Die Tränen der Justitia (German Edition)
Grünzeug zusammen, als hätte es keine Bedeutung für Sie. Was kann Ihr Urwald dafür? Und warum, zum Teufel, sind Sie so sicher, dass es wegen Ihnen ist? Es kann ganz andere Gründe haben.»
«Zum Beispiel?»
«Die Entführer wollen Lukas und Julia erpressen.»
«Unlogisch!»
«Aber ein Erpressungsversuch gegen Sie ist logisch? Obwohl sich niemand meldet? … So ein Unsinn. Jetzt reissen Sie sich endlich zusammen und hören Sie mit Ihrem verfluchten Selbstmitleid auf. Das hilft absolut gar nichts.»
«Sie … Sie!», für einen Augenblick erwachte Borer aus seiner Lethargie. «Sie … es ist vorbei. Ferrari, es ist endgültig vorbei.»
«Verheimlichen Sie uns etwas, Herr Staatsanwalt?»
«Nein. Ich schwöre es. Ich tappe genauso im Dunkeln wie Sie. Sie meinen es gut und dafür bin ich Ihnen auch dankbar, aber wir alle wissen, dass Lena nicht mehr lebt … Hier», Borer deutete auf den Schreibtisch. «Ich werde dem Ersten Staatsanwalt meine Kündigung übergeben.»
Nadine nahm das Blatt vom Tisch, zerriss es in kleine Stücke und warf sie Borer an den Kopf.
«Sie gehen erst, wenn wir den Fall gelöst haben, und auch dann nur, wenn Lena wirklich tot ist. Ansonsten bleiben Sie, ist das klar? Wir haben uns nämlich an Ihre Arroganz gewöhnt! … Komm, Francesco, auf! … Was ist, Herr Staatsanwalt? Es gibt zu tun. Es sind noch längst nicht alle Pflanzen kaputt. Vorwärts, an die Arbeit, wenn Sie sowieso nichts Besseres zu tun haben. Hier», sie drückte ihm die Schere in die Hand. «Zerstückeln Sie Ihre Pflanzen, die Sie seit Jahren aufpäppeln.»
Ferrari seufzte. Es ist alles gesagt. Nadine schob den Kommissär aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu, dass das gesamte Kommissariat erzitterte.
«Therapie nach Methode Kupfer!»
«Der geht mir so auf den Geist. Hockt da, seziert seine Pflanzen und versinkt im Selbstmitleid. Ein Fall für die Klapse.»
«Ich weiss nicht, wie ich reagieren würde.»
«Das kann ich dir sagen. Wir würden wie zwei Irre durch Basel hetzen und die halbe Stadt aufmischen. Bringt auch nichts, aber immerhin würden wir etwas tun.»
Ferrari trommelte mit dem Kugelschreiber auf den Tisch. Auch das noch! Nadine verdrehte die Augen. Der eine zerschnippelt seine Lieblinge, der andere klopft sich den Frust aus dem Leib.
«Ein neuer Fasnachtsmarsch?»
«Wie … mir ist da so eine Idee gekommen. Etwas unkonventionell …»
«Das gefällt mir. Etwas Illegales?»
«Nicht illegal … aber auch nicht ganz normal.
«Sehr gut. Das machen wir.»
Nadine und Ferrari fuhren mit dem Tram quer durch die Stadt, über die Mittlere Rheinbrücke ins Kleinbasel und stiegen an der Greifengasse aus. Scheisswetter! Regen, Regen und nochmals Regen. Passt zu meiner Stimmung. In der Rheingasse bin ich schon lange nicht mehr gewesen. Verändert hat sich hier allerdings nicht viel. Im Twingo wischte ein Kellner gelangweilt mit einem Lappen über die Tische.
«Ist noch geschlossen.»
«Wir haben einen Termin mit Mark Hotz.»
«Hinten an den Toiletten vorbei die Treppe hoch.»
«Danke.»
Der Nachtclubmogul von Basel sass an einem mächtigen Eichentisch und ackerte Rechnungen durch.
«Nur herein! Setzen Sie sich. Etwas zu trinken? Champagner, Bier, Wein?»
«Danke, höchstens einen Kaffee.»
«Was trinken Sie da?»
«Die Spezialität des Hauses. Wollen Sie kosten?»
«Gerne!»
Jaja, schon gut, Nadine. Nur einen kleinen Schluck. Ihr stechender Blick sprach Bände.
«Oh, schmeckt gut. Was ist das?»
«Zitronensaft, Ahornsirup, Whisky, Eis und Mineralwasser. Wichtig ist dabei Mineralwasser mit Kohlensäure, damit es schön prickelt. Auch einen?»
«Gerne», antwortete der Kommissär.
Hotz bestellte einen Kaffee und einen Hotz-Spezial.
«Wenn du dich volllaufen lässt, raste ich aus!», flüsterte Nadine Ferrari ins Ohr. Und das war keine Drohung, sondern ein Versprechen.
«Was verschafft mir die Ehre?»
«Wir haben ein Problem.»
«Das habe ich auch. Seit Tagen terrorisiert uns nämlich euer Nilpferd. Razzia um Razzia. Das ist schlecht fürs Geschäft. Sehr schlecht. Prost, Herr Kommissär!»
«Zum Wohl! Mmh, wirklich super! … Deshalb sind wir hier.»
«Diese Rechnungen, Getränkelieferanten, Mieten, Steuern, die wollen bezahlt sein», Hotz hielt einen Stapel Belege in der Hand.
«Kennen Sie Lukas Doppler?»
«Den Sohn von Josef Doppler?»
«Genau.»
«Ich kenne ihn nicht persönlich, nur seinen Vater. Wir sassen zusammen im Basler Beizerverband. Mann, der verträgt was! Der
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