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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Stierkampf gegangen«, sagte Falcón, entschlossen, seinen Punkt zu machen. »Was haben Sie dabei empfunden?«
    »Wenn zwei intelligente Menschen sich ein so widerwärtiges Spektakel wie die Tortur eines tumben Tieres anschauen wollen, ist das ihre Sache, und sie können es gern ohne mich tun.«
    »Ihre Frau hat erzählt, dass sie überrascht war, wie schnell sie sich an den Anblick von Blut und Gewalt gewöhnt hat«, sagte Falcón. »Sie hat darin einen sexuellen Aspekt gesehen.«
    Marty schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Würden Sie Ihre Ehe als relativ offen bezeichnen, Señor Krugman? Ich meine, Sie sehen offenbar keine Notwendigkeit, sich als festes Paar in der Gesellschaft zu zeigen. Sie tolerieren, dass Ihre Frau Zeit mit Señor Vega und anderen Männern verbringt. In Connecticut war sie auch unabhängig. Sie hatte ihre eigene Arbeit und ihre Freiheit…«
    »Welche ›anderen Männer‹?«, fragte Marty und breitete einladend die Hände aus.
    »Juez Calderón zum Beispiel«, sagte Falcón.
    Marty registrierte die Information mit einem Blinzeln, während er den Namen in seinem Gedächtnis abspeicherte. Falcón begriff, dass das für Krugman eine Neuigkeit gewesen war.
    »Maddy hat andere Interessen als ich. Sie kann stundenlang am Fluss sitzen und fotografieren. Das ist ihre Welt. Außerdem mag sie das Straßen- und Kneipenleben von Sevilla. Dafür habe ich keine Zeit. An den Menschen hier mag sie das permanente Gefühl von Theater, und ich bin nicht der Typ, der das für sie lebendig werden lassen kann. Rafael hat es ihr gerne gezeigt, und das tut der Staatsanwalt bestimmt auch. Ich habe nicht das Bedürfnis, sie davon abzuhalten, sich zu amüsieren. Der Versuch wäre zerstörerisch.«
    Die Worte klangen wie die vorformulierte Verlautbarung einer unter Druck geratenen Regierung.

NEUNZEHN
    Sonntag, 28. Juli 2002
    A m Morgen wurde Falcón durch einen Anruf von Ignacio Ortega geweckt, den er am vergangenen Abend endlich erreicht hatte und der jetzt in Sevilla eingetroffen war. Er wollte das Haus seines Bruders sehen. Sie verabredeten, sich dort mittags zu treffen.
    Falcón und Consuelo aßen ruenchos huevos zu ihrem gemeinsamen Frühstück. Sie war über die Nachricht von Pablo Ortegas Tod immer noch ganz bestürzt. Der lokale Radiosender brachte eine Meldung über seinen Selbstmord sowie eine Reportage über einen in der vergangenen Nacht ausgebrochenen riesigen Waldbrand in der Nähe der Stadt Almonaster la Real in der Sierra de Aracena, der außer Kontrolle geraten war. Consuelo schaltete das Radio ab. Sie wollte sich ihren Sonntag nicht noch mehr verderben lassen, als ohnehin bereits geschehen.
    Am Mittag ging Falcón auf die andere Straßenseite, betrat Pablo Ortegas Garten und schloss das Haus auf. Er schaltete die Klimaanlage an, schloss die Tür zu dem Zimmer, in dem Pablo gestorben war, und klemmte ein feuchtes Handtuch in den Türspalt, um den Gestank zurückzuhalten. Dann sah er nach, ob Bier im Kühlschrank war.
    Ignacio kam und klopfte an die Schiebetür. Sie gaben sich die Hand. Er sah etwas jünger aus als Pablo und hatte eine Glatze, aber glücklicherweise den fatalen Fehler vermieden, seine noch dunklen Strähnen an der Seite über die kahle Stelle zu kämmen. Er war schlanker und sportlicher als sein Bruder, hatte jedoch überhaupt keine Ausstrahlung. Falcón sah einen Mann, der in einem Raum einfach verschwinden würde, und begriff, warum Ignacio seinen Bruder gebeten hatte, an Geschäftsempfängen teilzunehmen. Er hatte sich dringend ein wenig Charisma borgen müssen.
    Ortega entschuldigte sich, Falcóns Sonntag verdorben zu haben, doch er habe das Bedürfnis empfunden, den Ort zu sehen, an dem sein Bruder gestorben war. Falcón sagte, dass er am nächsten Tag sehr beschäftigt sein würde, und verabredete einen Termin zur Identifikation der Leiche. Dann bot Falcón Ignacio Ortega etwas zu trinken an, und sie machten eine Literflasche Cruzcampo aus dem Kühlschrank auf. Das Bier schien Ignacio sentimental zu stimmen. Er wischte sich eine Träne ab und starrte zu Boden.
    »Sie standen sich nahe«, sagte Falcón.
    »Er war mein einziger Bruder«, sagte Ignacio, »aber ich habe ihn nicht oft gesehen. Er war ein berühmter Mann, der um die Welt gereist ist, während ich Klimaanlagen verkauft habe. Unsere Wege haben sich nicht oft gekreuzt.«
    »Seit Sebastiáns Prozess müssen Sie ihn doch öfter gesehen haben. Er hat nicht mehr so viel gearbeitet, und dann das Problem mit dem Haus.«
    »Das

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