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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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Plötzlich spürte er einen heftigen Druck auf der Brust und kriegte kaum noch Luft, dann beugte er sich vornüber und erbrach sich auf den Boden. Sofort ging es ihm besser. Sogar das Brummen in seinem Schädel ließ etwas nach.
    »Ich fahr dich nach Hause«, sagte er, während er sich den Mund mit dem Saum seines Hemds abwischte, aber natürlich konnte er in seinem Zustand nicht fahren. »Ich helf dir beim Anziehen«, sagte er und half ihr. Sie machte gar nichts, lag nur da, ließ sich von ihm bewegen. Die Klamotten saßen nicht besonders gut, denn sie waren zerfetzt. »Wir können morgen zur Bank gehen«, sagte er. »Wie viel? Bitte, sag mir, wie viel du willst.«
    Doch sie reagierte immer noch nicht, und er brauchte einen weiteren Drink. Das würde ihm beim Nachdenken helfen. Also ging er raus ins Wohnzimmer, vorbei an den Haarbüscheln im Flur, die er ihr ausgerissen hatte, als er sie ins Schlafzimmer gezerrt und gestoßen hatte. Er lehnte sich gegen den Esstisch und kippte einen Whiskey hinunter, und dann trank er langsam noch einen. Seine Hände zitterten, und ihre Innenseiten waren voller Blutflecken. Das Whiskeyglas stieß immer wieder gegen seine Zähne.
    Er weiß bis heute nicht, womit sie auf ihn eingeschlagen hat. Eben lehnte er noch am Tisch, und im nächsten Moment schoss der Wohnzimmerboden auf ihn zu. Er fiel aufs Gesicht, und als er wieder zu sich kam, hockte er mit ausgestreckten Gliedmaßen da, die Füße an die Sofabeine, und die Arme über dem Kopf an den Fernsehschrank gefesselt. In seinem Mund steckte ein Gegenstand. Und er konnte nur verschwommen sehen.
    »Willst du wissen, wie sich das angefühlt hat?«, fragte sie. »Willst du wissen, was ich gerade durchgemacht habe?«
    Ihre Stimme war ruhig. Keines der Wörter klang forciert. Eher so, als würde sie ihn um einen Drink bitten.
    Er konnte nicht antworten. Sie hob ihre Hand, in der sie eine Zange hielt. Es war eine seiner Zangen. Sie musste sie aus der Garage geholt haben, und er hat sie seitdem nicht wieder gesehen. Sie sagte kein Wort mehr. Sie hielt nur stumm die Zange an seinen Hoden und drückte zu. Ohne zu zögern. Er hörte, wie etwas platzte. Spürte wie jede Nervenfaser seines Körpers von einem glühenden Schmerz durchzuckt wurde. Er schrie in den Knebel, bis er das Bewusstsein verlor, und als er wieder aufwachte, lag er ungefesselt auf dem Teppich, alleine und blutend. Er fuhr zum Krankenhaus. Und wartete anschließend darauf, dass die Polizei bei ihm aufkreuzte, doch das tat sie nicht.
    Es verging ein Monat. Und die Studentin wurde als vermisst gemeldet. Niemand wusste, wo sie war. Aber er wusste, dass er der Grund für ihr Verschwinden war. Er vermutete, sie hätte sich irgendwo das Leben genommen. Ein Teil von ihm fühlte sich schuldig, ein anderer Teil war erleichtert, und der Teil, der seinen Hoden verloren hatte, war wütend, dass er nicht die Gelegenheit bekommen hatte, sie eigenhändig zu töten. Im ersten Jahr dachte er ständig an sie. Dann wurde es weniger. Zwei Jahre nach dem Vorfall hasste er sie noch immer, doch die Wut hatte nachgelassen, und er musste nicht mehr ständig an sie denken. Drei Jahre danach dachte er kaum noch an sie, aber dann erschienen letztes Jahr diese Berichte über sie in der Zeitung. Sie hieß Melissa. Sie schaffte es auf die Titelseite, und er war sich sicher, dass sie es war. Natürlich sah sie anders aus, in drei Jahren kann sich eine Person äußerlich stark verändern, wenn sie will, aber sie war es, und sie tat schreckliche Dinge. Er wusste nur nicht, was die psychische Ursache dafür war. Es musste mehr dahinterstecken als die Vergewaltigung. Und er wollte es herausfinden. Er musste es verstehen. Er wollte sie töten. Er war verantwortlich für das, was sie anderen Leuten antat. Das wusste er. Er hatte sie zu einem Monster gemacht. Gerne hätte er sich deswegen schuldig gefühlt, doch das tat er nicht.
    Es war ein Unfall gewesen. Daran war seine Frau schuld. Wenn sie ihn nicht betrogen hätte, wäre das alles nicht passiert.
    Er wollte das Mädchen aufspüren, doch das war nicht möglich. Er war kein Ermittler. Als er ihr Bild in den Zeitungen sah, kehrte die Wut zurück. Erneut musste er ständig an sie denken. Er hatte seit drei Jahren nichts mehr getrunken, doch jetzt fing er wieder an. Er wollte Rache. Er wollte den Abend mit ihr noch einmal durchleben, um es anders zu machen. Der Abend würde genau wie damals beginnen, aber mit seinen Händen an ihrer Kehle enden.
    Doch er konnte

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