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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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kaufen, aber erst später.«
    »Um die Christwoche herum werde ich Schweinespeck haben.«
    »Ich werde ihn kaufen, ich werde ihn kaufen; alles werde ich kaufen; auch den Schweinespeck werde ich kaufen.«
    »Vielleicht brauchen Sie auch Hühnerfedern? Zu den Filippsfasten [3]   werde ich auch Hühnerfedern haben.«
    »Gut, gut«, sagte Tschitschikow.
    »Sehen Sie wohl. Väterchen, Ihre Britschke ist noch nicht bereit«, sagte die Wirtin, als sie auf die Freitreppe hinaustraten.
    »Sie wird gleich bereit sein, gleich bereit sein. Sagen Sie mir nur, wie ich auf die große Landstraße gelange!«
    »Ja, wie soll ich Ihnen das auseinandersetzen?« erwiderte die Wirtin. »Das läßt sich schwer einem klarmachen; es sind gar zu viele Wegscheiden da; ich werde Ihnen lieber ein kleines Mädchen als Führerin mitgeben. Es ist ja wohl bei Ihnen Platz auf dem Bocke, wo sie sitzen kann?«
    »Gewiß, gewiß.«
    »Nun gut, ich werde Ihnen ein kleines Mädchen mitgeben, das den Weg kennt; nur, bitte, entführen Sie sie mir nicht; eine haben mir schon einmal Kaufleute entführt.«
    Tschitschikow gab ihr die Versicherung, daß er das Mädchen nicht entführen werde, und darüber beruhigt, begann nunmehr Frau Korobotschka auf alles zu achten, was auf dem Hofe vorging: sie richtete ihre Augen auf die Wirtschafterin, die eine hölzerne Kanne mit Honig aus der Vorratskammer heraustrug, auf einen Bauer, der sich am Tore zeigte, und geriet allmählich ganz in das Fahrwasser der Wirtschaft hinein. Aber warum beschäftigen wir uns so lange mit Frau Korobotschka? Mag es sich nun um Frau Korobotschka oder um Frau Manilowa handeln, um wirtschaftliches Leben oder um unwirtschaftliches: vorbei, vorbei! Ist das nicht auf der Welt wunderlich eingerichtet: das Heitere verwandelt sich im Nu in Trübes, wenn man nur lange davor stehen bleibt, und dann kommen einem Gott weiß was für Gedanken in den Kopf. Vielleicht denkst du sogar: »Ach was, steht denn Frau Korobotschka wirklich so niedrig auf der endlosen Leiter menschlicher Vollkommenheit? Trennt denn wirklich eine so große Kluft sie von ihrer Schwester, welche sich durch die Wände ihres aristokratischen Hauses mit den duftenden gußeisernen Treppen, dem glänzenden Messing, den schönen Mahagonimöbeln und den herrlichen Teppichen unerreichbar absperrt und bei einem nicht zu Ende gelesenen Buche gähnt und einer eleganten, geistreichen Visite entgegensieht, bei der sie Gelegenheit haben wird, mit ihrem Verstande zu glänzen und auswendig gelernte Gedanken vorzubringen, Gedanken, die nach den Gesetzen der Mode die Stadt eine ganze Woche lang beschäftigen, Gedanken nicht über das, was in ihrem Hause und auf ihren Gütern geschieht, die infolge ihrer Unkenntnis des Wirtschaftswesens in Unordnung kommen und zugrunde gehen, sondern darüber, welcher politische Umschwung sich in Frankreich vorbereitet, und welche Richtung der moderne Katholizismus genommen hat. Aber vorbei, vorbei! Wozu davon reden? Aber warum drängt sich denn mitten in die heiteren, sorglosen, gedankenlosen Augenblicke ganz von selbst auf einmal eine andere, seltsame Stimmung ein? Noch hat das Lachen nicht Zeit gehabt, ganz von deinem Gesichte zu verschwinden, und schon bist du mitten unter denselben Menschen ein anderer geworden, und dein Gesicht ist schon von einem anderen Licht erleuchtet …
    »Na, da ist die Britschke, da ist die Britschke!« rief Tschitschikow, als er endlich seine Britschke vorfahren sah. »Warum hast du denn so lange getrödelt, du Tölpel? Gewiß ist der gestrige Rausch bei dir noch nicht ganz verflogen?«
    Selifan gab darauf keine Antwort.
    »Leben Sie wohl, Mütterchen! Aber wie ist denn das? Wo ist denn Ihr kleines Mädchen?«
    »He, Pelageja!« sagte die Gutsbesitzerin zu einem neben der Freitreppe stehenden etwa elfjährigen Mädchen in einem Kleide von blauer Hausleinwand und mit bloßen Füßen, die man von weitem für Stiefel halten konnte, so arg waren sie mit frischem Schmutz überzogen, »zeige dem Herrn den Weg!«
    Selifan half der Kleinen auf den Bock steigen; sie trat zuerst mit dem einen Fuße auf den herrschaftlichen Wagentritt, den sie dabei beschmutzte; dann aber kletterte sie nach oben hinauf und setzte sich neben ihn. Nach ihr setzte auch Tschitschikow selbst den Fuß auf den Tritt, wobei infolge seines bedeutenden Gewichtes die Britschke sich ganz nach der rechten Seite herüberbog; endlich hatte er ordentlich Platz genommen und sagte: »Na, nun ist alles in Ordnung! Leben Sie wohl,

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