stand und, da der Deckel abgenommen war, die mit den ersten frischen Kräutern und Wurzeln des Frühlings gekochte Suppe einen angenehmen Geruch verbreitete. Alle setzten sich an den Tisch. Hurtig stellten die Diener alle Gerichte in verdeckten Schüsseln, und was sonst noch nötig war, gleichzeitig auf den Tisch und entfernten sich dann sofort: Kostanschoglo liebte

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