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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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er. »Die muss man häuten!« Und dann lag sie auch schon am Boden, und ein tonnenschwerer Leib krachte auf sie nieder. Der Kerl zappelte mit den Beinen, um seiner Gier Freiheit zu verschaffen, die sofort geil und hart im Kleiderstoff herumstocherte - und auch blind, weil er nämlich versäumt hatte, das Kleid hochzuschieben oder entzweizureißen. Was auch immer - nun lag er auf dem Kleid und sie darunter. Seine Kumpane brüllten, ob sie ihm helfen sollten. »Nein!«, schrie er zurück und: »Lasst mich in Ruhe!« Er kämpfte mit dem langen Kleid aus gutem, festem apulischem Leinen, und das Kleid war ein ernst zu nehmender Gegner, kurzzeitig zumindest.
    Ima ergab sich. Sie würde überleben. Sie hatte Rom überlebt. Der Stoff zerriss, Knie drängten ihr die Beine brutal auseinander, wieder warf er sich auf sie, dass ihr die Luft wegblieb. Seine Gier erreichte sie, stieß ohne Umschweife heftig und sehr schmerzhaft zu …
    Dann verschwand der Leib von ihr.

    Jemand schrie erbost, Metall klirrte auf Metall, ein Tritt, eine tiefe Stimme. Schmerzensgeheul. Eine Klinge fraß sich hungrig in Fleisch, entsetzte Qual entrang sich einer Kehle - Stille.
    »Du weißt genau, dass nur Örn Nábitr die Beute verteilt. Niemand sonst. Du hast nichts anzurühren.«
    »Ja«, flüsterte es. Ein Körper fiel ins Gras.
    Ima wagte nicht, die Augen zu öffnen. Das Grauen saß ihr wie eine Wildkatze im Nacken und grub ihr die Krallen ins Fleisch. Jedes Wort hatte sie verstanden, jedes einzelne Wort, das die tiefen Stimmen gesprochen hatten. Es waren Worte aus ihrer Kindheit, in einer Sprache, die sie einst selbst gesprochen hatte, im Land ihres Vaters hoch oben im Norden … Worte, die böse Erinnerungen mitbrachten, Erinnerungen an Mord und Blut und schreckliches Unglück …
    Ein Tritt in ihre Seite beendete jeden Gedanken an früher. Sie rollte herum, lag nun dicht neben dem Erschlagenen. Er stank nach Männerschmutz und Blut. Und nach Tod. Ima stöhnte tief auf.
    »Sie lebt noch. Packt sie ein. Das Pferd auch. Und diesen da räumt ins Gebüsch, und verwischt die Spuren.« Der Mann gab knappe Anweisungen, offenbar wusste er, worauf es ankam. Sie erschauderte beim Klang seiner Stimme. »Habt ihr alles abgesucht? Niemand dabei gewesen?« Es raschelte in den Sträuchern, ein schwerer Körper fiel zu Boden.
    »Sie kam aus dem Feuer.«
    »Vielleicht hat sie es entzündet?«
    »Du meinst, eine túnriða ?!« Sie fuhren zurück, stolperten, ein Fußtritt traf sie am Knie. »Beweg dich, túnriða !« Ima schaffte es, ihren überzähligen Finger in einer Kleiderfalte zu verstecken. Das Feuer war nah genug, um dumme Ideen aufkommen zu lassen …

    »Psst - wenn sie die Augen aufschlägt, werden wir alle zu Stein …«
    »Unsinn!«
    Jemand stellte sie unsanft auf die Füße. Es gab keinen Grund mehr, die Augen geschlossen zu halten. Vor ihr stand ein hochgewachsener, grauhaariger Mann, dessen Gesicht ein bizarrer Acker aus tiefen Furchen war. Manche hatte das Schicksal hineingegraben, andere entpuppten sich als vernarbte Kampfspuren. In jedem Fall war das Leben nicht zimperlich mit diesem Gesicht umgegangen, und er hatte davon gelernt. Einem Paar unheimlicher schwarzer Augen entging nicht die kleinste Bewegung - auch nicht, dass Imas Kleid zerrissen war. Langsam zog er den traditionellen Handschuh eines Bogenschützen aus und schob ihr das zerfetzte Kleid über die Schulter, sodass zumindest die Brust wieder bedeckt war.
    Seine Kleidung war ähnlich furchterregend wie die der anderen, der Mantel zerrissen, darunter lugte ein durchlöchertes Kettenhemd hervor. Das Einzige, was keine Löcher hatte, war der Lederpanzer, an dem jedoch getrocknetes Blut klebte. Trotzdem wirkte der Mann gepflegter - anders. Ima schluckte. Er wirkte noch gefährlicher. Vielleicht weil sein Bart gestutzt war und man ein Paar schmale bläu - liche Lippen erkennen konnte. In einem hellen Moment entschied sie sich, den Mund zu halten und zu verbergen, dass sie die Sprache verstand. Doch möglicherweise war er klug genug, um ihr das schon an den Augen abzulesen. Mit dem Finger hob er ihr Kinn an.
    »Hast du das Feuer gemacht?«, fragte er in fließendem Latein. Sie schüttelte den Kopf.
    »Ah. Du verstehst mich.« Seine Augen suchten ihr Gesicht nach Informationen ab. Sie blieb starr, machte sich glatt, und sein Blick rutschte an ihren Zügen ab.
    »Hákon, wir sollten verschwinden - der Brand breitet
sich immer weiter aus«, unterbrach ein junger Kämpfer mit heftigem

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