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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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in Sunnyview sein«, sage ich, doch keiner hört zu. Das bewaffnete Team kehrt durch die Zimmer wieder zurück, und einer der Männer durchsucht gerade den Raum, in dem ich mich mit Schroder aufhalte. Der telefoniert mit dem Handy, und ich rede mit mir selbst.
    Schroder schüttelt langsam den Kopf; ich ahne, was er mir gleich sagen wird, und habe ein schlechtes Gefühl dabei. Er lässt das Handy wieder in seine Tasche gleiten.
    »Behalt’s für dich«, sage ich.
    »Es war eine gute Idee, Tate, und alle waren dafür, aber das war das Team aus Sunnyview, dort ist auch niemand.«
    »Ausgeschlossen«, sage ich und schlage gegen die gepolsterte Wand einer der Zellen. »Das kann nicht sein. Sie müssen da sein. Sie müssen .«
    »Einiges deutet daraufhin, dass jemand da war«, sagt Schroder. »An der Tür hängen eine offensichtlich neue Kette sowie ein neues Schloss. Es wurde vor Kurzem aufgebrochen, auf der Eingangstreppe ist Erde, und in einer der Gummizellen liegen mehrere leere Wasserflaschen. Die Forensiker werden sich das mal anschauen, gut möglich, dass sie dort gefangen gehalten wurde. Aber es kann auch sein, dass ein Obdachloser dort Unterschlupf gefunden hat.«
    »Aber Emma ist noch irgendwo.«
    »Ich weiß. Leider nicht hier.«
    »Wo dann?«, frage ich und schlage erneut gegen die gepolsterte Wand, diesmal nicht so kräftig wie eben.
    »Keine Ahnung. Jedenfalls muss dort Platz für vier Personen sein.«
    »Warum für vier?«
    »Ich habe einen weiteren Anruf erhalten, während ich mit dem anderen Team telefoniert habe. Adrian hat eine weitere Person … gesammelt.«
    Ich traue meinen Ohren kaum. »Mein Gott«, sage ich, »machst du Witze? Wen?«
    »Er hat sich Cooper Rileys Mutter geschnappt.«
    Kapitel 46
    Der Verband sitzt zwar etwas eng, aber die Wunde tut jetzt weniger weh, und Adrian ist dankbar für ihre Hilfe. Er hat mit Mrs. Riley dasselbe getan wie mit ihrem Sohn, jetzt steckt sie ebenfalls im Kofferraum des Wagens. Cooper hätte bestimmt gewollt, dass er brutaler mit ihr umspringt, aber das würde Adrian unter keinen Umständen zulassen. Er musste nicht mal den Eletroschocker benutzen. Es hat gereicht, die Pistole auf sie zu richten und ihr den Lappen aufs Gesicht zu drücken. Mit ihren schätzungsweise hundert Jahren ist Coopers Mutter nicht mehr in der Lage, sich ernsthaft zur Wehr zu setzen, und das hat sie auch nicht getan, nicht als er ihr sagte, dass er sie zu ihrem Sohn bringen würde.
    Warum hat er nicht gleich an sie gedacht? Erst recht nach seinem Gespräch mit Cooper heute Morgen. Stattdessen stand er zwanzig Minuten am Straßenrand, bis ihm plötzlich ihr Name einfiel. Erwartungsgemäß standen bei seiner Ankunft diesmal keine Autos vor ihrem Haus. Er parkte in der Auffahrt und legte sich seine Worte zurecht, doch als er vor der Tür stand, brachte er alles durcheinander und nichts von dem, was er sagte, ergab irgendeinen Sinn. Stattdessen fing er an zu weinen, richtete die Waffe auf sie und stammelte, er würde sie tö ten, wenn sie ihm nicht helfe. Anschließend suchte er aus ihrem Kleiderschrank ein paar Sachen heraus und verfrachtete sie zu dem anderen Mädchen in den Kofferraum.
    Inzwischen hat die Polizei auf dem Gelände von The Grove bestimmt einige der Leichen ausgegraben. Er hat keine Ahnung, wie viele es insgesamt sind. Als er damals nach Grover Hills kam, existierte die Anstalt bereits seit über fünfzig Jahren, und es wäre durchaus möglich, dass in der Zeit davor zusammen mit den Krankenakten auch einige der Patienten verloren gegangen sind oder begraben wurden. Vielleicht gab es andere Pfleger, andere Zwillinge, die andere Patienten gequält und verscharrt haben. Vielleicht gibt es dort draußen hundert Gräber. Er hat zwar nie irgendwelche Geister gesehen, aber er glaubt auch nicht an so was, und wahrscheinlich hängt das zusammen: Man kann nur sehen, woran man auch glaubt. Er darf nicht vergessen, Cooper danach zu fragen. Falls es so etwas nämlich doch gibt, könnte es dann sein, dass die Geister der Zwillinge dort draußen Jagd auf die Geister der Patienten machen, die sie getötet haben, dass ihre Seelen jetzt die Seelen anderer quälen? Seit seinem ersten Aufenthalt unten im Schrei zimmer haben ihn die Zwillinge verfolgt, erst nachdem er sie umgebracht hat, lassen sie ihn in Ruhe. In den zwanzig Jahren, die er dort war, haben sie ihn siebenundachtzigmal in den Keller gebracht. Er hat keine Ahnung, wie oft pro Jahr das ist. Manchmal war er einmal im Monat dort unten.

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