Die Totgesagten
schmachtenden Blick hinterher.
»Kann sein, aber bei mir bist du die Nummer eins!« Erica umarmte ihn fest, bevor sie sich wieder ums Essen kümmerte. Patrik setzte sich und sah ihr zu.
Erica räusperte sich und warf einen vielsagenden Blick auf das Gemüse, das auf der Arbeitsfläche lag. Sofort sprang Patrik wieder auf, griff sich die Gurke für den Salat und begann zu schälen.
»Wenn du ›Spring!‹ sagst, frage ich nur: ›Wie hoch?‹« Lachend machte er einen Schritt zur Seite, um einem spielerischen Tritt gegen sein Schienbein auszuweichen.
»Wart’s ab, wenn wir den Samstag überstanden haben, werde ich andere Saiten aufziehen!« Erica versuchte vergeblich, ein strenges Gesicht zu machen. Wenn sie an die Hochzeit dachte, war sie einfach nur glücklich.
»Du hast mich schon ganz gut im Griff.« Er gab ihr einen Kuss.
»Reißt euch mal zusammen«, rief Anna aus dem Wohnzimmer. »Hier sind Minderjährige anwesend!«
»Vielleichtsollten wir uns das für später aufsparen.« Erica zwinkerte Patrik zu. »Erzähl mir erst mal, was passiert ist.«
Während Patrik kurz zusammenfasste, was sie herausgefunden hatten, verschwand das Lächeln aus Ericas Gesicht. Es war so viel Tragik, so viel Tod im Spiel, und obwohl die Ermittlungen einen großen Schritt vorangekommen waren, würde es auch jetzt nicht einfacher werden.
»Das Mordopfer aus Nyköping hat also auch jemand totgefahren?« »Ja.« Patrik schnitt Tomaten in Stücke. »Allerdings nicht in Nyköping, sondern in Uddevalla.« »Wen denn?« Erica rührte in dem Topf mit dem Schweinefilet.
»Das wissen wir nicht, weil der Unfall schon so lange zurückliegt. Ich habe heute mit den Kollegen in Uddevalla telefoniert. Sie schicken uns die Akten, sobald sie sie gefunden haben. Irgendein armer Teufel wird sich durch jede Menge verstaubte Kisten wühlen müssen.«
»Irgendjemand bringt also Leute um, die in betrunkenem Zustand jemand totgefahren haben. Aber der Zeitraum erstreckt sich vom ersten Unfall vor fünfunddreißig Jahren bis zum letzten … Wann war der letzte Unfall?«
»Vor siebzehn Jahren. Rasmus Olsson.«
»Und die Orte sind über ganz Schweden verteilt.« Erica rührte nachdenklich weiter. »Wann ist der erste Mord geschehen?«
»Vor zehn Jahren«, antwortete Patrik gehorsam. Er betrachtete seine zukünftige Ehefrau. Ihr Scharfsinn und ihre Kombinationsgabe gefielen ihm.
»Der Mörder hat also einen weiten Aktionsradius, verübt seine Taten in großen zeitlichen Abständen, und die einzige Gemeinsamkeit zwischen den Mordopfern besteht darin, dass sie einen Tod verschuldet haben, weil sie sich betrunken hinters Steuer gesetzt haben.«
»Ja,genau.« Patrik seufzte. Es klang ziemlich hoffnungslos, wenn Erica die Lage so zusammenfasste. Er schüttete das Gemüse in eine große Schale, mischte alles gut durch und stellte den Salat auf den Küchentisch.
»Vergiss nicht, dass uns wahrscheinlich noch ein Mordopfer fehlt.« Er setzte sich an den Tisch. »Vermutlich das zweite. Ich bin ganz sicher, dass uns ein Opfer entgangen ist.«
»Geht aus den Buchseiten nicht mehr hervor?« Erica stellte den dampfenden Topf auf einen Untersetzer.
»Anscheinend nicht. Im Moment hoffe ich, dass wir einen Anhaltspunkt finden, sobald wir mehr über Elsa Forsells Autounfall wissen. Sie war das erste Mordopfer, und irgendetwas sagt mir, dass sie am wichtigsten ist.«
»Da könntest du recht haben.« Dann rief Erica Anna und die Kinder zum Essen. Sie würden später weiterreden.
Seit zwei Tagen wussten sie, was die Opfer des Serienmörders gemein hatten. Dennoch war die anfängliche Euphorie einer gewissen Mutlosigkeit gewichen. Sie begriffen immer noch nicht, warum die Entfernung zwischen den Tatorten so groß war. Reiste der Mörder seinen Opfern hinterher, oder hatte er an all diesen Orten gewohnt? Es gab noch zu viele offene Fragen. Zwar hatten sie mittlerweile das gesamte Material über die Autounfälle durchkämmt, hatten aber keine Gemeinsamkeiten entdeckt. Patrik tendierte immer mehr zu der Annahme, dass es gar keine persönliche Verbindung zwischen den Mordfällen gab. Er vermutete allmählich, dass der Mörder ein Mensch voller Hass war, der seine Opfer auf Grund ihrer Taten auswählte, sich unter diesen aber ganz beliebige Menschen herausgriff. Es schien jedenfalls so, als hätte er keine Rücksicht darauf genommen, dass einige von ihnen aufrichtige Reue zeigten. Elsa hatte schwer unter ihrer Schuld gelitten und Vergebung in der Religion gesucht, Marit
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