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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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der Brust verschränkt, während Maddy Krugman in einer absurd entspannten Haltung beinahe auf den Polstern lag. Beide waren gekleidet, als wollten sie gerade zum Abendessen aufbrechen. Ihrer Blickrichtung nach zu urteilen, stand Marty Krugman vor ihnen an der Wand zwischen Fenster und Schiebetür. Für einen Moment kam er ins Blickfeld. Er trug kein Jackett, und der Rücken seines zerknitterten Hemds war verschwitzt. In der linken Hand hielt er eine Pistole.
    Der Film im Fernsehen endete, gefolgt von Werbung. Der junge Mann kam auf den Balkon.
    »Was ist denn da drüben eigentlich los?«
    »Bloß ein privater Streit, der ein bisschen außer Kontrolle geraten ist«, sagte Falcón.
    »Wir haben den Schuss gehört – ich dachte, das wäre in dem Film gewesen.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »Kurz nach zehn.«
    Inzwischen war es zwanzig vor elf. Falcón ließ den Blick über die Wände der Wohnung gegenüber wandern und entdeckte das Einschussloch in der Wand über Maddy Krugmans Kopf. Sie hatte ihren Mann offenbar nicht hinreichend ernst genommen und musste daran erinnert werden, dass das Ganze kein Spiel und die Waffe keine Attrappe war. Falcón rief Comisario Elvira an und erstattete Bericht.
    »Welchen Eindruck hatten Sie bei Ihren Befragungen von Señor Krugmans Geisteszustand?«
    »Ein Intellektueller mit einer Tendenz zur Zwanghaftigkeit und einer Neigung zu ausschweifenden Reden. Normalerweise ist er höflich und kultiviert, aber in den letzten paar Tagen wirkte er zunehmend verstört, wahrscheinlich wegen der Liaison seiner Frau mit Juez Calderón. Wenn er jetzt psychotisch reagiert, hat unkontrollierbare Eifersucht ihn ausrasten lassen«, sagte Falcón. »Wir haben uns immer gut verstanden. Wir respektieren einander. Ich würde gern reingehen und versuchen, ihn zur Aufgabe zu bewegen.«
    »In Ordnung. Rufen Sie ihn vorher an, auf dem Festnetzapparat. Sagen Sie ihm, dass Sie an die Tür klopfen werden. Keine Überraschungen. García von der Anti-Terror-Einheit kommt mit einem Scharfschützen vorbei. Warten Sie, bis die da sind.«
    »Aber Krugman ist kein Terrorist.«
    »Das weiß ich inzwischen auch, aber vorher wusste ich es nicht. Ich habe García alarmiert, als die Informationslage noch unvollständig war. Er hat jedenfalls Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen.«
    García meldete sich ein paar Minuten später, und Falcón schickte den Streifenpolizisten nach unten, um ihn in Empfang zu nehmen. Er kam mit dem Scharfschützen auf den Balkon, der offenbar zufrieden mit dem möglichen Schusswinkel war und wieder hineinging, um seine Waffe zusammenzusetzen.
    »Sie wollen da reingehen?«, fragte García.
    »Ich kenne den Mann mit der Pistole.«
    »Sie werden zu dritt sein, er ist auf sich allein gestellt. Er muss Sie im Blick behalten, was uns hier draußen Möglichkeiten eröffnet.«
    »Ich glaube, ich kann den Mann zur Aufgabe bewegen. Er ist nicht verrückt oder auf Drogen.«
    »Das ist gut, aber wenn er außer Kontrolle gerät, kann ein Scharfschütze von außen nicht viel ausrichten, ohne das Leben der Geiseln zu gefährden.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Es wäre besser, die Wohnung zu stürmen.«
    »Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird.«
    Sie verabredeten ein paar Signale für den Notfall, bevor Falcón in der Wohnung anrief. Maddy ging ans Telefon, bevor Marty etwas dagegen tun konnte. Falcón fragte nach ihrem Mann.
    »Für dich«, sagte sie ironisch und hielt Marty den Hörer hin.
    »Ich habe immer noch nicht mit den Russen gesprochen«, sagte Krugman glucksend. »Ich bin beschäftigt.«
    »Ich bin hier draußen, Marty«, sagte Falcón, verließ die Wohnung und ging nach unten.
    »Ich dachte mir schon, dass der Schuss Aufmerksamkeit erregt haben könnte«, sagte er. »Das Ganze sollte eine Privatangelegenheit bleiben, aber Maddy kann sehr eigensinnig sein, also musste ich ihr demonstrieren, dass ich keine Spielchen spiele. Wie dem auch sei, was kann ich für Sie tun, Inspector Jefe?«
    Falcón überquerte die Straße und stieg die Treppe zu der Wohnung von Calderóns Schwester hinauf.
    »Ich will mit Ihnen reden. Ich stehe direkt vor der Wohnungstür. Lassen Sie mich rein?«
    »Sie haben vermutlich irgendein Sondereinsatzkommando dabei?«
    »Nein, ich bin allein.«
    »Die Straße ist außergewöhnlich ruhig.«
    »Sie ist abgesperrt worden, eine reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Falcón. »Wir wollen nicht, dass irgendjemand verletzt wird, Marty.«
    »Es sind bereits Menschen verletzt

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