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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Hunde geräuschvoll tranken.
    »Ich habe gute Neuigkeiten wegen der Jauchegrube«, sagte Ortega, ohne besonders begeistert zu klingen. »Einer der Bauunternehmer, für die mein Bruder arbeitet, meint, er könnte sie renovieren, ohne sämtliche Zimmer abzureißen, und das Ganze für fünf Millionen.«
    »Das ist gut«, sagte Falcón. »Freut mich für Sie, dass sich die Sache beheben lässt.«
    Sie gingen ins Wohnzimmer und setzten sich.
    »Ich habe vielleicht weitere gute Nachrichten für Sie«, fuhr Falcón fort, um die positive Stimmung zu wahren. »Ich würde Ihnen in Sebastiáns Fall gern helfen.«
    »Hilfe von außen ist zwecklos, wenn Sebastián sie nicht annehmen will.«
    »Ich glaube, auch da kann ich möglicherweise helfen«, sagte Falcón, auf Aguados Zusage spekulierend. »Ich kenne eine Psychologin, die sich seinen Fall anschaut und vielleicht bereit ist, mit ihm zu sprechen.«
    »Eine Psychologin?«, fragte Ortega langsam. »Und worüber würde die mit Sebastián sprechen?«
    »Sie würde versuchen herauszufinden, warum Sebastián das Gefühl hat, sich einsperren zu müssen.«
    »Er hat sich nicht selbst eingesperrt«, sagte Ortega und sprang mit einer dramatischen Geste auf. »Der Staat hat ihn eingesperrt mit Hilfe von diesem cabrón Juez Calderón.«
    »Aber Sebastián hat sich nicht verteidigt. Er hat seine Strafe scheinbar freudig angenommen und nichts vorgebracht, was das Urteil hätte mildern können. Warum?«
    Ortega stemmte die Fäuste in seine ausladenden Hüften und atmete so tief ein, als wollte er das ganze Haus umpusten.
    »Weil er… schuldig war«, sagte er sehr leise. »Fraglich war nur sein Geisteszustand zum Zeitpunkt der Tat. Das Gericht hat entschieden, dass er zurechnungsfähig war. Da bin ich anderer Meinung.«
    »Das wird die Psychologin feststellen«, sagte Falcón.
    »Worüber will sie mit ihm sprechen?«, wiederholte Ortega. »Der Junge ist schon jetzt labil. Ich will nicht, dass sie weitere Probleme aufwirbelt. Er sitzt bereits in Einzelhaft. Ich möchte nicht, dass er Selbstmordgedanken entwickelt.«
    »Gibt es aus dem Gefängnis Hinweise darauf, dass das der Fall sein könnte?«
    »Noch nicht.«
    »Sie macht ihre Arbeit sehr gut, Pablo. Ich glaube nicht, dass es ihm schaden wird«, versicherte Falcón. »Und während sie ihm hilft, die Dinge klarer zu sehen, nehme ich mir noch einmal diverse Aspekte des Falles vor…«
    »Was zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel den Jungen, den er entführt hat – Manolo. Ich möchte mit seinen Eltern reden.«
    »Da werden Sie nicht weit kommen. In ihrem Haus darf man den Namen Ortega nicht erwähnen. Der Vater hatte eine Art Nervenzusammenbruch. Er ist arbeitsunfähig. Sie haben bösartige Gerüchte verbreitet, sodass sich das ganze Barrio gegen mich gewendet hat. Ich meine, deswegen bin ich hier, Javier… und nicht dort.«
    »Ich muss mit ihnen reden«, beharrte Falcón. »Die Schwere der Vorwürfe in Manolos Aussage haben zu der hohen Gefängnisstrafe für Sebastián geführt.«
    »Warum sollte er die zurücknehmen?«, fragte Ortega. »Es ist seine Aussage.«
    »Das will ich ja gerade herausfinden: War es wirklich seine Aussage oder etwas, was ihm andere eingeflüstert haben?«
    »Was soll das heißen?«
    »Er ist noch sehr jung. In diesem Alter tut man, was einem gesagt wird.«
    »Sie wissen etwas, Javier, stimmt’s?«, fragte Ortega. »Was wissen Sie?«
    »Ich weiß, dass ich helfen will.«
    »Nun, das gefällt mir nicht«, sagte Ortega. »Und ich möchte nicht, dass es Sebastián schadet.«
    »Für ihn kann es nicht mehr schlimmer werden, Pablo.«
    »Es wird Staub aufwirbeln…«, wiederholte Ortega seine Befürchtung wütend, bevor er sanfter fortfuhr: »Darf ich einfach eine Weile darüber nachdenken, Javier? Ich möchte nichts überstürzen. Es ist eine delikate Angelegenheit. Die Medien sind gerade erst wieder verstummt. Ich will sie nicht wieder im Nacken haben. Ist das in Ordnung?«
    »Keine Sorge, Pablo. Lassen Sie sich Zeit.«
    Ortega versuchte, unauffällig einen Blick auf das Foto zu werfen, mit dem Falcón beiläufig herumspielte.
    »Sonst noch was?«
    »Ich war verwirrt«, sagte Falcón und blätterte in seinem Notizbuch, »was Ihre Beziehung zu Rafael Vega betrifft. Sie haben gesagt: ›Ich kannte ihn. Er hat sich etwa eine Woche nach meinem Umzug vorgestellt.‹ Heißt das, dass Sie ihn schon kannten , bevor Sie hierher gezogen sind, oder dass Sie ihn erst kennen gelernt haben, als Sie nach Santa Clara gezogen

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