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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Raum, aber Antonius hatte aufgepasst und schlug sie dem Soldaten aus der Hand, der durch den Hieb ins Straucheln geriet und direkt in von Säckingens Schwert stolperte. Wendel robbte vorwärts, bis er direkt neben Antonius lag. Er spürte, dass ein Bolzen sein Wams ritzte. Ein kurzer, brennender Schmerz durchfuhr ihn, den er im gleichen Augenblick vergaß. »Wir haben einen Fluchtweg gefunden!«, schrie er Antonius ins Ohr. »Los!«
    Sofort gab Antonius dem Ritter ein Zeichen und zeigte auf die Kammer. Von Säckingen verstand, bückte sich und hob mit einer Hand den toten Armbrustschützen an. Er nickte Antonius zu, der neben ihn trat und ebenfalls mit einer Hand zugriff, sodass sie den Leichnam des Soldaten als Schutzschild nutzen konnten.
    Der Beschuss hörte sogleich auf, dafür aber drangen die Soldaten in den Thronsaal. Wendel schlug dem ersten das Schwert auf den Helm; der Angreifer brach zusammen und blieb liegen, die anderen zögerten einen Wimpernschlag lang, bevor sie reagierten. Zeit genug für Wendel, zum Durchgang zu hasten und sich in die Kammer zu retten. Ein strenger Befehl ließ die Männer wieder vorrücken, Antonius und von Säckingen gingen Schritt für Schritt rückwärts, schlugen jeweils mit einem Arm auf die Angreifer ein.
    Wendels Herz raste, Schweiß floss ihm aus jeder Pore, die Rettung war so nah und doch schien sie unmöglich. Sobald seine Mitstreiter versuchen würden, in den Durchgang zu gelangen, würden sie von hinten niedergemacht werden.
    Plötzlich kam Wendel ein schrecklicher Gedanke. Nur einer von beiden würde sich retten können. »Antonius!«, schrie er. »Komm schon, komm her, hier bist du sicher!« Verdammt! Warum hatten sie nur auf Antonius gehört und darauf verzichtet, Armbrüste mitzunehmen! Sie hatten darüber gestritten, Antonius hatte darauf beharrt, dass Armbrüste zu sperrig seien und ihnen zudem in den engen Kellergängen wenig nutzen würden. Er hatte sich durchgesetzt.
    Jetzt standen bereits drei Soldaten in einer Reihe und hieben auf die beiden ein. Von Säckingen und Antonius ließen den Toten fallen, denn jetzt, beim Kampf Auge in Auge konnten die Angreifer ihre Armbrüste nicht einsetzen. Wendel spannte die Muskeln, er musste wieder in den Thronsaal, den beiden zu Hilfe eilen. Doch zwei Hände hielten ihn fest. Melisande.
    »Du kannst nicht helfen. Sie müssen hierherkommen. Sobald sie es geschafft haben, blockieren wir den Durchgang. So bleibt genug Zeit, um zu fliehen.«
    Wendel wollte sich losreißen, aber Melisande ließ nicht los. Im Thronsaal war der Kampf immer noch unentschieden. Weder Antonius noch von Säckingen hatten sichtbare Verletzungen, aber Wendel erkannte, dass ihre Reaktionen langsamer wurden, dass sie den Hieben oft nur noch im letzten Moment ausweichen konnten und nicht mehr in der Lage waren, wirkungsvoll zurückzuschlagen.
    Plötzlich trat Antonius einen Schritt zur Seite und gab von Säckingen einen Stoß, sodass dieser vor den Durchgang stolperte. Und noch bevor der Ritter sich wieder aufrappeln konnte, stürmte Antonius nach vorn, griff mit einer Hand eine Fackel und stieß mit der anderen das Fass mit dem Fackelpech um. Ein entsetztes Stöhnen erfüllte den Raum, die Kampfgeräusche erstarben.
    Von Säckingen kam mühsam wieder auf die Beine, machte einen Schritt vorwärts, hielt jedoch inne, als ein einsamer Armbrustbolzen heransirrte. Er schlug in Antonius’ Brust ein.
    Wendel schrie auf, wollte zu Antonius stürzen. Doch von Säckingens eiserner Griff hielt ihn zurück.
    Antonius drehte sich um und schaute zu Wendel. Ihre Blicke trafen sich. Fassungslos sah Wendel, wie sein Freund langsam die Hand zu einem Abschiedsgruß hob. Tränen schossen Wendel in die Augen. Antonius’ Blick verschleierte sich, ein warmes Lächeln überzog sein Gesicht. Bevor er zu Boden sank, ließ er die Fackel fallen.
    Im selben Augenblick brach die Hölle los. Flammen schlugen hoch wie Hunderte Blitze. Antonius verschwand in der Höllenglut. Auch die Männer, die in den Thronsaal gedrängt waren – es mussten inzwischen mehr als zehn sein –, standen augenblicklich in Flammen. Ihre Schreie gellten in Wendels Ohren. Sie ruderten mit den Armen, versuchten, dem Tod zu entkommen, rannten durcheinander, einige flohen brennend aus dem Thronsaal.
    Wendel hatte sich auf den Boden geworfen, Melisande mitgerissen und sich schützend über sie gelegt. Er sah noch, wie von Säckingen mit einem Hechtsprung dem Untergang entkam. Dann schoss eine Stichflamme über

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