Die Toten vom Klan
Sumpfwasser, als hätten sich dort zahlreiche große, dunkle Augen zu kleineren Seen vereinigt. Wasser spritzte unter den Tritten des Mannes auf. Tropfen benetzten sein Gesicht. Er duckte sich unter Zweigen hinweg und war froh, als der Boden unterihm an Härte zunahm, ein Zeichen dafür, daß er die Straße fast erreicht hatte.
Sie gehörte nicht zu den Highways, war auch nicht durchgehend asphaltiert, nur nahe der Orte hatte man für eine normale Fahrbahndecke gesorgt. Aber hier im Sumpfgebiet war sie nicht mehr als ein breiterer, buckeliger Feldweg.
Jerry schaute sich öfter um. Er hatte die Geräusche nicht vergessen. Irgendwo in der Nähe mußte ein Fahrzeug herfahren, doch er sah kein blasses Scheinwerferpaar.
Allein der Mond glotzte wie ein hellgelbes Auge vom Himmel herab. Jerry mußte vom Weg ab und wühlte sich mit wilden Armbewegungen durch sperriges, hinderliches Gestrüpp, bis er den Platz erreicht hatte, wo er den VW abgestellt hatte. Gott sei Dank, er war noch!
Blake fiel fast über den Käfer. Er atmete heftig, schüttelte den Kopf und mußte sich erst einige Sekunden Ruhe gönnen, bevor er die Tür öffnen konnte.
Erschöpft fiel er hinter das Lenkrad. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken. Er wußte noch nicht, was er unternehmen sollte, er hatte ja bereits etwas getan, das jedoch war bisher noch nicht von einem Erfolg gekrönt worden.
In Germany hieß es, daß ein Käfer immer ansprang. Und auch in den Staaten ließ dieser Wagen seinen Besitzer nicht im Stich. Blake hatte den Zündschlüssel kaum herumgedreht, als der Heckmotor mit seinen typischen Geräuschen ansprang.
Das war der Moment, in dem sich bei Jerry Blake der Stau löste und er einen Schrei der Erlösung ausstieß. Er hatte viel erreicht, und er hatte es lebend geschafft.
Der Boden war auch hier tief. Die Reifen des Fahrzeugs hatten sich hineingewühlt, aber die Kraft des Motors sorgte dafür, daß der Käfer gut freikam.
Jerry Blake konnte nicht mehr auf die Umgebung achten. Er setzte den Wagen zurück, rammte mit ihm einen sperrigen Strauch, kurbelte am Lenkrad, kam gut weiter und rollte rückwärts auf die schmale Fahrbahn, die an dieser Stelle keine Asphaltdecke aufwies.
Er wollte zurück nach Cottonwood, wo er bei seinen Eltern lebte. Jerry wußte noch nicht genau, ob er ihnen alles berichten sollte. Wie dem auch sei, es mußte weitergehen, andere sollten etwas tun, mit ihm zusammen, denn er war zu schwach.
Der Käfer stand auf der Straße. Jerry wollte ihn nach rechts wenden, als es passierte.
Plötzlich kam er sich vor wie auf dem Hof eines Zuchthauses, wo ein Flüchtling versuchte, die Mauern zu überwinden, es aber nicht mehr schaffte. Die grellen Scheinwerferstrahlen hatten ihn von allen Seiten eingefangen. Er konnte nichts mehr sehen. Vor ihm standen die Lichter wie blendende Sonnen, stachen in den Käfer hinein und leuchteten das Innere taghell aus.
Instinktiv hatte er einen Arm angewinkelt und ihn vor seine Augen gehalten, um sich zu schützen. In dieser Haltung blieb er sitzen, unfähig, sie zu verändern.
Durch seinen Kopf rasten unzählige Gedanken, die sich allerdings nicht in eine bestimmte Richtung konzentrierten. Es war eben alles anders geworden.
Dann riß jemand so jeftig die Tür auf, daß Jerry befürchtete, sie würde aus den Angeln gezerrt.
Er hörte die Stimme, die er nicht kannte, aber die beiden Worte reichten aus, um ihm Angst zu machen.
»Raus, Nigger!«
***
Jerry Blake hatte die Stimme nicht erkannt, sie klang auch verzerrt, wahrscheinlich deshalb, weil der Sprecher nicht frei reden konnte und ihn der Stoff vor seinen Lippen hinderte. Er wiederum mußte ein Teil der weißen Kapuze sein, die der Redner über seinen Kopf gestülpt hatte. Blake rührte sich nicht. Er blieb in dieser Haltung mit dem halberhobenen Arm hocken und traute sich nicht, die Augen zu öffnen.
»Er will nicht«, sagte ein anderer.
»Der Nigger macht auf stur.«
»So was.«
Dann hörte Jerry ein Lachen. Das Geräusch war noch nicht verklungen, als eine Hand nach seinem linken Oberarm griff. Zuerst war die Berührung nur sanft, beinahe streichelnd, dann verwandelte sich die Hand in eine Zange, die schmerzhaft zudrückte.
Es war ein brutaler, ein böser Druck. Jerry öffnete den Mund zu einem Schrei, bis ihm einfiel, daß er nicht jammern wollte. Nein, nicht er. Er wollte den Leuten vom Ku-Klux-Klan keine Gelegenheit geben, sich über ihn lustig zu machen. Denen nicht.
So blieb er stumm.
Auch als er den heftigen
Weitere Kostenlose Bücher