Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
Tod hier in Sevilla hatte.«
»Wissen Sie irgendetwas über die russischen Investoren von Señor Vegas Projekten?«
»Ich weiß, dass es sie gibt, aber das ist auch alles. Ich bin bloß Architekt. Ich mache Zeichnungen, beaufsichtige die Baustellen, aber ich treffe keine Investoren. Das geschieht auf höherer Ebene.«
»Diese Russen sind bekannte Mafiosi, und wir sind uns ziemlich sicher, dass sie mit Señor Vegas Projekten Geldwäsche betrieben haben.«
»Schon möglich. Das liegt in der Natur der Bauindustrie. Aber ich weiß nichts darüber. Ich arbeite auf der kreativen Ebene.«
»Können Sie sich einen Grund vorstellen, warum die Russen Señor Vega ermorden wollten?«
»Vielleicht hat er sie betrogen? Deshalb wird man doch normalerweise von der Mafia umgebracht. Aber das wird schwer zu beweisen sein.«
»Wir haben Drohungen bekommen«, sagte Falcón. »Sind Sie auch bedroht worden?«
»Noch nicht.« Wenn Marty Krugman nervös war, zeigte er es Falcón nicht. Die Basketballschuhe blieben auf dem Tisch liegen. Der Mann war ganz entspannt.
»Warum haben Sie Amerika verlassen, Señor Krugman?«, kam Falcón auf den dritten Punkt seiner Liste zu sprechen.
»Das haben Sie mich schon mal gefragt.«
»Nachdem die Sache mit Reza Sangari nun auf dem Tisch liegt, lautet Ihre Antwort bestimmt anders.«
»Dann kennen Sie sie ja schon.«
»Ich möchte, dass Sie es mir erzählen.«
»Wir haben entschieden, dass wir einen gründlichen Tapetenwechsel brauchten, wenn unsere Beziehung überleben sollte. Und wir beide lieben Europa. Wir dachten, dass ein schlichtes gemeinsames Leben uns einander wieder näher bringen würde.«
»Eine Großstadt, ein Job und ein Haus in Santa Clara – das ist doch kein schlichtes Leben.«
»Am Anfang haben wir es mit einem kleinen Haus in der Provence probiert. Es hat nicht funktioniert.«
»Und wie funktioniert es hier?«
»Das ist eine sehr persönliche Frage, Inspector Jefe«, sagte Marty, »aber wenn Sie es unbedingt wissen müssen, es funktioniert gut .«
»Sie sind fast zwanzig Jahre älter als Ihre Frau. Hat das je Probleme bereitet?«
Marty rutschte auf seinem Stuhl hin und her, das erste Anzeichen von Unbehagen seit Beginn der Befragung.
»Maddy hat eine bestimmte Wirkung auf Männer, eine vorhersehbare und langweilige Wirkung. Der erste Kontakt, den ich mit Maddy hatte, ist hier vor sich gegangen«, sagte er und tippte sich an die Stirn. »Ich habe sie überrascht, und das tue ich immer noch. Sie können das nennen, wie Sie wollen – Vater-Tochter- oder Lehrer-Schülerin-Beziehung – ich weiß nur, dass es funktioniert und weiterhin funktionieren wird, weil ich im Gegensatz zu all den anderen Typen nie ausschließlich auf ihre Möse fixiert war oder sein werde.«
»Was mit Reza Sangari geschehen ist, war also… unvorhersehbar«, sagte Falcón und spürte, wie die Spannung im Raum stieg.
Marty lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und faltete seine langgliedrigen Künstlerhände auf seinem flachen Bauch. Er fixierte Falcón mit einem Blick aus seinen tief liegenden Augen und nickte.
»Sind Sie ein eifersüchtiger Mann, Señor Krugman?«
Schweigen.
»Ärgert es Sie, wenn Sie sehen, wie Ihre Frau mit anderen Männern redet, lacht und Interesse an ihnen zeigt?«
Noch mehr Schweigen.
»Gab es etwas, was Sie überrascht hat, nachdem Sie entdeckt hatten, dass Ihre Frau Sie mit Reza Sangari betrogen hat?«
Marty runzelte die Stirn, überlegte und beugte sich vor.
»Was soll dieses Etwas sein, von dem Sie reden?«
»Dass Sie, der politische Kopf, Intellektuelle und Mann der Ideen und Gedanken… leidenschaftlich sein konnten?«
»Was zwischen Maddy und Reza Sangari passiert ist, war das, was die Franzosen un coup de foudre nennen, einen Blitzschlag, der etwas entflammte, was dann von selbst ausgebrannt ist. Zu dem Zeitpunkt, als Reza Sangari getötet wurde, war alles, was zwischen ihm und Maddy vorgefallen war, nur noch Asche und Rauch. Das ist das Wesen der Leidenschaft, Inspector Jefe. Sie lodert heftig und schnell und so gierig, dass bloßer Sex sie irgendwann nicht mehr befriedigt. Wenn der Sex also seinen Lauf genommen hat, erlischt die Leidenschaft, und wenn man Glück hat, überlebt man den Absturz.«
»Das stimmt, wenn es nur um Sex ging«, sagte Falcón. »Aber wenn es mehr war…«
»Was wollen Sie, Inspector Jefe?«, fragte Marty. »Sie wecken Erinnerungen, die ich lieber ruhen lassen würde. Was haben Sie davon?«
»Señor Vega ist mit Ihrer Frau zum
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