Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
nicht darüber reden, aber die Sache ist die, wir haben da einen Hinweis erhalten … wegen der Selbstmordgeschichte, Sie erinnern sich. Wir müssen dem natürlich nachgehen, aber wir möchten vermeiden, daß die Nachbarn etwas mitbekommen und dann vielleicht unruhig werden. Nun hat dummerweise einer unserer Sergeants die beiden Schlüssel verlegt, so daß wir …«
    »Sie meinen, die drei Schlüssel, oder, Inspector?«
    Der Schlosser berichtete von Walters’ Besuch; Morse hörte ihm zu und kam ins Grübeln …
    »Daß es noch einen zur Hintertür gibt, habe ich ihm nicht gesagt«, fuhr Grimes fort, »er hat mich nicht danach gefragt, und es erschien mir nicht wichtig.«
    Morse schob wortlos eine Fünfpfundnote über den Ladentisch, und der Schlosser förderte einen Schlüssel zutage. Der passe auf jeden Fall, er selbst habe vor einem halben Jahr das Schloß eingebaut und wisse noch genau, um welchen Typ es sich handele. »Ich kann mich doch auf Ihr Stillschweigen verlassen, oder?« fragte Morse, der sich einen Moment lang vorgestellt hatte, was sie im Präsidium sagen würden, wenn sie dahinterkämen, was er hier trieb … Das halbherzige Nicken, das er zur Antwort erhielt, war wenig geeignet, ihn zu beruhigen. Irgendwie war er ja wirklich verrückt … Andererseits – dieser Fall ging ihn ganz persönlich an, und wenn er es recht bedachte, so war ihm das Risiko eigentlich egal.
     

Kapitel Elf
     
    Lesen und schreiben kann er nicht,
    Euer Ehren, aber seine drei Kreuze
    macht er so gut wie jeder andere.
    Maria Edgeworth, Love and Law
     
    An ebendiesem Samstag, dem 13. Oktober, bekam Charles Richards morgens einen an seine Privatadresse gerichteten Brief. Er war als Brief 1. Klasse frankiert, dem Absender mußte an einer schnellen Beförderung gelegen gewesen sein. Die Marke war gleich zweimal entwertet worden. Der erste Stempel, Oxford, 8. Oktober, war gut zu erkennen, der zweite, darüberliegende, verwischt und unleserlich. Daß der Brief erst jetzt, nach fünf Tagen, zugestellt worden war, lag daran, daß ursprünglich eine falsche Hausnummer angegeben worden war: Oxford Avenue 61 statt 261. Irgend jemand, vermutlich der Bewohner von Nr. 61, hatte den Fehler korrigiert und den Brief erneut in den Kasten geworfen. Der Umschlag, ein einfaches weißes Kuvert, war mit Tesafilm zugeklebt. Auf der Vorderseite, oben links in der Ecke, stand in Druckbuchstaben PERSÖNLICH ; der Ortsname ›Abingdon‹ war fehlerhaft wiedergegeben worden als Abi n don. Der Schreiber schien nicht viel Übung zu haben – nicht nur waren die einzelnen Buchstaben ungelenk, auch die Zeilen sackten gegen Ende immer mehr nach unten ab. Richards riß den Umschlag ziemlich achtlos auf und stellte fest, daß er noch einen zweiten enthielt, in der Mitte gefaltet, mit der Aufschrift CHARLES RICHARDS sowie dem erneuten Hinweis NUR PERSöNLICH. Diesen zweiten Umschlag öffnete Richards schon mit mehr Sorgfalt. Er enthielt einen einzelnen Bogen Papier von guter Qualität.
     
    Sehr geehrter Mister Richards!
    Es ist wegen Missis Scott, das ich ihnen schreibe. Ich weis über sie beide bescheid. Ich weis ALLES! Ich hab ein Brief in dem alles drinsteht. Es ist besser sie glauben mir weil ich sonst alles Missis Richards erzäle und ihr den Brief gebe. Wenn sie mir helfen erzäle ich NICHTS. Sie sind reich und 1000 Pfund sind nicht fiel Geld für sie. Ich verspreche ihnen das ich nie wider schreibe.
    Die Polizei weis nichts und ich habe nimand was erzält. Ich sag ihnen jezt was sie tun müsen. Sie gehen in die Walton Street und dann links in die Walton Well Road und dann immer grade aus über die Brüke über den Kanal und über die Eisenbahnbrüke und dann sind sie auf ein Parkplaz. Da dren sie sich um und dann sehn sie ein Paar Weidenbäume. Der 5. von links hat so 1½ über dem Boden ein groses Loch. Da tun sie das Geld reinlegen und farn weg. Ich bin da und kucke. Ich rufe sie noch an und sage bescheid wann. Hohlen sie nicht die Polizei. Dann sage ich es Missis Richards und geb ihr den Brief.
     
    Richards zwang sich, nachdem er begriffen hatte, um was es ging, zu kühler Unbeteiligtheit und studierte den Brief wie ein Stück Prosa, das ihm zur Begutachtung vorgelegt worden war. Er las den Brief ganz durch, las ihn noch einmal, schließlich ein drittes Mal. Sein Gesicht spiegelte zunächst Verblüffung, dann Ärger und nahm schließlich einen Ausdruck von Besorgnis an, der jedoch weit entfernt war von Panik oder Verzweiflung. Und dazu sah er in der

Weitere Kostenlose Bücher