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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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sind?«
    Ortega starrte auf das Foto, das verdeckt vor Falcón auf dem Tisch lag, als wäre es eine Pokerkarte, deren Farbe und Wert er gerne gewusst hätte.
    »Ich kannte ihn schon vorher«, sagte er. »Vermutlich hätte ich sagen sollen, er hat sich noch einmal vorgestellt. Ich habe ihn auf irgendeiner Party getroffen. Ich weiß nicht mehr, wo…«
    »Ein Mal, zwei Mal, drei Mal?«
    »Das kann ich so nicht sagen. Ich treffe so viele…«
    »Sie kannten Consuelo Jiménez’ verstorbenen Mann«, sagte Falcón.
    »Ja, ja, Raúl. Das wird es gewesen sein. Sie waren in derselben Branche tätig. Ich habe regelmäßig in seinem Restaurant in El Porvenir gegessen. Das war es.«
    »Ich dachte, die Verbindung wäre durch Ihren Bruder und seine Klimaanlagen entstanden?«
    »Ja, ja, ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Natürlich.«
    Falcón gab Ortega das Foto und beobachtete dabei dessen Gesicht. »Mit wem sprechen Sie auf diesem Bild?«, fragte er.
    »Weiß der Himmel«, sagte Ortega. »Die verdeckte Person ist mein Bruder. Ich erkenne ihn an der Glatze. Und der andere Typ… keine Ahnung.«
    »Der Foto ist auf einer von Raúl Jiménez’ Partys gemacht worden.«
    »Das hilft mir auch nicht weiter. Ich bin auf Dutzenden von Empfängen gewesen. Ich habe Hunderte von Leuten… Ich kann nur sagen, dass er nicht aus meiner Zunft stammt. Er muss irgendeine Verbindung zur Baubranche haben.«
    »Raúl hat seine Freunde unterteilt in Prominente und… fürs Geschäft nützliche Kontakte«, sagte Falcón. »Ich bin überrascht, dass Sie nicht in seiner Promi-Abteilung auftauchen.«
    »Raúl Jiménez dachte, Lorca wäre eine Sherry-Marke. Er war in seinem ganzen Leben nicht einmal in der Nähe eines Theaters. Er bildete sich ein, mit Antonio Banderas und Ana Rosa Quintana befreundet zu sein, aber das stimmt nicht. Das war alles bloß eine PR-Nummer. Ich war ein… Nein, lassen Sie mich das ganz genau sagen: Ich habe meinen Bruder gelegentlich dadurch unterstützt, dass ich zu Empfängen gegangen bin. Ich kannte Raúl und hatte Rafael schon einmal getroffen, aber ich war nicht direkt ein Freund.«
    »Vielen Dank, dass Sie mir das erklärt haben«, sagte Falcón. »Tut mir Leid, Ihre Zeit beansprucht zu haben.«
    »Ich weiß nicht genau, was Sie hier eigentlich ermitteln. In einem Moment reden wir von Rafaels Selbstmord, im nächsten klingt es so, als wäre er ermordet worden, und jetzt nehmen Sie sich Sebastiáns Fall vor. Und dieses Foto… das muss vor Jahren gemacht worden, bevor ich so zugenommen habe.«
    »Es steht kein Datum darauf. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es vor 1998 gemacht wurde.«
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Weil der Mann, mit dem Sie reden, in diesem Jahr gestorben ist.«
    »Das heißt, Sie wissen schon, wer er ist?«
    Falcón nickte.
    »Ich habe das Gefühl, als würde ich irgendeines Verbrechens beschuldigt«, sagte Ortega, »dabei ist es bloß so, dass mein Gedächtnis seit der Sache mit Sebastián löchrig ist wie ein Sieb. Ich habe in meinem ganzen Leben keinen Souffleur gebraucht, aber im letzten Jahr bin ich zwei Mal vor eine Kamera oder auf eine Bühne getreten und habe mich gefragt, was zum Teufel ich dort eigentlich mache. Es ist… ach… fragen Sie lieber nicht. Das sind Albernheiten. Nichts, wofür sich ein Polizist interessieren würde.«
    »Vielleicht doch.«
    »Es ist, als ob die Realität in die Illusion einbrechen würde, die ich zu erschaffen versuche.«
    »Das klingt plausibel. Sie haben eine schwere Zeit hinter sich.«
    »So etwas ist mir noch nie passiert«, sagte Ortega. »Nicht einmal, als Glória mich verlassen hat. Wie dem auch sei, vergessen Sie’s einfach.«
    »Meine Arbeit dreht sich nicht nur darum, Menschen hinter Gitter zu bringen, Pablo. Wir sind auch Diener des Volkes. Das heißt, ich versuche auch zu helfen.«
    »Aber können Sie mir bei dem helfen, was hier drin vor sich geht?«, fragte er und tippte sich an die Stirn.
    »Dafür müssten Sie es mir erstmal erzählen.«
    »Wissen Sie irgendwas über Träume?«, fragte Ortega. »Ich träume immer wieder, dass ich auf einem Feld stehe und der kühle Wind den Schweiß auf meinem Gesicht trocknet. Ich bin unglaublich wütend, und meine Hände tun weh. Die Handflächen brennen, und meine Fingerknöchel fühlen sich geschwollen an. Ich höre Verkehrslärm und merke, dass meine Hände mir keinen körperlichen Schmerz, dafür aber große Trauer bereiten. Was halten Sie davon, Javier?«
    »Es klingt, als hätten Sie jemanden

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