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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Meer niemals Ruhe gab, kam sie zurück, als hätte sie etwas vergessen, als hätte sie die Schönheit im Sand nicht ausreichend verwöhnt. Auf leisen Sohlen kroch sie heran, kühlte ihr ganzes Gesicht und netzte spielerisch die schmale Schulter, die sich leichtsinnig der Sonne entgegenreckte.
    Ima hustete. Perlend drang das Wasser in ihren Mund und versuchte, sie von innen zu erkunden. Mit einem Würgen erbrach Ima es bis zum letzten Tropfen und sank dann matt auf das nasse, harte Holz zurück. Die Sonne kratzte unbeeindruckt weiter an der wunden Gesichtshaut.
    Hustend stützte Ima sich auf den Ellbogen. Sie verzog das Gesicht, weil der Ellbogen auf einer Unebenheit im Holz landete und schmerzte. Immer noch hatte sie Wasser in der Kehle. Es kostete so viel Kraft, das Wasser herauszuhusten. Erschöpft sank sie auf den Rücken - und starrte in einen klaren blauen Himmel.
    »Hier lebt noch jemand! Hier! Da hat sich jemand bewegt, kommt schnell, bringt den Wasserkrug!«
    Schritte kamen näher, Schritte von mehreren Leuten, dann kniete jemand neben ihr nieder.
    »Eine Dame! Seht nur - eine Dame hat überlebt!« Vorsichtig schob ein Mann ihr einen Arm unter den Nacken und richtete Ima auf. Sie fand nicht einmal die Kraft, sich dagegen zu wehren. Verwirrt schaute sie in das gebräunte Antlitz eines gut aussehenden Apuliers.
    » Ma dame , Ihr habt das Unwetter überlebt - Gott muss Euch lieben!«, rief er aus und lachte froh über das ganze Gesicht, dann setzte er einen Krug an ihre Lippen. »Trinkt, ma dame , Ihr müsst trinken, das Meer trocknet aus. Trinkt, Ihr werdet sonst sterben!« Er war sehr vorsichtig mit dem Krug, gab ihr immer nur kleine Schlückchen und ließ sie
zwischendurch pausieren, damit sie nicht hustete. Sein Arm umfasste sie sanft und voller Zuversicht.
    »Gut so - und nun noch einen Schluck. Gleich werdet Ihr Euch besser fühlen.«
    Das Wasser im Krug schmeckte süß, vielleicht hatten sie es mit Honig versetzt.
    »Wo bin ich?«, fragte sie mühsam.
    »In Otranto, ma dame «, erwiderte er und zwang sie sanft, weiter zu trinken. »Von hier aus läuft man nur ein kurzes Stück bis an die Festung. Wir suchen Überlebende, den ganzen Tag schon. Die halbe Stadt ist auf den Beinen! Heute Morgen trieben zahllose zerstörte Schiffsteile hier an Land, und der Sand ist übersät von … von …« Er verstummte.
    Ima rappelte sich aus seinen Armen hoch. »Habt ihr Überlebende gefunden?«, fragte sie aufgeregt. »Habt ihr …«
    »Die Herzogin wurde wie durch ein Wunder gerettet, ma dame . Sie und ihr Priester und auch Roger Borsa sind wohlauf, der Allmächtige hat sie beschützt«, sagte ein anderer und kniete sich neben sie, damit sie nicht in den Himmel schauen musste. »Wir bringen Euch zu ihr, ma dame , sobald Ihr Euch …«
    »Habt ihr sonst noch jemanden gefunden?«, unterbrach Ima. »Einen Mann, groß, schwarzes Haar, blaue Augen …« Der Mann, der sie im Arm hielt, legte ihr die Hand an die Wange, um sie zu beruhigen.
    » Ma dame - wir suchen nach dem Guiscard. Die Herzogin berichtete von seinem Tod und will nicht glauben, dass das Meer ihn verschlungen hat.«
    »Das hat es ganz sicher«, brummte einer hinter ihr.
    »Das Meer verschlingt auch Lebende«, meinte ein dritter.
    »Das Ionische Meer ist tückisch, die Stürme kommen hier aus dem Nichts«, erzählte ihr Retter wieder traurig. »Welches Unglück - diesmal hat es sich eine ganze Flotte
genommen! Aber Ihr wurdet gerettet, ma dame - halleluja!«
    Wieso antworteten sie nicht auf ihre Fragen? Ima versuchte aufzustehen. Das war nicht so einfach, weil ihr Mantel zerrissen war und sich um ihre Beine gewickelt hatte. Als sie das Plankenholz unter den Füßen fühlte, kehrte langsam die Erinnerung zurück, was auf der Planke geschehen war. »Und einen Mönch - habt Ihr einen kleinen Mönch gefunden? Bruder Thierry …«
    » Ma dame .« Der gebräunte Mann sah sie mitleidig an. »Seht selbst. Überall Tote, die wir zu begraben haben. Viele Männer liegen hier. Sehr viele. Wenn Eure beiden darunter sind, könnt Ihr Euch wenigstens von ihren sterblichen Überresten verabschieden.«
    »Das Meer gibt nämlich nicht alle her«, sagte der ältere Mann hinter ihr. Sie starrte ihn an. »Manche gibt es auch erst nach Tagen her«, ergänzte er grimmig. »Das ist dann kein schöner Anblick, ma dame …«
    »Vielleicht ist Gott ihr wohlgesinnt«, unterbrach ihr Retter. »Ich will für Euch beten, dass Ihr die Euren findet.«
    Sie halfen ihr aufzustehen und sich von

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