Die Toten Vom Karst
Antwort hinaus und kam wenig später mit dem Aufnahmegerät zurück, knallte es auf den Tisch, sprach drei Worte ins Mikrofon, beobachtete währenddessen die Anzeige, und spulte das Band zur Kontrolle zurück. Mario sah ihm interessiert zu.
»Samstag, 25. November 2000 … – Triest – Büro Proteo Laurenti, Commissario IV qualifica, Polizia di Stato – Einvernahme des Mario … Wie ist Ihr Nachname?«
Mario sagte seinen Namen und Laurenti wiederholte ihn. »Verdächtiger in der Mordsache Giuliano Scropetti, wie auch des Mordes an Ugo Marasi.«
Mario riß schon bei der Nennung Giulianos die Augen auf, fand aber keine Worte, um zu protestieren. Proteo Laurenti nahm es befriedigt zur Kenntnis und stellte das Mikrofon auf die Mitte des Tisches.
»Fangen wir ganz am Anfang an. Die Nacht von Montag auf Dienstag, als Sie mit der ›San Francesco‹, einem Kutter, an dem Sie eigene Anteile haben, in internationalen Gewässern angeblich einen Unfall hatten, bei dem Giuliano Scropetti über Bord ging und ertrank. Ist das richtig?«
Mario nickte.
»Antworten Sie laut und sprechen Sie in das Mikrofon.«
»Ja.«
»Wir sprechen über die Mordsache Scropetti, Giuliano, 21. November …«
Mario fiel ihm ins Wort. »Das war kein Mord! Es war ein Unfall!«
»Es liegt eine Zeugenaussage vor, die besagt, daß es sich um Mord handelt«, antwortete Laurenti unbewegt. »Wer waren die anderen?«
»Ich verstehe Sie nicht.« Mario stand der Mund vor Staunen offen.
»Sie haben sich mit einem anderen Schiff getroffen, als der Unfall passierte!«
Mario zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Nein.« Seine Hände waren stark gerötet.
»Wir wissen, daß ein zweites Schiff da war. Bleiben Sie bei Ihrer Aussage?«
»Ja.«
»Sie lügen! Wir wissen, daß Sie sich mit Gubian getroffen haben. Antonio Gubian aus Pola. Aber gehen wir noch ein Stück weiter: Einen Tag später, Dienstagnacht, laut Gutachten der Gerichtsmedizin etwa zwischen neunzehn und zweiundzwanzig Uhr, wird Ihr anderer Kollege, Ugo Marasi, ebenfalls Eigner der ›San Francesco‹, ermordet und am Mittwoch an der Foiba von Monrupino mit einer Harpune im Herz gefunden. Können Sie dies bestätigen?«
»So stand es in der Zeitung.«
»Und heute, kurz nach Mitternacht, verständigte Bruna Saglietti die Polizei. Sie sagte, sie fühle sich von Ihnen bedroht.« Laurenti machte eine lange Pause und starrte Mario mit kaltem Blick an. Dann ließ er seiner Phantasie freien Lauf. »Signora Saglietti sagte aus, daß der Tod Giuliano Scropettis kein Unfall war, und ist bereit, dies zu beeiden.« Laurenti steckte sich eine Zigarette an und blies Mario den Rauch ins Gesicht, so wie er es als junger Polizist getan hatte, als er glaubte, daß dies die Verhörten beeindrucke. »Haben Sie dazu etwas zu sagen?«
»Bruna spinnt! Sie ist schon lange etwas merkwürdig.«
»Bruna Saglietti sagt, daß Sie damit zu tun haben. Sie ist davon überzeugt, daß Sie am Tod dieses Giuliano Scropetti schuld sind. Danach haben Sie Ugo Marasi umgebracht, weil er das unter Ihnen vereinbarte Schweigen brechen wollte. Wo waren Sie Dienstag abend?«
Mario kratzte sich am Kopf. »Zum Abendessen bei Luca. Wo ich auch heute zum Mittagessen war, bevor Sie mich holen ließen. Fragen Sie ihn.«
»Das haben wir schon getan«, log Laurenti weiter und lehnte sich neben Mario auf den Tisch. Mario kratzte sich am linken Unterarm.
»Bruna Saglietti ist bereit, Ihre Aussage zu beeiden.«
»Das kann sie nicht! Sie lügt! Und übrigens, welches Motiv sollte ich haben, Giuliano umzubringen?«
»Sie und Ihr Kollege Luca Vidulini wollten seinen Anteil, weil Sie aufhören wollten. Doch Giuliano wollte nicht verkaufen und hielt zu Marasi. Der hat Ihnen aber zu wenig angeboten, als daß es als Lebensunterhalt gereicht hätte. Darüber hatten Sie heftigen Streit!«
»Jetzt reichts aber! Das sind Hirngespinste. Los, sperren Sie mich doch ein. Bruna hat Ihnen diesen Unsinn nicht erzählt. Auf keinen Fall! Sie hatte keine Ahnung davon, was bei uns lief.« Mario bebte vor Empörung und Zorn.
»Bleiben Sie ganz ruhig!« Laurenti ging um den Tisch herum und stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte. »Ugo Marasi hat ihr alles erzählt, und die Saglietti hat es aufgeschrieben.« Laurenti zog ein paar Blätter Papier aus einer Akte, wedelte damit herum, warf sie zurück und klappte den Pappdeckel zu.
»Das ist unmöglich!« Mario lachte bissig. »Ugo hat seit über zwanzig Jahren nicht mehr mit Bruna
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