Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
Portrait.
Schau nur.
Du hebst den Blick zu der Person auf dem Bild. Sie hat diesem Menschen ein Denkmal gesetzt. Was für eine Ironie. Wenn es in deinem Programm vorgesehen wäre, müsstest du lachen.
Aber Gelächter kommt in deiner Matrix nicht vor.
Vierundzwanzig
Trojan fuhr nach Halensee, parkte den Wagen, stieg aus und ging auf den Henriettenplatz zu. Die tief stehende Sonne warf lange Schatten. Sein Herz hämmerte, als er sich der Telefonzelle näherte, er konnte sich nicht erklären, warum. Ihm brach der Schweiß aus, was war nur los mit ihm ? Hatte er zu wenig gegessen ?
Es war eines dieser Telefone, die an einer Säule befestigt waren, im Zeitalter der Handys verschwanden die althergebrachten Zellen allmählich. An der Rückwand waren die üblichen Kritzeleien zu lesen neben einigen angehefteten Visitenkarten von Puffs und Go-go-Bars.
Er nahm den Hörer ab. Wenn es tatsächlich Theresa Landsberg gewesen war, die hier den Notruf abgesetzt hatte – was trieb sie in diese Gegend ? Die Wohnung von Hilmar und ihr lag nicht allzu weit entfernt, in der Mordnacht aber war sie nicht daheim gewesen. Sollte sie sich etwa in der Nähe eine zweite Wohnung angemietet haben ?
Der Verkehr vom K u ’damm brauste hin zum Rathenauplatz, von dort aus weiter zur Stadtautobahn. Der Lärm war ohrenbetäubend, und Trojan verspürte verstärkt diese Beklemmung und Unruhe, sein Mund wurde trocken, eine unerklärliche Panik legte sich um seinen Hals und drückte ihn zu. Er hatte Mühe zu atmen, taumelte, ließ den Hörer fallen und wankte von der Telefonzelle hin zu einer Bank, um sich zu setzen.
Wie sollte er seinen Beruf weiter ausüben, wenn sich diese Attacken häuften ? Warum gab es kein Mittel dagegen ?
Der Druck auf seiner Brust – deutete er auf einen Infarkt hin ?
Nein, kein Infarkt, wenn er bloß im Entferntesten daran dachte, steigerte sich seine Angst ins Unermessliche.
Trojan versuchte, sich auf seinen Atem zu konzentrieren, er strömte ein, und er strömte aus, ruhig, ganz ruhig.
Nach und nach bekam er sich wieder in den Griff.
Woher kam nur diese Panik ? Was wollte sie ihm sagen ? Hatte er vielleicht etwas Wichtiges übersehen ? Oder sich einem wesentlichen Punkt genähert ?
War der Täter oder die Täterin womöglich ganz in der Nähe ?
Schon Samstagfrüh, am Tatort in der Lausitzer Straße, hatte ihn doch ein solcher Anfall heimgesucht. Und kurz darauf war ihm diese Frau entwischt, die er für Theresa Landsberg hielt.
Abrupt stand er auf. Linker Hand befand sich ein Spätverkauf. 24 Stunden geöffnet , versprach ein Schild.
Trojan ging hinein, nahm sich eine Cola aus dem Kühlregal und bezahlte. Er leerte die Flasche in wenigen Zügen und tauschte sie sogleich gegen das Pfandgeld. Daraufhin zog er das Foto von Theresa Landsberg aus der Jackentasche und zeigte es dem Mann hinter der Kasse.
»Kennen Sie diese Frau ?«
Der andere schüttelte den Kopf.
»Ganz sicher ?«
»Nie gesehen.«
»Sind Sie der Besitzer hier ?«
»Hmm.«
»Öfter im Laden ?«
»Zehn Stunden, sechsmal die Woche.«
Er sprach mit hartem Akzent, kam vermutlich aus Osteuropa. Eine speckige Lederweste spannte über seinem Bauch.
»Harter Job.«
»Kannst du laut sagen.«
Da entdeckte Trojan den Monitor hinter der Ladentheke, die Kasse, der Eingangsbereich und sogar ein Teil des Vorplatzes waren darauf zu erkennen. Sein Blick glitt hinauf zu der Kamera an der Wand. Er zückte seinen Dienstausweis.
»Ich ermittle in einer Mordserie. Könnte ich mal Ihre Überwachungsbilder sehen ?«
»Polizei ?« Er murmelte etwas in einer fremden Sprache, es klang nicht sehr freundlich.
»Bitte, es ist wichtig.«
»Ich will keinen Ärger haben.«
»Wie lange speichern Sie die Aufnahmen ?«
»Kommt ganz drauf an. Mal achtundvierzig Stunden, mal länger. Hab viel Gigabyte auf der Festplatte.«
»Samstagfrüh. Sehr früh. Gegen fünf. Schauen Sie bitte nach.«
»Muss das wirklich sein ?«
»Ich kann Sie auch vorladen, aber dann müssen Sie hier dichtmachen.«
Der Mann zog eine Grimasse.
Trojan trat zu ihm hinter den Tresen und beugte sich über den Computer. Widerwillig klickte der Ladenbesitzer auf einen Button, und schon wanderten die Bilder zurück, rechts oben waren Datum und Uhrzeit eingeblendet.
Und da erschien auch schon der Samstag, Trojan hatte Glück.
»Fünf Uhr siebenundvierzig«, sagte er aufgeregt. »Wer hat zu dieser Zeit hier gearbeitet ? Waren Sie das ?«
»Die Nachtschicht schaff ich nicht mehr, zu anstrengend.
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