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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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murmelte er, als er schon im Flur war. Sie konnte es kaum hören.
     
    *
    Mario kochte vor Wut, als er nach dem Verhör auf die Via del Coroneo hinaustrat. Er fühlte sich verraten und fragte sich, weshalb der Kommissar ausgerechnet ihn verdächtigte, Giuliano umgebracht zu haben. Es war unbegreiflich, daß Bruna so etwas gesagt haben sollte. Außerdem war es unvorstellbar, daß Marasi sein Schweigen gegenüber Bruna gebrochen hatte. Weshalb sollte ein Sadist wie er plötzlich sein Verhalten ändern? Mario ging nach hundert Metern in die »Bar X« und verlangte ein Glas Merlot, das er in einem Zug herunterstürzte und gleich danach ein zweites. Seine Nervosität legte sich ein bißchen. Sollte er Luca anrufen und ihm von dem Verhör erzählen? Er wartete sicher schon auf eine Nachricht oder rechnete damit, selbst abgeholt und vernommen zu werden. Aber der Polizist hatte doch nur ihn beschuldigt, von Luca war nicht die Rede. Oder war es ein Trick? Er bezahlte und ging weiter. Auf dem Viale XX Settembre wartete er schließlich vor einem Münzfernsprecher, der von einigen Jugendlichen belegt war, die den Hörer von Hand zu Hand gaben und scherzten. Mario wartete fünf Minuten. Als er begriff, daß die Jungen das Spiel noch nicht so schnell aufgaben, ging er in die nächste Bar und trank ein weiteres Glas. Die Plaudereien des Kellners beantwortete er nur mit einem Knurren und behielt das Telefon im Auge. Als es endlich frei wurde, verließ er grußlos die Bar.
    »Luca, es gibt Probleme.«
    »Was ist los? Was wollten sie von dir?«
    »Die Polizei behauptet, ich hätte Giuliano umgebracht. Bruna soll das gesagt haben.«
    »War sie selbst da?« fragte Luca.
    »Nein.«
    »Das ist unmöglich. Wie kann sie das behaupten?«
    »Ich glaube nicht, daß sie es gesagt hat. Aber ich bin mir nicht sicher. Ugo soll ihr das erzählt haben.« Mario schaute sich um. Er befand sich in der Nähe des Kaufhauses in dem Bruna arbeitete. Vielleicht begegnete er Bruna zufällig auf der Straße. Aber außer der Gruppe Jugendlicher war niemand zu sehen.
    »Ugo? Ausgeschlossen.«
    »Ich werde mit Bruna reden. Ich will das von ihr selbst hören.«
    »Meinst du, sie werden auch mich verhören?« fragte Luca.
    »Sicher. Sie müssen. Du bist der einzige, der weiß, daß es anders war.«
    Luca brummte sein Unbehagen in den Hörer. »Ich werde bezeugen, daß du unschuldig bist. Ich bleibe bei unserer bisherigen Version, nur daß ich hinzufüge, daß Marasi nicht genug aufgepaßt hat.«
    »Da ist noch was! Sie wissen, daß wir Gubian getroffen haben.« Mario trat von einem Bein auf das andere. Er telefonierte selten und ungern.
    »Woher?«
    »Das haben sie nicht gesagt.«
    »Verdammt. Wir müssen Nicoletta jetzt schnell dazu bringen, daß sie die Anteile verkauft.«
    »Luca?« sagte Mario nach einem kurzen Zögern.
    »Ja?«
    »Da ist noch etwas, was ich dir sagen muß.« Er stockte.
    »Was?«
    »Ich will den Kutter nicht mehr. Sie soll uns ausbezahlen.« Die gleiche, unberechenbare Nervosität von vorhin hatte ihn wieder überfallen.
    »Was redest du da?« rief Luca.
    »Da liegt kein Segen mehr drauf. Ich will verkaufen.«
    »Und dann? Was willst du machen?«
    »Das wird sich zeigen. Ich muß jetzt …«
    »Komm vorbei, Mario«, sagte Luca schnell, als er aus Marios Tonfall heraushörte, daß er das Gespräch beenden wollte. »Laß uns ins Ruhe darüber reden!«
    »Nein. Heute nicht mehr.« Mario hängte ein und blickte ratlos in den Viale. Wenigstens hatte er es gesagt. Luca mußte sich damit abfinden. Und sollten sie ihn zum Verhör holen, war er gewarnt. Aber Bruna? Er mußte mir ihr reden. Gleich nachher, wenn er ruhiger war.
     
    Die Läden öffneten erst wieder in einer halben Stunde. Es waren kaum Menschen auf der Straße und wenig Verkehr – ein klassischer Samstagnachmittag im November. Laurentis schlechte Laune war endlich gewichen und er schlenderte die Via Battisti hinunter. Das Gespräch mit Mario ließ ihm keine Ruhe. Er hatte wild darauf los spekuliert, nur Ideen zusammengefügt, die er nicht beweisen konnte, und der alte Fischer war in der Tat darauf reingefallen und nervöser geworden, als Laurenti sich hatte träumen lassen. Mit irgend etwas mußte er ins Schwarze getroffen haben. Aber womit? Vielleicht hatte Ettore Orlando doch recht damit, daß er Živa Ravno bitten sollte, herauszufinden, ob auch Gubians Kutter am Montag abend ausgelaufen war. Es wäre auch ein guter Vorwand, zu fragen, wie sie den gestrigen Abend überstanden hatte.

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