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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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geht nicht.« Seine Stimme klang verzweifelt. Patriks Verachtung für das ganze Spektakel wuchs. Wie konnte diesen Menschen eine beschissene Fernsehserie nur wichtiger sein als der Tod eines Menschen?
    »Das haben nicht wir zu entscheiden«, antwortete er trocken, »sondern die Produktionsfirma. Wenn ich etwas zu sagen hätte, wäre der Dreck in null Komma nix abgesetzt, aber …« Er hob die Arme zu einer hilflosen Geste. Erleichterung machte sich auf Uffes Gesicht breit.
    »Du kannst jetzt gehen«, sagte Patrik knapp. Auf seiner Netzhaut hielt sich immer noch das Bild der nackten Leiche von Lillemor. Dass ihr Tod zu Unterhaltungszwecken dienen sollte, erfüllte ihn mit Ekel. Was war bloß mit der Menschheit los?
    Der Tag hatte so gut angefangen. Der Morgen war sogar richtig, richtig schön gewesen. Zuerst joggte er eine große Runde in der kühlen Frühlingsluft. Normalerweise war er kein übermäßiger Naturfreund, aber an diesem Morgen freute er sich zu seinem eigenen Erstaunen über die Sonnenstrahlen, die durch die Baumkronen schienen. Das wunderbareGefühl in seiner Brust hielt den ganzen Weg bis nach Hause an und führte sogar zu einem kleinen Beischlaf mit Viveca, die er ausnahmsweise nicht lange überreden musste. Dies war einer der wenigen Schatten in Erlings Dasein: Nach der Hochzeit hatte sie das Interesse an diesem Bestandteil der Ehe mehr oder weniger verloren. Es war doch witzlos, sich eine knackige junge Frau anzuschaffen, wenn man dann doch nicht zum Zuge kam. Nein, daran musste sich dringend etwas ändern. Die morgendlichen Aktivitäten hatten ihn darin bestärkt, bei Gelegenheit ein ernstes Wörtchen mit Viveca zu reden. Er musste ihr klarmachen, dass es in der Ehe um Leistung und Gegenleistung ging, Geben und Nehmen. Und wenn sie weiterhin in den Genuss von Kleidern, Schmuck, Vergnügungen und schönen Dingen für ihr Zuhause kommen wollte, musste sie eben auch mit einer gewissen Großzügigkeit auf seine männlichen Bedürfnisse eingehen. Vor der Hochzeit hatte sie schließlich auch Spaß daran gehabt. Als sie auf seine Kosten in einer netten Wohnung wohnte und mit einer Ehefrau konkurrieren musste, mit der er seit dreißig Jahren verheiratet war. Da hatten sie es zu jeder Zeit oder Unzeit an den seltsamsten Orten getrieben. Erling spürte, wie seine Lebensgeister bei dieser Erinnerung neu erwachten. Vielleicht war es an der Zeit, sie darauf aufmerksam zu machen, dass er auch Rechte hatte.
    Erling setzte gerade den Fuß auf die erste Treppenstufe zum Obergeschoss, als das Telefonklingeln ihn innehalten ließ. Einen Moment überlegte er, ob er den Anrufer ignorieren sollte, doch dann nahm er das schnurlose Telefon vom Wohnzimmertisch. Vielleicht war es etwas Wichtiges.
    Fünf Minuten später saß er immer noch schweigend da und drückte sich den Hörer ans Ohr. Die Konsequenzen dessen, was er soeben erfahren hatte, schossen ihm durch den Kopf. Sein Gehirn suchte bereits nach möglichen Lösungen. Entschlossen stand er auf und rief zum Oberge schosshinauf: »Viveca, ich fahre ins Büro. Es ist etwas passiert, worum ich mich kümmern muss.«
    Eine undeutliche Antwort von oben signalisierte ihm, dass sie ihn gehört hatte. Hastig zog er seine Jacke über und nahm den Autoschlüssel vom Haken neben der Haustür. Damit hatte er nicht gerechnet. Was zum Teufel sollte er jetzt tun?
    An einem solchen Tag war es ein gutes Gefühl, Mellberg zu sein. Er schnurrte behaglich, denn im Rampenlicht fühlte er sich rundum wohl. Dann rief er sich ins Gedächtnis, weshalb er hier stand, und setzte eine Miene auf, die Anteilnahme und Entschlossenheit ausdrückte. Er fragte sich, wie Rose-Marie reagieren würde, wenn sie ihn in allen Zeitungen als den starken Mann der Dienststelle sehen würde. Er streckte die Brust raus und straffte die Schultern zu einer Pose, die ihm kraftvoll erschien. Die Blitzlichter blendeten ihn, aber er bewahrte Haltung.
    »Sie haben eine Minute für Ihre Bilder, anschließend bitte ich Sie um ein wenig Ruhe.« Er hörte selbst, wie respekteinflößend seine Stimme klang, und musste sich ein wohliges Seufzen verkneifen. Hierfür war er geboren. Das Blitzlichtgewitter dauerte noch ein wenig an, bis er irgendwann abwehrend die Hände hob und über die versammelte Presse hinwegblickte.
    »Wie Sie bereits wissen, haben wir heute Morgen die Leiche von Lillemor Persson gefunden.« Ein Meer von Händen reckte sich in die Höhe. Gnädig nickte er dem Abgesandten des Expressen zu.
    »Lässt sich mit

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