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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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ihr dieses Märchen von der Geschäftsführersuche erzählt? Es wäre nicht nötig gewesen, wenn er nicht doch etwas zu verbergen hatte.
    Nein. Es war richtig. Sie hatte sich entschieden.
    Lukas setzte sich und begann, sein Müsli zu essen.
    »Lass uns heute ans Meer fahren«, schlug er vor. »Wir gehen am Strand spazieren, schwimmen ein bisschen und dann entführe ich dich in ein wunderbares Fischrestaurant. Was hältst du davon?«
    »Das wäre schön«, sagte sie zaghaft.
    »Ach«, rief er und sprang auf, »jetzt hätte ich es beinah schon wieder vergessen. Ich habe ein Geschenk für dich!«
    Er gab ihr das kleine, samtene Kästchen. »Mach es auf.«
    Magda öffnete es. Der Aquamarin funkelte im Sonnenlicht.
    »Das ist ja ein Traum«, flüsterte sie. »Wunderschön.«

    Lukas grinste zufrieden. »Ich hatte gehofft, dass es dir gefällt.«
    Er aß wieder einige Löffel seines Müslis. Magda schenkte ihm Tee ein.
    »Wir können uns auch ein Hotel nehmen und zwei, drei Tage am Meer bleiben, wenn du willst?«
    »Lieber nicht«, meinte sie zögernd, »ich weiß nicht genau, wann Thorben kommt, und es wäre ja schrecklich, wenn wir dann nicht hier wären.«
    Lukas zuckte zusammen. Aber er hatte keine Zeit mehr, darauf zu reagieren, denn ihm wurde übel. Furchtbar schlecht, und er merkte, dass ihm sein Körper kaum noch gehorchte und seine Gedanken davonschwammen.
    So war das also mit Johannes, dachte er noch, und ich auch …
    Dann fiel er nach vorn und kippte vom Stuhl.
    Magda kniete sich neben ihn. »Schatz«, flüsterte sie, »es ist gar nicht schlimm, es wird auch nicht wehtun, ich helfe dir.«
    Sie zog seine Lider hoch. Er war bereits bewusstlos.
    Magda betrachtete ihn eine Weile, streichelte seine Wange und ging dann zur Küchenschublade, in der die Spritze lag.
    Sie musste den Gürtel und den Reißverschluss öffnen, um die Hose bis zu den Knien herunterziehen zu können. Dann injizierte sie ihm das Succinylcholin in den Oberschenkel.
    Magda nahm seine Hand und streichelte sie. »Mach’s gut«, flüsterte sie, »wo immer du jetzt auch hingehst. Wir hatten eine schöne Zeit, und ich werde dich nie vergessen. Schade um dich, schade um uns, Johannes. Schade, dass du Carolina kennengelernt hast, wir hätten sonst bestimmt
noch viele gute Jahre gehabt. Mein Freund, mein Liebster, schlaf gut. Schlaf für immer.« Sie küsste ihn aufs Haar und fühlte seinen Puls. Noch schlug sein Herz.
    »Nur noch einen Moment, nicht mehr lange, dann fliegt deine Seele davon, Hannes. Es tut mir so leid, dass ich es tun musste. Aber ich hätte dir nie wieder vertrauen können. Und ich wollte dich auch keiner anderen überlassen. Es gab nur diesen einen Weg. Ciao, mein Liebster.«
    Lukas’ Kopf kippte plötzlich zur Seite, sie sah, wie seine Halsschlagader noch einmal heftig pulsierte, und dann setzte sein Atem aus.
    Magda spürte keinen Puls mehr. Lukas war tot.
    Wenig später ging sie in den Garten und begann, ein Grab auszuheben. In der ersten halben Stunde arbeitete sie zügig und schaffte eine Menge, dann ließen ihre Kräfte nach. Sie hatte es sich nicht so schwer vorgestellt, ein Loch zu buddeln. Aber die Erde auf La Roccia war steinig, sie hatte die Arbeit unterschätzt.
    Nach zwei Stunden war sie am Ende ihrer Kräfte und musste eine lange Pause einlegen.
    Eine Stunde später machte sie weiter. Sie grub und grub. Kämpfte. Scheuerte sich Blasen, riss sich die Hände auf. Der Schweiß lief ihr über die Stirn, die Haare klebten im Nacken. Sie aß ein paar Bissen und grub weiter. Als ihr das Grab tief genug erschien, schlief sie zwei Stunden.
    Anschließend begann sie die Leiche einzupacken. Bevor sie den Müllsack über Lukas’ Kopf stülpte, küsste sie ihn. »Ich habe dich so sehr geliebt, Johannes«, flüsterte sie. »Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder. In einem anderen Leben.«
    Sie verschnürte die Leiche im Müllsack mit Klebeband. Wie ein Paket.

    Nach Sonnenuntergang begann sie, die Leiche aus der Küche bis zu ihrem Grab zu ziehen. Es wurde schnell dunkel. Sie zog sie auf einer Wolldecke, aber es war eine Tortur. Der leblose Körper war einfach zu schwer.
    Erst lange nach Mitternacht hatte sie es geschafft. Sie rollte die Leiche in das vorbereitete Grab, schaufelte Erde darüber, pflanzte das Olivenbäumchen und harkte die Stelle glatt.
    Danach setzte sie sich an den großen Holztisch vor dem Haus und trank ein Glas Wein. Ihr Mann war tot. Sie hatte ihn getötet und begraben.
    Und sie sang ein leises Lied in

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