Die Totgesagten
herausgefunden hatten. Nach der Rückkehr aus Nyköping war Patrik sofort ins Kommissariat gefahren, um in aller Ruhe die Besprechung vorzubereiten. Daher waren die Wände seines Zimmers mit Fotos und beschrifteten Zetteln bedeckt, überall hatte er Anmerkungen eingefügt und kreuz und quer Pfeile eingezeichnet. Auf den ersten Blick sah es verwirrend aus, aber bald würde er Ordnung ins Chaos bringen.
Als sich alle in Patriks Zimmer versammelt hatten, wurde es eng, aber er wollte die Materialien nirgendwo anders aufhängen. Martin kam als Erster und setzte sich ganz nach hinten, dann trafen der Reihe nach Annika, Gösta, Hanna und Mellberg ein. Schweigend betrachteten siedie Fotos und Zettel. Jeder versuchte, den roten Faden zu entdecken, der sie zum Mörder führen würde.
»Wie ihr wisst, waren Martin und ich am Wochenende in Lund und Nyköping. Beide Dienststellen hatten Kontakt mit uns aufgenommen, weil sie Fälle haben, in denen sich auffällige Parallelen zu den Morden an Marit Kaspersen und Rasmus Olsson finden. Das Mordopfer in Lund …« Er drehte sich um und heftete ein Blatt Papier an die Wand. »… hieß Börje Knudsen. Ein zweiundfünfzig Jahre alter Alkoholiker, der tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Leider hatte die Leiche so lange gelegen, dass sich keine Verletzungen mehr feststellen ließen.« Patrik nahm einen Schluck Wasser. »Dafür wurde aber das hier in seiner Hand gefunden.« Er zeigte auf das Beweisstück, das neben dem Foto an der Wand hing. Es war die Klarsichthülle mit der Seite aus dem Märchenbuch.
Mellberg meldete sich. »Hat das SKL eigentlich schon mitgeteilt, ob Fingerabdrücke auf den Seiten waren, die wir bei Marit und Rasmus gefunden haben?«
Patrik wunderte sich über die Energie seines Chefs. »Ja, sie haben sich gemeldet und die Seiten zurückgeschickt.« Er zeigte auf die Buchseiten, die neben den Fotos von Marit und Rasmus hingen. »Aber leider waren keine Fingerabdrücke darauf. Die Seite, die bei Börje gefunden wurde, ist noch nicht untersucht worden, die geht heute ans SKL . Die Seite, die sich bei der Toten aus Nyköping fand, ist dagegen schon untersucht worden. Leider mit negativem Ergebnis.«
Mellberg nickte zufrieden.
»Börjes Tod wurde als Unfall eingestuft. Man ging davon aus, dass er sich schlicht und einfach totgesoffen hatte. In Elsas Fall hingegen haben die Kollegen in Nyköping Mordermittlungen eingeleitet, allerdings hat man den Täter nie gefunden.«
»Gab es Verdächtige?« Die Frage kam von Hanna. Sie sah verbissen, konzentriert und ein wenig blass aus. Patrik fragtesich besorgt, ob sie eine Krankheit ausbrütete. Momentan konnte er auf keine Arbeitskraft verzichten.
»Nein, es gab keine Verdächtigen. Elsa hatte keine Kontakte außerhalb ihrer katholischen Gemeinde, und dort schien niemand einen Groll gegen sie zu hegen. Auch sie wurde in ihrer Wohnung ermordet.« Er zeigte auf ein Foto vom Tatort. »In einer Bibel neben der Leiche steckte das hier.« Er tippte auf die Seite aus Hänsel und Gretel .
»Der Täter muss doch krank im Kopf sein«, meinte Gösta fassungslos. »Was hat denn dieses Märchen mit der Sache zu tun?«
»Ich weiß es nicht, aber ich glaube, es ist der Schlüssel zur Lösung des Falls.«
»Hoffentlich kriegt die Presse keinen Wind davon«, brummte Gösta. »Sonst taufen sie ihn noch den ›Hänsel-und-Gretel-Mörder‹.«
»Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass nichts nach außen dringen darf.« Patrik musste sich beherrschen, um nicht Mellberg anzusehen. Obwohl er der Chef war, konnte man sich auf ihn am wenigsten verlassen. Doch sogar Mellberg schien von der Presse vorerst genug zu haben, denn er nickte zustimmend.
»Habt ihr irgendeinen Hinweis oder eine Theorie, wie die Morde zusammenhängen könnten?«, wollte Hanna wissen.
Martin fing Patriks Blick auf und antwortete: »Nein, leider stehen wir wieder ganz am Anfang. Börje war definitiv kein Antialkoholiker, und Elsa scheint eine normale Einstellung zum Alkohol gehabt zu haben, sie war weder enthaltsam, noch hat sie übermäßig getrunken.«
»Wir haben also nicht die geringste Ahnung, wie die Morde zusammenhängen«, wiederholte Hanna mit besorgtem Gesichtsausdruck.
Patrik drehte sich seufzend um und ließ den Blick über das Material an den Wänden schweifen. »Nein. Wir wissen nur, dass die Morde mit größter Wahrscheinlichkeit vonderselben Person ausgeführt wurden. Andere Berührungspunkte haben wir noch nicht. Nichts deutet darauf hin, dass Elsa
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