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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Pompeji, das andere eine schwarzweiße Luftaufnahme des mauerumschlossenen Carcassonne, das immer noch aussah wie eine Stadt des Mittelalters. Und was ließ sich aus der Wahl der Bilder schließen?
     
    Sie gingen hinunter in den ersten Stock, um sich auch in Charles Richards’ Büro umzusehen. Das junge Ding, dessen Stelle Celia Richards gestern eingenommen hatte, war leicht davon zu überzeugen, daß es vor allem in ihrem eigenen Interesse sei, ihnen das Büro und den Schreibtisch mittels Übergabe der Schlüssel zugänglich zu machen. Auch hier wieder ein Rollschrank mit Aktenordnern, der Schreibtisch allerdings unaufgeräumter als der von Conrad, mit einem Haufen geöffneter Briefe, Stapeln von Ordnern, etlichen Büchern – wohl verlagseigenen Produktionen – und einem bis zum Rand vollen Aschenbecher. Es war Lewis, der ihn fand. Er lag unter einem Stapel Papier in der rechten unteren (abgeschlossenen) Schreibtischschublade.
    »Ich glaube, das hier könnte wichtig sein, Sir«, verkündete er strahlend und reichte Morse den zusammengefalteten Bogen.
     
    Sehr geerter Mister Richards
    Es ist wegen Missis Scott, das ich ihnen schreibe.
    Ich weis über sie beide bescheid …
     
    Beim Hinausgehen blieb Morse im Vorzimmer am Schreibtisch der Sekretärin stehen.
    »Sie waren gestern nicht hier, oder?«
    »Woher …?« Seine scheinbare Allwissenheit schien sie völlig durcheinanderzubringen, und unter seinem durchdringenden Blick wurde sie über und über rot.
    »Es ist ja nicht verboten, sich freizunehmen, aber ich hätte gern gewußt, warum.«
    »Ich habe nicht freigenommen. Mr Richards sagte mir, er würde mich nicht benötigen, und ich solle ruhig …«
    »Welcher Mr Richards?«
    »Mr Charles, Sir. Er sagte …«
    Aber Morse winkte nur ungeduldig ab und ging ohne Gruß hinaus.
    »Besonders freundlich waren Sie aber nicht zu ihr, Sir«, bemerkte Lewis mit leichtem Vorwurf.
    »Man führt uns an der Nase herum, Lewis. Der gesamte Richards-Clan lügt wie gedruckt. Ich möchte wetten, daß das Mädchen da oben mit ihnen unter einer Decke steckt. Und jetzt geht’s erst mal zurück ins Präsidium.«
    Auf der Rückfahrt verfiel er wieder in sein übliches Schweigen. Der Brief, den Lewis gefunden hatte, lag aufgefaltet in seinem Schoß. Morses Blick kehrte wieder und wieder zu ihm zurück, und jedesmal runzelte er die Stirn – irgend etwas schien ihn zu befremden. Als Lewis auf den Parkplatz hinter dem Präsidium einbog, trug sein Gesicht einen Ausdruck tiefer Nachdenklichkeit.
    »Wissen Sie was, Lewis«, sagte er, als sie auf das Gebäude zuschritten. »Ich glaube, wir sind die ganze Zeit auf einer völlig falschen Fährte gewesen.«
    »Aber woher …«
    »Ja, sind denn heute alle taub, oder was?« schnaubte Morse.
    Lewis schluckte die Antwort, die ihm auf der Zunge lag, hinunter und folgte Morse in die Kantine. Nachdem er seine Tasse Tee ausgetrunken hatte, stand er jedoch gleich wieder auf.
    »Ich werde jetzt mal rübergehen ins Labor und denen die Fingerabdrücke zeigen. Hoffentlich hab ich recht, und sie stimmen wirklich mit denen, die sie in Jacksons Schlafzimmer gefunden haben, überein. Hätten Sie Lust zu einer Wette?«
    »Auf einmal so wagemutig, Lewis? Aber mehr als ein paar Shilling würde ich an Ihrer Stelle nicht riskieren. Die Wette verlieren Sie nämlich.«
    Lewis zuckte nur mit den Schultern. Mochte Morse auch griesgrämig in die braune Brühe starren, die sie hier als Tee ausschenkten, und dasitzen wie sieben Tage Regenwetter, ihn focht das nicht an. Er hatte keine Ahnung, was den Chief Inspector auf die verrückte Idee gebracht hatte, sie seien auf der falschen Fährte, aber man mußte ja nicht alles, was er sagte, unbedingt ganz ernst nehmen. Der Erpresserbrief, den er (!) gefunden hatte, war schließlich eine Tatsache, und wenn sich jetzt noch herausstellte, daß die Fingerabdrücke übereinstimmten … Weit konnte Richards noch nicht sein. Luton? Heathrow? Gatwick? Man würde, sobald das Ergebnis des Vergleichs vorlag, landesweit eine Fahndung auslösen müssen …
     
    Eine halbe Stunde später erhielt Lewis die niederschmetternde Nachricht, daß die Fingerabdrücke aus Jacksons Schlafzimmer mit denen von Conrad Richards in keinem Bogen, keinem Wirbel, keiner einzigen Schleife übereinstimmten.
     

Kapitel Neunundzwanzig
     
    Und Isaak hatte Esau lieb
    und aß gern von seinem Weidwerk;
    Rebekka aber hatte Jakob lieb.
    1. Buch Mose, Kap. 25, Vers 28
     
    Edward Murdoch war abgekämpft und

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