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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Füger unauffällig auszukundschaften. Einer der Männer war damals mit ihm auf dem Fronhof gewesen, und er hatte geschworen, dass Melissa Füger »die Metze von diesem verlassenen Hof« war. Von Säckingen wäre dem Söldner am liebsten um den Hals gefallen, obwohl der Kerl stank wie ein Schwein.
    Ohne langen Aufenthalt passierten er und seine beiden Begleiter das Stadttor. Neugierig blickte von Säckingen sich um. Die Straße war breit, die Bauten an ihrer Seite zeugten von Macht und Reichtum. In der Stadt herrschte Feierabendstimmung. Handwerkerburschen, noch schmutzig vom Tagesgeschäft, schlenderten umher, wohl um das mühsam verdiente Geld im nächsten Wirtshaus zu versaufen, Mägde standen schwatzend um einen Brunnen, einige Kinder jagten lachend eine Schar Hühner in eine Gasse. Alle wirkten heiter und gelöst.
    An der großen Kreuzung beim Marktbrunnen hielt von Säckingen seinen Gaul an und drehte sich zu Arnfried um. »Wo wohnt sie?«
    Arnfried deutete geradeaus, wo die Straße auf ein weiteres Stadttor zuführte. »Hier hinauf. In einem der letzten Häuser auf der linken Seite, kurz hinter dem Gasthaus ›Zur Blume‹, der Zunftherberge der Schneider. Ihr erkennt es an dem Schild mit der Weinrebe.«
    »Gut.« Von Säckingen zog am linken Zügel.
    »Wollt Ihr denn gleich hinreiten, Herr?«, fragte Arnfried. »Soll ich nicht lieber zunächst auskundschaften, wer sich im Augenblick im Haus befindet?«
    Von Säckingen hielt inne. Arnfried hatte recht. Es half nichts, im letzten Moment alles zu überstürzen. Vielleicht war Mechthild gar nicht zu Hause. Oder die Fügers hatten das Haus voller Gäste. Er hatte sich auch noch gar nicht überlegt, wie er es anstellen sollte, die Metze in die Finger zu bekommen. In jedem Fall war es besser, wenn sie ihn nicht zu früh sah und dadurch gewarnt war.
    »Gut gedacht, Arnfried«, sagte er. »Ich werde mich vorerst lieber nicht in der Nähe des Hauses blicken lassen. Ihr kundschaftet die Lage aus.« Er wandte sich an den Knappen. »Du besorgst derweil für uns Schlafplätze in einer anständigen Herberge. Und bestell ein gutes Essen. Aber lass dich nicht übers Ohr hauen, Junge!«
    »Jawohl, Herr.« Der Knappe wendete sein Pferd und ritt davon.
    »Wo finde ich Euch, Herr?«, frage Arnfried.
    »Ich werde hinunter zum Fluss reiten und ein Bad nehmen. So vermeide ich am ehesten, dass ich der falschen Melissa de Willms zur Unzeit über den Weg laufe.«
***
    Melisande reckte sich. »Ich bin todmüde.«
    Irma lachte. »Komm, das eine Laken noch, dann ist es geschafft!«
    Sie griffen nach den Zipfeln des Lakens, Melisande das eine Ende, Irma das andere, liefen aufeinander zu und legten die Enden zusammen. Mit dem gefalteten Tuch wiederholten sie die Prozedur, dann noch einmal und noch einmal, bis das Laken fein säuberlich gefaltet war.
    Melisande legte es zu den anderen Wäschestücken in den Korb und gähnte. Irma und sie hatten sich nach dem Mittagessen am Flussufer getroffen, um gemeinsam die Wäsche zu machen. Wie viele andere Frauen, die das schöne Spätsommerwetter nutzen wollten, hatten sie die Kleider im Neckar gewaschen und dann auf den Wiesen zum Trocknen ausgebreitet. Die übrigen Frauen waren inzwischen alle aufgebrochen, doch Irma und Melisande hatten sich verschwatzt und ein wenig die Zeit vergessen. Jetzt musste Melisande sich sputen, damit Wendel sich keine Sorgen machte, und auch Irma wurde sicherlich schon zu Hause erwartet. Melisande griff seufzend nach dem Korb. Der Aufstieg zur Stadt war steil und das Letzte, wonach ihr der Sinn stand. »Ich wünschte, ich könnte nach Hause reiten«, sagte sie.
    »Dann frag doch den edlen Ritter, der geradewegs auf uns zugeritten kommt, vielleicht borgt er dir sein Pferd«, neckte Irma sie.
    Melisande blickte zur Stadt hinauf. Hier unten im Flusstal dämmerte es bereits, doch die Mauern und Tore glühten noch im Sonnenlicht. Und tatsächlich: Vom Unteren Auentor her kam ein Reiter auf sie zu. Noch war allerdings nicht viel von dem Mann zu erkennen, da er zu weit entfernt war. Sie knuffte Irma in die Seite. »Scherz du nur! Wärest du in meinem Zustand, würdest du auch klagen.«
    »In deinem Zustand?«, kreischte Irma. »Mel, bist du etwa wieder schwanger?«
    Melisande biss sich auf die Lippe, dann grinste sie. Irma war ihre beste Freundin, sie sollte es ruhig als Erste wissen. »Sag es nicht weiter, es ist noch nicht erwiesen, denn es ist gerade erst passiert. Aber ich bin ganz sicher.«
    »Oh Mel, das ist ja wunderbar!

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