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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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hinzudeuten, dass er über ihre Worte nachdachte. »Meinst du wirklich?«
    Zoe wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, aber sie wollte versuchen, Josh zu helfen. Eine Barriere schob sich zur Seite. Weitere würden folgen, doch fürs Erste genügte das.
    Sie fingen an, über dieses und jenes zu reden. Josh erzählte vom Gefängnisalltag, als würde er sich in einem Jugendcamp befinden. Allerdings stockte er immer wieder zwischendurch, was bei Zoe den Eindruck erweckte, als wäre doch nicht alles so locker, wie er es darzustellen versuchte. Überzeugend klangen seine Schilderungen nicht, aber zumindest beruhigend. Irgendwann machten sie sogar Scherze über längst vergangene Begebenheiten, die immer wieder Garant für einen gemeinsamen Lachanfall waren. Es funktionierte tatsächlich und hinterließ ein befreiendes Gefühl. Mittlerweile sah Josh Zoe wieder offen in die Augen. Auch der streng dreinblickende Beamte neben Leon musste für einen Witz herhalten, den sie spontan erfanden. Leon beobachtete sie mit erhobenen Augenbrauen und einem Schmunzeln auf den Lippen. Nach einer Weile schwiegen sie in gegenseitigem Einvernehmen.
    »Da war eine Frau«, sagte Josh plötzlich.
    »Wo?« Ihn über den Mordtag sprechen zu hören, kam so unerwartet, dass Zoe sich erst klarmachen musste, dass Josh die Worte geäußert hatte.
    »Auf der Plattform, an dem Tag …«
    Er brach ab, kaute auf der Innenseite seiner Wange herum. Leon ließ den Beamten mitten im Gespräch stehen und trat an den Tisch. Zoe unterdrückte den Impuls, ihn mit einer Geste aufzuhalten, weil sie glaubte, Josh würde sich sonst sofort wieder verschließen. Stattdessen hielt sie für einen Moment den Atem an und hoffte, das Eis wäre gebrochen.
    Josh zauderte einen Augenblick, warf einen unsicheren Blick zum Wärter und beschloss dann aber, Leons Anwesenheit hinzunehmen.
    »Ich hockte hinter dem Gebüsch und beobachtete den Bastard … äh, ich meine Boris und seine Kumpel.« Er blinzelte von Zoe zu Leon. »Ich wollte schon wieder abhauen, da hörte ich, wie einer der Typen ganz aufgeregt rief, da würde jemand kommen.«
    »Kannst du die Frau beschreiben?«, fragte Zoe vorsichtig.
    »Nee, ich sah sie nur von weitem, unten am Weg. Ich hab halt Schiss bekommen und wollte so schnell wie möglich da weg.« Er wich ihrem Blick aus.
    »Warum hattest du Angst?« Leon zog sich einen Stuhl heran und setzte sich mit der Lehne nach vorn hin.
    »Weil die Dope geraucht haben. Voll lustig, als die ach so coolen Gangsta plötzlich ihre Kippen aus dem Auto geworfen haben.« Josh gönnte sich ein schadenfrohes Grinsen. Kurz darauf spannte seine Miene sich erneut an. »Ich dachte, die werden jetzt von einer Lehrerin oder so erwischt.«
    Zoe nickte Josh aufmunternd zu, überließ aber bereitwillig Leon das Gespräch.
    »Wie kommst du auf eine Lehrerin?«, wollte Leon wissen.
    »Keine Ahnung. Ich konnte nur ein Blumenkleid erkennen. So ’n Teil, wie ältere Frauen es tragen.«
    Der ziemlich vage Begriff umfasste quasi jedes Alter jenseits der dreißig.
    Überrascht starrte Zoe ihn an. »Wieso hast du der Polizei das nicht erzählt?«
    »Weil ich nur zufällig dort war, nachdem ich durch den Wald gestreift bin. Ich hörte Gelächter und Gerede, was mich neugierig gemacht hat. Mehr nicht. Mir hätte doch niemand geglaubt, dass ich nicht absichtlich auf der Plattform war! Überall, wo Boris mit seinen Kumpels rumhing, konnte man mit Ärger rechnen. Damit wollte ich nichts zu tun haben. Und als ich dann später hörte, dass sie tot sind … da habe ich mich erst recht nicht mehr getraut, was zu sagen.« Josh fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.
    »Hast du dort Fotos gemacht?«
    Leons Frage ließ Zoe unvermittelt erstarren. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Wieso sprach er jetzt dieses Thema an? Verdammt! Ausgerechnet nachdem sie und Josh sich geeinigt hatten, die Sache langsam anzugehen! Auch Josh zuckte kaum merklich zusammen, schien aber nicht die Fassung zu verlieren. Stattdessen richtete er sich in seinem Stuhl auf und blinzelte irritiert.
    »Was?«
    »Hattest du deine Kamera an dem Tag dabei?«, formulierte Leon mit fester Stimme.
    Scheinbar gleichzeitig verstanden sie Leons Frage. Josh entspannte sich, behielt Leon aber im Blick. Zoe hatte den Eindruck, dass es ihm peinlich war, sie anzuschauen, weil sie über sein Hobby sprachen. Schließlich war sie demselben Missverständnis erlegen gewesen.
    Ungerührt wartete Leon, während Josh nachdachte.
    »Ja«, kam

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