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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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dass sie ins Bett ging, wenn die Küche nicht tadellos aufgeräumt war. Danach stand sie in der Tür, band sich die Schürze ab und lächelte. Er ging zu ihr und nahm sie in den Arm.
    »Noch einen Absacker?«, fragte sie.
    »Nein. Komm, lass uns gleich ins Bett gehen.« Er nahm ihre Hand und zog sie ins Schlafzimmer.

    Magda war zart und anschmiegsam. Er kannte jeden Zentimeter, jede Mulde, jedes Härchen an ihrem Körper, atmete ihren vertrauten Duft und fühlte sich ihr ganz nah. Er liebte seine Frau und dachte dabei an Carolina. Er begriff, dass er sie damit in diesem Augenblick zum ersten Mal betrog.
     
    Noch fünf Tage bis Mittwoch. Eine schier unendlich lange Zeit.
    Es war ihm klar, dass er sich wie ein Pennäler benahm, es war ihm auch bewusst, dass er sich höchstwahrscheinlich lächerlich machte, aber er wollte sie sehen. Im Internet fand er mehrere Harley-Händler in Berlin, er fuhr zum erstbesten in der City, der ihm am größten erschien, und beschloss, sich nicht zu erkennen zu geben. Sich ganz im Hintergrund zu halten, sie nur zu beobachten. Denn sie hatte ihn in der Klinik sicher noch nicht bewusst wahrgenommen.
    Sie fiel kaum auf zwischen all den wuchtigen Maschinen. Einzig und allein ihr rotes Haar leuchtete in der großen Verkaufshalle. Sie saß auf einer Road King Classic-Harley und erklärte einem Mittfünfziger die Besonderheiten dieses Motorrads. Dann stieg sie ab und wies auf die lederbezogenen Koffer, die verchromten Scheinwerfer und die Weißwandreifen hin. Der Kunde war wie hypnotisiert, ab und zu wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Die Gier nach diesem Motorrad war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Carolina trug eine enge schwarze Hose, dazu passend eine schwarze Lederweste und eine weiße Bluse. Nur wenn der Ärmel der Bluse etwas hochrutschte, sah er, dass ihr Arm noch verbunden war. Er kam langsam näher. Sie beachtete ihn nicht.

    »Dieses Modell will mit seiner klassischen Form nicht mit modernem Design mithalten oder konkurrieren, es ist zeitlos konstant und ideal für lange Touren.«
    Der Kunde schnaufte und fuhr zärtlich mit der Hand über den Sitz.
    »Wie viel wiegt die Maschine?«
    »Dreihundertfünfundsiebzig Kilo.«
    »Oh!«
    »Dafür hat sie ein weiches, ruhiges Fahrverhalten und liegt auf der Straße wie ein Brett. Sie werden keine Probleme haben, sondern den Komfort genießen. Sie hat übrigens ein Sechsganggetriebe und fährt sich einfach fabelhaft.«
    »Sind Sie die Maschine schon gefahren?«
    »Natürlich.«
    »Können wir zusammen eine Probefahrt machen?«
    »Selbstverständlich.«
    Johannes zuckte innerlich zusammen. Diese Maschine war wesentlich schwerer als die, mit der Carolina verunglückt war. Er hatte Lust, zu ihr zu gehen, sie an der Hand zu nehmen, aus dem Geschäft zu ziehen und zu sagen: Komm, lass uns irgendwohin abhauen. In den Wald, in ein Restaurant, oder auch in ein Hotel.
    Er tat genau das, was er eigentlich nicht tun wollte, ging direkt auf sie zu und unterbrach ihr Verkaufsgespräch. »Hallo, Carolina«, sagte er leise.
    Überrascht riss sie die Augen weit auf. »Hallo.« Es war deutlich, dass sie nicht wusste, mit wem sie sprach.
    »Ich war gerade in der Nähe, und es hat mich interessiert zu sehen, wo Sie arbeiten.« Er reichte ihr die Hand. »Ich bin Johannes.«
    Ein Strahlen ging über Carolinas Gesicht, und Johannes
hatte schlagartig nicht mehr das Gefühl, mit seinem Kommen etwas Albernes oder Peinliches getan zu haben.
    Carolina drückte dem Kunden einen Prospekt in die Hand. »Bitte entschuldigen Sie mich, ich bin sofort wieder bei Ihnen. Bis dahin können Sie sich in diesem Prospekt ja noch über weitere Extras informieren. Was Sie auch wünschen, es ist grundsätzlich alles möglich!«
    »Wie schön, dass Sie da sind«, sagte sie und gab Johannes die Hand.
    Er folgte ihr langsam durch die Halle und sah, dass sie leicht hinkte. Er ertappte sich dabei, dass er es erotisch fand.
    »Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte Carolina.
    »Nein danke«, sagte er schnell, obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als einen Kaffee mit ihr zu trinken. »Ich habe gerade einen getrunken.«
    Warum sage ich genau das, was ich gar nicht sagen will?, dachte er und war wütend auf sich selbst.
    »Tja«, meinte sie, blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften, »das ist ja nun dumm, aber ich habe noch drei Stunden zu tun. Und muss auch noch eine Probefahrt machen. So etwas zieht sich manchmal.«
    »Mit dieser schweren Maschine?«
    »Ich fahre

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