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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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Himmel sie erhört und sie ihn endlich gefunden hatte.
    »Johannes!«, brüllte sie, so laut sie konnte. »Johannes!«
    Aber er stand da, sah in die entgegengesetzte Richtung und hörte sie nicht.
    Auf den letzten Metern kam sie leicht durch die Leute hindurch, da sie nicht so eng aneinandergedrängt standen.
    Sie stürzte auf ihn zu, fiel ihm um den Hals, bedeckte sein Gesicht mit Küssen, lachte und weinte zugleich.
    »Da bist du ja! Endlich, endlich habe ich dich gefunden! Johannes, mein Liebster, mein allerliebster Schatz!«
    Sie warf den Kopf in den Nacken, schrie vor Glück, umarmte ihn erneut, weinte und küsste ihn, lachte dabei, sie konnte gar nicht mehr damit aufhören, beruhigte sich nicht, ihre Gefühle explodierten geradezu.
    Die Menschen um sie herum wurden aufmerksam, lächelten und beobachteten die beiden.
    Lukas wusste nicht, wie ihm geschah. Aber er hielt sie ganz fest, trocknete ihre Tränen und spürte, wie er am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam.

ZWEITER TEIL

41
    La Roccia wirkte friedlich und unberührt, als sie am nächsten Nachmittag mit Magdas Wagen, den sie am Bahnhof abgestellt hatten, zurückkamen.
    Magda machte als Erstes einen Rundgang ums Haus und durch den Garten, aber es war alles in Ordnung und so, wie sie es zurückgelassen hatte. Dann schloss sie die Haustür auf.
    Im Haus war es angenehm kühl.
    Die Visitenkarte sah sie sofort. »Oh«, sagte sie, »nun guck mal einer an. Dieser Stefano Topo ist also wirklich hier gewesen. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Na, vielleicht rufe ich ihn ja mal an.«
    Magda stellte ihre Tasche ab, ging zur Spüle, goss sich ein Glas Wasser ein und trank langsam. Das ist es, dachte sie, das ist das, was ich liebe und was ich brauche: heimkehren in dieses Haus.
    Gegen Abend fuhr sie zum Einkaufen nach Arezzo und kam mit Pilzen, frischem Majoran und einem Rinderfilet wieder, eine Seltenheit in Italien. Eigentlich eine Banalität, aber Magda war regelrecht euphorisch und freute sich über ihre Beute wie ein Kind über ein unerwartetes Weihnachtsgeschenk.
    Mit den Essensvorbereitungen gab sie sich außergewöhnlich
viel Mühe. Sie deckte den Tisch im Hof sorgfältig, legte sogar Servietten dazu, was sie normalerweise nicht tat, stellte Windlichter auf den Tisch und dekorierte mit Rosmarinzweigen und Eichenblättern.
    Als Lukas frisch geduscht in den Hof kam, sah er, wie sie gerade die Lautsprecher der Stereoanlage so in die Fenster stellte, dass die Musik draußen optimal zu hören war.
    »Was ist los?«, fragte er und küsste sie aufs Haar. »Kriegen wir Besuch oder hast du Geburtstag?«
    Sie lächelte. »Nein. Nichts von alledem. Ich möchte einfach nur das Leben genießen. Lass uns heute Nacht feiern. Dass wir gesund und am Leben und überhaupt in der Lage sind, einen Abend zu genießen.«
    Als sie aßen, legte sie »Azzurro« von Adriano Celentano auf. »Für dich«, sagte sie. »Du magst dieses Lied doch so.«
    Lukas zwang sich zu einem Lächeln.
    Das Essen war fantastisch. Rucola mit Kirschtomaten, Mandelsplittern und kurz gebratenem Thunfisch als Vorspeise, dann Filetspitzen mit Champignons in Sahnesauce, dazu Rosmarinkartoffeln und als Nachspeise Crème brulée, die ihr hervorragend gelungen war. Kross und knusprig.
    Lukas hatte noch nicht ganz aufgegessen, da nahm sie ihn schon an der Hand und zog ihn mit ins Schlafzimmer. »Komm«, sagte sie, »die Zeit ist zu kostbar, ich will keine Sekunde mit dir verlieren.«
    Und wie schon in der vergangenen Nacht in Rom war Magda so leidenschaftlich, wie Lukas es sich niemals vorgestellt hatte. Im Grunde war er am Ziel seiner Träume, falls es ihm gelang zu überhören, dass sie ihm »Johannes, ich liebe dich« ins Ohr flüsterte.
    »Die Zeit in Rom hat dich verändert«, meinte sie in dieser
Nacht. »Du fühlst dich ganz anders an als vorher, aber ich finde es aufregend.«
    Und Lukas beschloss, die so plötzlich entflammte Liebesbeziehung zu Magda zu genießen und sich keine Gedanken darüber zu machen, dass sie ihn im Kopf offensichtlich mit seinem Bruder verwechselte. Irgendwann würde sich das auch wieder geben. Es war eben ihre Art, über den Verlust ihres Mannes hinwegzukommen. Und schließlich war es egal, wie sie ihn nannte.

42
    Topo ging davon aus, dass Magda wie die meisten Menschen in Ambra dienstags auf den Markt und zum Bäcker ging. Vielleicht auch noch zur Post und in die Apotheke. Und wer auf den Markt kam, trank in der Bar della Piazza auch einen Espresso.
    Die Bar hatte einen

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