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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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wagen, diesen speziellen Kunden zu hintergehen. Er würde dabei ohne Frage den Kürzeren ziehen. Nun denn … Er machte dem Knecht, der die ganze Zeit wartend in der Ecke gestanden hatte, ein Zeichen. »Los, gib ihr etwas Wasser. Und dann fessle sie, und hol den Kunden am vereinbarten Treffpunkt ab.«
***
    Auf Erhard Fügers Zeichen zogen seine Männer an den Zügeln und hielten die Pferde an.
    »Möchtet Ihr eine Rast einlegen, Herr?«, fragte Meister Oswald.
    Unwillig schüttelte Erhard den Kopf. Das alles schmeckte ihm ganz und gar nicht. Das war nicht der Plan gewesen, nicht das, was er vorgehabt hatte. Er hatte mit seinem Sohn einen Burgfrieden geschlossen. Aber um welchen Preis? Gestern war er vor lauter Freude über die Aussöhnung Hals über Kopf aufgebrochen. Doch mit einem Mal gefiel es ihm gar nicht mehr, dass er in der Gegend herumreiten und Beweise suchen sollte, die es vielleicht gar nicht gab, während die rothaarige Hexe weiterhin ungehindert ihr Unwesen treiben konnte. Wendel hatte sie zwar fortgeschickt, doch sie war bestimmt in der Nähe geblieben. Schließlich hatte sie noch nicht bekommen, worauf sie aus war. Und Wendel würde sie sicherlich mit offenen Armen zurücknehmen, wenn sie ihm nur eine weitere tränenschwere Lügenmär auftischte. Offensichtlich beherrschte sie die Kunst, jeden mit ihrer Zunge zu verhexen. Selbst Katherina, seine kluge und sonst so vernünftige Gemahlin, war auf das Geschwätz hereingefallen. Melisande Wilhelmis! So ein Unsinn! Jeder wusste, dass niemand aus der Familie Wilhelmis das Gemetzel damals überlebt hatte.
    Erhard seufzte. Es schien, als stünde er allein da im Kampf gegen das Böse. Nicht einmal bei Antonius konnte er noch sicher sein. Er war zwar im Haus geblieben, um auf Wendel achtzugeben, doch auf welcher Seite er letztlich stand, war ungewiss. Irgendwer musste dem Teufelsweib gesteckt haben, dass sein Geheimnis in Gefahr war. Denn wer, wenn nicht sie selbst, sollte das Versteck geplündert haben? Da konnte Antonius noch so eifrig betonen, dass er nichts verraten habe, letztlich war wohl doch kein Verlass auf ihn. So war es nun einmal mit den Menschen niederer Herkunft: Sie hatten kein Ehrgefühl und würden für eine ausreichende Menge Geld sogar ihre eigene Brut an den Feind verschachern. Das größte Unglück war jedoch, dass diese Metze geflohen war.
    Erhard ballte die Faust. Was das betraf, hatte Antonius leider Recht gehabt. Sie hätten sofort zuschlagen müssen, Wagen hin oder her. Dann hätten sie das Hexenweib im Wald festgehalten, bis ihr rollendes Gefängnis bereit gewesen wäre. Jetzt war es dafür zu spät. Mit den wenigen Leuten, die er angeheuert hatte, hatte er keine Möglichkeit, sie zu finden. Dazu bedurfte es schon einer kleinen Armee von Spähern und Kundschaftern.
    Er stockte. Ein Gedanke formte sich in ihm, ein guter Gedanke, der verlangte, sofort in die Tat umgesetzt zu werden. Erhard sah seine Männer an. »Wir kehren um. Auf der Stelle. Wenn wir scharf reiten, schaffen wir es vor Anbruch der Dunkelheit zurück nach Rottweil!«
***
    »Sie ist in Sulz und nennt sich Maria von Felsenbrunn«, hauchte ihm Adam ins Ohr. »Sie hat eine Kammer über der Schankstube des ›Lamms‹, die sie seit ihrer Ankunft noch nicht verlassen hat. Sie spielt eine brave Gattin, die ihren Mann erwartet, der bald von einer Handelsreise zurückkehren soll.«
    »Gute Arbeit.« Von Säckingen reichte Adam einen Beutel Münzen. Der griff zu, neigte dankend den Kopf. Das Geld war keine Belohnung, denn alles, was Adam tat, war seine Pflicht gegenüber seiner Herrin, Othilia von Hohenfels. Die Münzen sollten die Kosten für Übernachtung und Verpflegung decken. Und vor allem die Aufwendungen für Bestechung. »Ist Witikund in Sulz?«, fragte von Säckingen.
    »Selbstverständlich, Herr, er lässt ihre Kammertür nicht aus den Augen.«
    »Dann kehr du ebenfalls nach Sulz zurück, sie darf uns auf keinen Fall entwischen. Auf keinen Fall! Hast du verstanden?«
    »Natürlich, Herr. Ich stehe persönlich dafür ein, dass wir sie nicht aus den Augen verlieren.« Adam schlug sich mit der Faust auf die Brust und machte sich auf den Weg.
    Von Säckingen fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. Hoffentlich waren Adam und Witikund die richtigen Männer für diese heikle Aufgabe. Sollte Melisande bemerken, dass sie verfolgt wurde, würde sie untertauchen. Dass sie diese Kunst perfekt beherrschte, wusste er inzwischen. Und wenn die Beute entwischte, würde Othilias Zorn

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