Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
sie werden, einfach unvergessen.
Und unauffällig ziehst du dich zurück.
Du wechselst das Programm.
Schau nur, wie friedlich es hier ist. Ist friedlich das richtige Wort ?
Ist es die Erlösung, die der Tod mit sich bringt ?
Auflösung, Ende, nichts rührt sich mehr.
Komm näher.
Du solltest einen Blick riskieren, und du siehst, dass es draußen bereits dämmert. Wie schön, dass noch ein wenig Licht durch die Fenster hereinfällt. Überhaupt ist dir das die liebste Zeit, nicht wahr, wenn der Abend hereinbricht und die Sonne tief steht. Du kannst sogar den Baum vorm Fenster erkennen, sein gelbgefärbtes Laub, und da sind schon einige Äste kahl, und der Wind weht, du siehst, wie er durch die Blätter streicht.
Aber nun zurück, der Blick hinaus könnte dich melancholisch stimmen.
Widme dich lieber wieder deiner Aufgabe, bleib ruhig und unauffällig.
Du hältst dich eine Weile in der Küche auf, dann wechselst du in den Flur über, an der Schwelle zum Schlafzimmer hältst du kurz inne, ja, es ist der wichtigste Raum, und hier ist noch einiges zu tun, aber du hast Zeit, viel Zeit, also widmest du dich erst einmal dem Wohnzimmer, auch hier ist es noch einigermaßen hell, du kannst alles erkennen. Schon näherst du dich dem Sofa, und du musst daran denken, wie das Paar hier noch vor kurzem saß, nichtsahnend und unbeschwert, wie sie lachten, zusammen fernsahen, Wein tranken, ihre Gläser stießen klirrend aneinander, sie umarmten sich.
Und ja, einmal, du weißt es genau, einmal konnten sie es nicht abwarten, gingen nicht einmal hinüber zu ihrem Bett, sondern taten es gleich dort auf dem Sofa, ihre Kleidungsstücke flogen durch die Luft, und ihre nackten Leiber umschlangen sich. Sie waren völlig ungehemmt, und dir war, als täten sie es nur für dich.
Zu deiner Verachtung.
Nun bist du im Schlafzimmer, endlich.
Eine Unordnung ist das, du bist ein wenig schockiert, wie es hier aussieht, und doch, gib es zu, hältst du dich in diesem Raum am liebsten auf.
Die Matratze ist blutrot durchtränkt, was für ein Anblick.
Und das da, dort an der Wand ? Genau über dem Bett, ist es ein Gemälde ?
Die Umrisse eines Pyjamas ? Ja, dort prangte er einmal an der Wand, und auch das Nachthemd hat Spuren hinterlassen. Handelt es sich dabei um Blut ?
Ja, es ist Blut. Du schaust hinauf, und was du siehst, erfüllt dich mit Stolz.
Lange Zeit betrachtest du das Werk, versenkst dich darin, staunend und still, wie der letzte Besucher in einer überaus morbiden Galerie.
Aber Vorsicht, es wird dunkel, der Abend ist hereingebrochen.
Zeit zurückzukehren, Schlafenszeit.
Morgen ist auch noch ein Tag.
Und wieder bist du da. Doch diesmal an einem anderen Ort, bei einer anderen Frau.
Sie ist wichtig für dich, immens wichtig. Auf sie wirfst du einen besonderen Blick.
Du siehst, dass sie Angst hast. Du kannst es an ihren hastigen Schritten ablesen, an der Art, wie sie im Zimmer auf und ab geht. Mein Gott, sie ist fertig mit den Nerven, wenn du dich anstrengst, kannst du sogar die Schweißtropfen auf ihrer Haut erkennen.
Sie weiß nicht, was sie tun soll, sie wurde in die Enge getrieben.
Gut so.
Leider verschwindet sie jetzt aus deinem Blickfeld. Sie geht in Richtung Badezimmer. Du bleibst noch eine Weile im Zimmer, sie soll ja keinen Verdacht schöpfen.
Sie bleibt ziemlich lange weg. Du solltest vielleicht den Flur übernehmen. Ja, gut, der Flur taucht auf, die Deckenbeleuchtung, du machst nur deinen Job.
Und plötzlich ist sie wieder bei dir, sie hat sich hingesetzt, du bist jetzt ziemlich nah dran, du könntest jede einzelne Masche ihrer Strümpfe zählen, jede Faser ihrer Kleidung, sie merkt einfach nichts, ist das nicht schön ?
Sie sitzt da und hält eine Tasse in der Hand, Tee vermutlich, und dann steht sie auf, sie muss sich Bewegung verschaffen, sie ist nervös, wieder geht sie im Kreis, und jetzt streift sie die Schuhe ab und lässt sich aufs Sofa sinken, streckt sich aus.
Weint sie ?
Ja, sie weint.
Atmet schwer, ihr Brustkorb hebt und senkt sich.
Du bist bei ihr, ganz nah.
Sie ist in die Enge getrieben, sucht verzweifelt nach einem Ausweg, du kannst förmlich spüren, wie es in ihr arbeitet.
Sie ist am Ende ihrer Kräfte.
Zeit, sie ein bisschen allein zu lassen, den Rückzug anzutreten.
Hinaus aus dem Zimmer, zurück in den Flur.
Du hältst dich eine Weile auf Abstand. Erst dann näherst du dich dem Schlafzimmer.
Da ist ihr Bett. Da steht der Schreibtisch. Und über dem Schreibtisch hängt dieses
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