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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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stirnrunzelnd auf die beiden Wörter. JE NEN. Er schüttelte den Kopf. »Nein versteh ich nicht. Was soll das heißen?«
    »Da werden Sie nicht schlau draus, was? Kann ich mir denken. Das, Lewis, stand als Antwort auf einem Fragebogen unter der Rubrik Ausgeübter Beruf. Die Frau konnte tatsächlich kaum lesen und schreiben. JE NEN sollte heißen: ›ick jeh nähen‹. Ein Bekannter, der beim Arbeitsamt tätig ist, hat es mir erzählt. Verstehen Sie jetzt, was ich meine, wenn ich von einem Analphabeten rede.«
    Lewis nickte. Vielleicht war wirklich etwas dran an dem, was Morse sagte. Andererseits – Jackson konnte rein zufällig an die Broschüren von Wir packen es gekommen sein. Merkwürdig war es allerdings schon …
    »Es läßt sich doch sicher feststellen, ob Jackson schreiben konnte oder nicht, Sir«, sagte er. »Er war doch Rentner und …«
    »Das ist eine großartige Idee, Lewis! Fahren Sie sofort nach Jericho, und fragen Sie diese Posthalterin … wie war doch gleich ihr Name?«
    »Mrs Beavers, Sir.«
    »Genau die meine ich. Fragen Sie sie also, ob Jackson den Empfang der Rente mit seiner Unterschrift quittiert hat. Und wenn Sie sowieso schon bei ihr sind, dann fragen Sie auch gleich, ob sie weiß, für wen Jackson in letzter Zeit außer für Anne Scott noch gearbeitet hat. Diese Beavers macht ganz den Eindruck, als sei sie eine neugierige alte Ziege, die ist bestimmt über alles, was in der Nachbarschaft passiert, bestens informiert. Ich bin mal gespannt, wen sie uns nennen wird.«
    Eine Dreiviertelstunde später wußte Lewis, daß Jackson in der Lage gewesen war, den Empfang seiner Rente mit ein paar Buchstaben, die man mit einigem guten Willen für seinen Namen ansehen konnte, zu bestätigen. »Er wollte das so«, sagte Mrs Beavers, »ein Kreuz hätte sonst auch genügt. Wir haben zwei, drei ältere Leute, die ihre Unterschrift nicht leisten können und dann dafür ein Kreuz machen; das geht in Ordnung, ich muß nur dabei zusehen, damit ich bestätigen kann, daß es von ihnen selbst stammt.«
    Was nun das Lesen anging – darum sei es bei Jackson auch nicht viel besser bestellt gewesen. Fettgedruckte Blockbuchstaben, das sei gerade noch gegangen, bei allem anderen mußte er passen. Sie selbst hatte ihm oft die amtlichen Mitteilungen vorgelesen, wenn es Rentenerhöhungen gab oder wenn sich, wie etwa zu Weihnachten, das Auszahlungsdatum verschob. Jackson hatte nie Schwierigkeiten gehabt zu verstehen, was sie ihm vorlas. Ihrer Meinung nach sei er von völlig normaler Intelligenz gewesen – nur eben ein Analphabet oder jedenfalls so gut wie.
    Natürlich war Mrs Beavers – ganz wie Morse vorhergesehen hatte – genau darüber im Bilde, wer Jackson in letzter Zeit beschäftigt hatte. Für Mrs Jones in der Cardigan Street hatte er einige Türen, die klemmten, abgehobelt; Mrs Purvis in Canal Reach hatte ihn geholt, weil in ihrem Haus neue Leitungen gelegt werden mußten – der Kostenvoranschlag des Elektrikers in der Victor Street war wirklich abenteuerlich hoch gewesen. Soviel sie wußte, hatte auch das junge Ehepaar, das vor kurzem das Eckhaus in der Albert Street bezogen hatte, vorgehabt, seine Dienste in Anspruch zu nehmen. Sie wollten Blenden für ihre Gardinenstangen. Ob er noch dazu gekommen war, den Auftrag auszuführen, konnte sie allerdings nicht sagen …
    Lewis hörte ihr zu und schrieb gewissenhaft alles mit, auch wenn ihm nicht ganz klar war, wozu Morse diese Informationen eigentlich brauchte. Zurück in Kidlington, erstattete er Bericht und stellte bald fest, daß Morses Interesse allein und ausschließlich Mrs Purvis’ neuen Leitungen galt. Warum und wieso, war ihm auch hier nicht ganz klar.
    »Soso, neue Leitungen. Ich würde ja gern mal wissen, was Jackson ihr dafür abgenommen hat. Ich muß nämlich bei mir auch neue Leitungen legen lassen, und mein Elektriker hat mir gesagt, das würde so an die zweihundertfünfzig Pfund kosten. Deshalb habe ich es auch bisher noch aufgeschoben.«
    »Na ja, Leitungen zu legen, das kostet Zeit.«
    »Und zweihundertfünfzig Pfund sind heute auch nicht mehr soviel wie noch vor zehn Jahren«, gab Morse zu. »Also, ich denke wir fahren am besten zu ihr und fragen sie, wieviel sie nun wirklich bezahlt hat.«
    Dies schien Lewis nun eigentlich kein ausreichender Grund, um deswegen extra nach Jericho zu fahren – noch dazu, wo es für ihn heute schon das zweite Mal war. Ob Morse noch einen anderen Grund hatte? Doch seine vorsichtigen Nachfragen blieben

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