Die Toten von Bansin
mit Amaretto.«
»Kaffee mit Amaretto ist eine gute Idee«, gibt Anne zu, »Stollen auch. Aber dazu braucht man diesen ganzen Kram doch nicht.«
»Es ist jedes Jahr dasselbe mit dir«, stellt Berta fest, die gerade mit Steffi zur Tür hereinkommt. »Du meckerst über den ganzen Kitsch und dann schleppst du jeden Nachmittag in der Adventszeit Lebkuchen und Stollen an und bist die Erste, die die Kerzen anzündet.«
»Ich liebe Lebkuchen«, gibt Anne zu. »Ich kaufe die schon im September, wenn die ersten auftauchen. Na ja, dafür mach ich dann im Januar und Februar Diät.«
»Für mich ist die Adventszeit die schönste Zeit im Jahr.« Steffi sieht sich wohlwollend um. »Eigentlich wollte ich deshalb auch nach Hause fahren. Aber vielleicht bleibe ich doch noch ein bisschen. Zu Hause sitze ich ja nachmittags meist allein in meinem Kabuff, bei euch ist es viel gemütlicher.«
Berta nickt. »Richtig, bleib du man hier.« Sie geht zu ihrer Nichte, die in einem Berg von Weihnachtsschmuck wühlt, den sie auf einem groÃen Tisch ausgebreitet hat.
»Hast du alles wiedergefunden? Ich hab schon befürchtet, beim Umbau ist vieles verloren gegangen.« Sie nimmt einen etwas ramponierten Porzellanweihnachtsmann in die Hand.
»Nun guck dir den an, den kenne ich noch aus meiner Kindheit. Der stand immer bei Oma auf der Veranda.«
Sie sieht sich suchend um, dann trägt sie die Figur hinter die Bar und stellt sie vorsichtig zwischen die Gläser im Rückbüfett. »Kuck mal, Sophie, kann der da stehen bleiben?«
Sophie nickt, nach einem flüchtigen Blick zur Tante. »Klar, sieht gut aus. Wie findest du das Adventsgesteck? Hab ich selbst gemacht. Ich war extra heute Morgen im Wald und habe mir Tannengrün geholt.«
Steffi ist erstaunt. »Ist das nicht verboten?«
Berta überlegt. »Ich glaube nicht. Bäume klauen, ja, dabei sollte man sich nicht erwischen lassen. Aber gegen ein paar Zweige wird wohl niemand etwas haben.«
Sie betrachtet das Gesteck aus Tannengrün, Kugeln, Trockenblumen, Golddraht und Kerzen und nickt anerkennend. »Du hast wirklich ein Händchen dafür. Sehr schön.«
Dann setzt sie sich neben Steffi an den Stammtisch. »Hast du noch lange zu tun?«, ruft sie ihrer Nichte zu, die Kerzenhalter auf den Tischen verteilt.
»Ja, aber wir können erst Kaffee trinken. Ich mache nachher weiter. Hier passiert ja heute doch nichts mehr, da habe ich noch den ganzen Abend Zeit.«
Berta geht in die Küche und schneidet einen Marzipanstollen auf, während Anne den Tisch deckt. Steffi zündet die dicke Kerze an, die auf dem Stammtisch steht.
Beim gemütlichen Kaffeetrinken dreht sich das Gespräch um die Weihnachtszeit.
»Ich fand die Adventszeit schon immer am schönsten.« Steffi sieht verträumt in das Kerzenlicht.
Berta nickt. »Ja, ich auch. Weihnachten selbst ist meist ziemlich anstrengend. Alles soll perfekt sein. Und dann kommt doch irgendwas dazwischen â dem einen gefällt sein Geschenk nicht und der andere hat sich überfressen oder zu viel getrunken und dann gibt es Streit.«
»Genau«, stimmt Steffi zu. »Man erwartet vielleicht einfach zu viel. Als ich noch jünger war, ist mir das jedes Jahr passiert. Ich hab den ganzen Vormittag gekocht, den Tisch gedeckt mit dem guten Geschirr und der besten Tischdecke und dann hat mein Sohn sich den neuen Pullover bekleckert, mein Mann die Tischdecke mit Rotwein eingesaut und meine Schwiegermutter über die SoÃe genörgelt. AuÃerdem hatte keiner richtig Appetit, weil sie sich den Bauch mit SüÃigkeiten vollgeschlagen hatten. Meine Zitronencreme, die einen Haufen Arbeit gemacht hat, haben sie höchstens noch aus Höflichkeit gegessen, aber bis dahin war mir sowieso schon die Laune verdorben.
Meine Schwiegertochter, die mehr Verstand hat, als ich hatte, die macht sich keinen Stress. Et kütt, wie et kütt. Wir machen auch eine schöne Tafel, aber es ist jetzt alles viel lockerer. Wir kochen zusammen und trinken schon mal ein Bierchen dabei und am schönsten ist es danach, wenn wir noch am Tisch sitzen bleiben. Das Geschirr wird einfach zusammengestellt, die Jungs kriegen Eis, wir Erwachsenen trinken alle lieber Bier als Rotwein und mein Sohn raucht seine Zigarette. Da wird geredet und gelacht, am Gerippe von der Gans herumgezupft, manchmal sitzen wir da noch eine ganze Stunde. Dann
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