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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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es nicht mehr aus, ging zu ihr und legte den Arm um sie.
    Sie ließ es zu, rührte sich nicht und entzog sich ihm auch nicht. Er hielt sie fest, verstärkte leicht den Druck, um ihr zu signalisieren, ich bin da, ich bin an deiner Seite, was auch geschieht.
    Dann wagte er es. Zog sie sanft zu sich heran, um sie zu küssen. Aber sie drehte sich weg.
    »Nein«, sagte sie, »bitte nicht. Ich werde ihn nicht betrügen, Lukas. Niemals.«
    Damit ließ sie ihn stehen und ging wieder ins Haus.
    Lukas schämte sich dafür, aber er wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als dass sein Bruder niemals zurückkehren möge.

28
    Magda erwachte um zehn nach sieben mit Kopfschmerzen. Als sie versuchte, sich auf den Rücken zu drehen, um sich zu entspannen, spürte sie, dass der gesamte Nacken-Schulter-Bereich vollkommen verspannt und vermutlich die Ursache der Kopfschmerzen war. Sie stand auf, ging unter die Dusche, aber es wurde nur unwesentlich besser. Mit Mühe trocknete sie sich ab und bekam anschließend kaum die Arme hoch, um sich das T-Shirt über den Kopf zu ziehen.
    Als sie einen Kaffee getrunken hatte, war ihr Kopf klarer, aber sie konnte nur unter Schmerzen den Hals bewegen.
    »Ich fahre nach Rapolano in die Therme«, sagte sie zu Lukas. »Da werde ich im warmen Wasser schwimmen und mich massieren lassen. Was ist? Hast du Lust mitzukommen?«
    Lukas winkte ab. »Oh nein, bitte nicht. Bäder, Sauna …, das ist alles nichts für mich.«
    »Auch keine Massagen?«
    »Auch nicht. Dieser ganze Wellness-Fitness-Kram kann mir gestohlen bleiben. Ich glaube, ich nutze eher die Zeit und mähe den Rasen.«
    »Tu das«, erwiderte Magda. »Aber weißt du, was mir
noch viel mehr auf den Nägeln brennt? Nimm mir jetzt bitte nicht übel, dass ich das sage, aber das Magazin geht mir auf die Nerven. Da kommt man kaum noch durch. Könntest du da ein bisschen aufräumen?«
    »Okay«, meinte Lukas, »kein Problem. Mach ich gerne. Vielleicht baue ich dir auch noch für die Ecke zwischen Waschbecken und Werkbank ein kleines Regal. Die Lücke stört dich doch, oder?«
    »Du bist ein Schatz. Danke.«
    »Wie lange bleibst du weg?«
    »Bis heute Abend. Ich schätze, dass ich um sieben wieder hier bin.«
    Lukas nahm sie zum Abschied kurz in den Arm, dann stieg Magda ins Auto und fuhr davon.
     
    Einen ganzen Tag allein auf La Roccia. Neun Stunden ohne Magda. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, und er fürchtete sich vor der Leere. Ohne sie bedeutete ihm nichts etwas. Das Haus, der Blick, das Grundstück - alles war ihm gleichgültig, als wäre nur sie in der Lage, diesem Fleckchen Erde eine Seele einzuhauchen.
    Unschlüssig schlenderte er über das Grundstück. Die Luft erschien ihm milchig trüb, die Pflanzen ohne Farbe und Kraft, das Haus hart und kalt. Nichts hat einen Sinn ohne sie - das wurde ihm jetzt zum ersten Mal ganz deutlich bewusst. Es waren diese Kleinigkeiten: die Gewissheit, dass sie morgens am Frühstückstisch und abends auf der Terrasse sitzen würde. Mit ihrer Ruhe und diesem Lächeln, das einzigartig war.
    Er betrat das Magazin mit seiner Kühle, seiner Dunkelheit und empfand das Chaos um ihn herum beinah als angenehm. Aber es war ein Chaos, das Johannes verursacht
hatte, und er wusste, dass ihm das Aufräumen schwerfallen würde. Daher nahm er zuerst Maß für den kleinen Zwischenschrank und stieg dann in das Auto seines Bruders, um nach Arezzo zum Baumarkt zu fahren. Dort konnte er zugeschnittenes Holz, die passenden Schrauben, Scharniere und all das kaufen, was er brauchte, um ihr eine Freude zu machen.
     
    Massimo arbeitete seit vier Tagen zusammen mit seinem Cousin im Olivenhain, um das Gras zwischen den Bäumen zu schneiden und die Oliven mit Kupfersulfat zu spritzen, eine ökologisch unbedenkliche Vorbeugung gegen Schädlinge, die die Pflanzen allerdings blau färbte.
    Aber gestern Abend hatte sein Cousin angerufen. Er war von der Leiter gefallen, hatte sich das Sprunggelenk verstaucht und brauchte einige Tage Ruhe.
    »Ich fahre heute nach La Roccia und kümmere mich um den Garten«, sagte Massimo zu Monica zwischen Tür und Angel, »versprochen ist versprochen, und der Zeitpunkt ist günstig. Ich kann das ja nicht ewig aufschieben, wenn die beiden noch irgendetwas von ihrem Garten haben wollen.«
    »Magda. Nicht die beiden. Meines Wissens ist Johannes noch nicht wieder da.«
    »Wie auch immer«, grunzte Massimo. »Spätestens heute Abend bin ich wieder zurück.«
    Als er den Wagen startete und vom Grundstück

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