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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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wohin sie mitten in der Nacht geritten sein konnte. Warum zum Teufel war es ihm nicht gelungen, sie aufzuhalten?
    Der unaufhaltsam gemächliche Schritt des Karrenpferdes beruhigte ihn etwas und zähmte seine Ungeduld. Er
kam sogar auf den Gedanken zu beten - er könnte für ihre Sicherheit beten, oder für ihre Heimkehr … Er versuchte es. Kramte in seinem Gedächtnis nach Worten und Formeln, nach Psalmversen, irgendetwas aus den letzten Tagen, die voller Gebete gesteckt hatten - irgendetwas musste doch hängen geblieben sein, was nun würde helfen können! Doch der Geist blieb leer und reglos. Nur Imas Bild war da, ihr Gesicht, als sie ihn zum letzten Mal berührt hatte, so voller Zärtlichkeit, dass sein Herz fast ausgesetzt hatte - bevor sie davongaloppiert war.
    Es gab kein Gebet. Und so ließ er es sein. Er glaubte eh nicht daran, dass Gott mit einem heimatlosen Sünder wie ihm Mitleid hatte. Die verbotene, leidenschaftliche Zweisamkeit auf dem Schiff fiel ihm ein, und ihre hingebungsvollen Küsse unter der Decke.
    Für Ima hätte Gott möglicherweise erst recht kein Mitleid.
     
    Ein Pfeil sirrte durch die Luft - dann noch einer. Ima schrie auf und duckte sich über die Mähne ihres Pferdes. Wieder ein Pfeil, haarscharf an ihrem Kopf vorbei.
    Ein hässliches Lachen folgte. Verschreckt drehte sie sich um, die Hacken bereits fast in der Flanke des Pferdes … doch dann unterließ sie das Antreiben. Es knackte in den Büschen, ein Hund bellte, Metall klapperte. Sie war nicht mehr allein in diesem Wald. Von allen Seiten näherten sich Krieger, die aussahen, als wären sie einem Alptraum entsprungen - behaart, entsetzlich schmutzig und zerlumpt, aber bewaffnet wie für eine Bärenjagd. Ihr Herz klopfte wild vor Angst. Sie erinnerte sich, in Feindesland unterwegs zu sein. Sie hatte es ja herausgefordert. Das war das Ende. Bohemund war geflüchtet, und sie, Ima - überfallen, vergewaltigt, versklavt - tot. Hier würde auch Gott nicht mehr helfen. Hier war Rom.

    Der Ring aus Kriegern kam näher, außer Lachen und Gemurmel rauschte nur der Wind und peitschte weiter hinten die Flammen auf. Die Flammen hatten sich mit dem neuen Gegner verbündet und schnitten Ima von hinten den Weg ab. Das Pferd tänzelte nervös. Mit einer Hand strich sie ihm über den Hals, mit jeder Faser ihres Körpers bereit, sich dem Tier erneut anzuvertrauen, sollte es der Meinung sein, in einer plötzlichen Flucht könnte doch noch die Rettung liegen. Es war wohl dieser Meinung, doch dann wurde ihnen die Möglichkeit dazu genommen. Sie hatten zu lange gezaudert.
    Der Ring schloss sich.
    Zottelige, eisenbewehrte Ungeheuer mit Ledermanschetten und Schutzkappen kreisten Ima und ihr Pferd ein. Ihresgleichen waren die Toten auf der Lichtung. Das einzig Helle an ihnen waren die glänzenden Spitzen der Waffen und das Blitzen ihrer Zähne, die sie gierig bleckten angesichts der appetitlich blonden und unverhofften Beute mitten im Wald.
     
    »Eine ambrakische Hure«, sagte der mit dem längsten Bart. Seidene Bänder waren in verfilzte Zöpfchen eingeknüpft und flatterten bizarr im Wind.
    »Unsinn, eine apulische Dame - ich weiß, wie die aussehen!«, schrie einer auf, dessen Schulter eine zweischneidige Axt zierte.
    »Eine ambrakische Hure - ich zeig’s euch!«, rief der mit den Zöpfchen und zog Ima einfach vom Pferd. Sie versuchte sich zu wehren, doch war das zwecklos - nordisches Kriegsvieh gehorchte einzig seinem Schwanz und dem Zucken der Faust, die die Waffe führte. Der Zufall wollte es, dass sie auf den Füßen landete, leider half es ihr wenig, denn keinen Moment später hatte er ihr den Mantel und das Kleid von den Schultern gerissen. Das Krachen des Stoffes
klang empört nach, zupackende Pranken verhinderten, dass sie die Stofffetzen hochzog, um sich zu bedecken. Ihre entblößten Brüste entlockten den Ungeheuern ein Freudengeheul, Äxte schwangen durch die Luft, Becken rotierten sich erwartungsvoll warm, einer zog einfach die Beinkleider herunter und stellte sich erwartungsfreudig schon mal an, damit jeder sehen konnte, wie weit er bereits war. Als ihr direkter Gegner nach ihrer Brust greifen wollte, schlug sie ihm die Krallen ins Gesicht. Ima wusste nicht, woher sie den Mut dazu nahm - ihre Beine versagten ihr vor Angst beinah den Dienst -, doch es musste sein, und wenn es das Letzte auf Erden war, was sie tat. Vielleicht gab Gott ihr die Kraft.
    Haut schälte sich unter ihren Nägeln, Blut rann in den Bart.
    »Eine Raubkatze!«, schrie

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