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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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dichtgemacht und die Patienten entlassen.
    Die drei existierenden …
    Alle mit dem Wagen erreichbar!
    Ich schlage die Augen auf. Jede Faser meines Körpers strotzt plötzlich vor Energie. »Ich weiß, wo sie ist«, sage ich, und beinahe hätte ich Schroder gepackt und geschüttelt.
    »Was?«
    »Emma Green! Das wollte ich dir sagen. Ich weiß, wo sie steckt!«
    »Wo?«
    »Ich fahr mit dir hin«, sage ich und haste zu Schroders Wagen. In den letzten paar Minuten sind mehrere Übertragungs wagen hier aufgekreuzt. Erneut wird mir schlecht. »Wir müssen diese Aasgeier abschütteln«, sage ich und deute mit dem Kopf auf die Fahrzeuge.
    »Du bleibst hier, Tate. Los, was ist deine Vermutung.«
    Ich öffne die Beifahrertür und steige ein. »Fahren wir«, sage ich, ignoriere seine Worte einfach, »und fordere Verstärkung an. Die werden wir brauchen.«
    Kapitel 44
    Seine Mutter hat immer gesagt, nur Mädchen würden weinen, und wenn er in den Keller hinabsteige und mit Tränen im Gesicht wieder heraufkomme, sei er ein Mädchen. Er hat das nie geglaubt. Er dachte immer, er wäre ein Mädchen wegen der Sachen, die die beiden Pfleger manchmal mit ihm machten, wenn sie ihn ausgezogen hatten. Jetzt jedenfalls weint er. Ein gutes Stück von Tates Viertel entfernt ist er rechts rangefahren und presst die Hände fest gegen sein Bein, während ihm Tränen übers Gesicht laufen. Er weint nicht bloß vor Schmerz, sondern auch aus Enttäuschung. Nichts hat geklappt. Alles in seinem bescheuerten Leben muss er sich hart erkämpfen, und auch diesmal wird es nicht anders sein. Warum fallen ihm die Dinge nicht wie jedem anderen einfach zu?
    Warum können ihn die Menschen nicht einfach gernhaben?
    Seine Hände sind voller Blut. Im Wagen ist nichts, womit er die Wunde verbinden könnte, und seine Hose kann er nicht nehmen, dann wäre er fast nackt. Sein Bein juckt, ist aber zu empfindlich, um es zu kratzen. Er senkt den Kopf und starrt auf die rote Kerbe, Tränen tropfen auf das Blut. Und er stellt sich vor, er wäre wieder in seinem Zimmer in The Grove und ginge auf und ab, würde die Schritte zählen, und weil er die geraden den ungeraden Zahlen vorzieht, beginnt er mit dem linken Fuß und hört mit dem rechten auf. Dann denkt er an die Katzen und an die Jungs, die ihn vollgepinkelt und verprügelt haben, und malt sich aus, wie er sie beerdigt und wieder ausgräbt, ihr Leben beendet, so wie sie seines ruiniert haben.
    Die Tränen kommen jetzt langsamer, und der Druck in der Brust lässt nach. An seiner Nase hängen Rotzefäden, er wischt sie mit den Händen fort und denkt nicht an das Blut daran, bis er es im Gesicht spürt. Erneut fängt er an zu weinen. Das Leben ist nicht fair. Das war es nie. Und wird es niemals sein.
    Sein Bein tut weh, doch es blutet kaum noch. Seine Hose ist komplett durchnässt. Er kann nicht die ganze Nacht hier am Straßenrand stehen. Er wischt die Hände am Sitz neben sich ab, lässt den Motor an und fährt langsam weiter, aber nicht zu langsam, um keine Aufmerksamkeit zu erregen und nicht rausgewunken zu werden. In seinem Schuh hat sich eine Blutlache gebildet, und wenn er aufs Gaspedal tritt, gibt es ein schmatzendes Geräusch. Es hat ihn übel erwischt, aber so übel nun auch wieder nicht, sonst wäre er bewusstlos geworden oder verblutet. Er hat keine Ahnung, wie er die Wunde verarzten soll. Wenn er sich früher schlimm verletzt hat, haben die Schwestern oder seine Mutter ihn verbunden, aber seit er aus The Grove fort ist, hat er weder einen Arzt noch eine Schwester benötigt. Er braucht jetzt seine Mutter, wenigstens eine von ihnen, doch sie sind beide tot, und noch nie hat er ihren Verlust so sehr gespürt wie jetzt. Er ist ganz auf sich gestellt, ohne jemanden, der sich um ihn kümmert, er hat keine Mütter mehr und auch keine Großeltern, sein bester Freund hat ihn für eine Frau verlassen, die nicht mal echt ist, und die Bewohner in der offenen Einrichtung konnten ihn auch nicht leiden, so wie ihn neunundneunzig Prozent aller Menschen nicht leiden können.
    Cooper eingeschlossen.
    Anderen fällt es leicht, Freundschaften zu schließen, ihm nicht. Es wäre naiv zu glauben, dass Cooper tatsächlich sein Freund sein möchte. Auch wenn er wegen der Polizei richtiglag.
    Er fährt nach Hause, unsicher, ob Cooper ihm helfen wird. Verzweifelt versucht er sich eine Alternative zu überlegen. In jeder Kurve, beim Wechsel vom Gaspedal zur Bremse, hat er Schmerzen. Auf der Straße ist kaum was los. Hier in den

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