Die Tränen der Justitia (German Edition)
Nadine.»
«Dann halten wir uns an seine Freundin. Bisher haben wir vergebens auf einen Moment gewartet, in dem wir sie allein erwischen. Jetzt schalten wir einen Gang höher und verhaften sie.»
«Mit welcher Begründung?»
«Beihilfe zur Kindsentführung. Die wird bestimmt weich.»
«Gut, einverstanden. Herr Hotz», der Kommissär wandte sich beinahe förmlich an den Beizer, «herzlichen Dank für Ihre Hilfe.»
«Gern geschehen, Herr Ferrari.»
«Nennen Sie mich doch Francesco.»
«Freut mich, Francesco. Ich bin der Mark. Wow! Das hätte ich mir vor einer Woche auch nicht träumen lassen, dass ich einmal mit einem Basler Kommissär per du bin. Wenn du unsere Hilfe am Rande der Legalität oder einen Hotz-Spezial brauchst, einfach melden. Und mach diesen Heller fertig. Die Welt wird es dir danken.»
«Nennen Sie mich doch Francesco!», äffte Nadine den Kommissär nach.
«Was spricht dagegen? Nur, weil er einige Nachtclubs besitzt, heisst das noch lange nicht, dass er kein anständiger Mensch ist.»
«Oh, der Herr Kommissär beginnt zu predigen. Auf dass sich alle verbrüdern und verschwestern und in ewiger Liebe zusammenleben. Wie schön.»
«Was stört dich daran?»
«Das spricht sich im Milieu herum. Der Schickimickibulle verbandelt sich mit einem der Rotlichtkönige. Super Kombination.»
«Wenn schon. Sein Spezial ist spitze.»
«Aha, deshalb dein Gesülze. Damit du dir auf immer und ewig gratis einen ansaufen kannst.»
«Also bitte!»
Borers Zustand hatte sich nochmals verschlechtert. Er war kaum in der Lage, einen Satz auszusprechen.
«Hausdurchsuchung? Und Haftbefehl?»
«Wir müssen die beiden trennen und sie gegeneinander ausspielen.»
«Gibt es … gibt es Indizien, die dafür sprechen, dass Hellers Freundin … dass sie …»
«Nein, Indizien gibt es keine. Wir versuchen über sie an Lena heranzukommen. Wenn Hellers Freundin etwas weiss, wird sie es uns sagen. Ganz sicher. Die Einzelhaft wird das Ihre dazu beitragen.»
«Das … so leid es mir tut, Frau Kupfer. Ich … das … das reicht nicht.»
Nadine schlug mit der Faust auf den Tisch.
«Verdammt noch mal! Was soll das? Wenn Sie nicht mehr klar denken können, bleiben Sie zu Hause. Wir reissen uns hier den Arsch auf, um Lena zu finden. Und Sie, Sie versauen alles.»
«Nadine!»
«Nichts Nadine. Es ist jetzt ein für alle Mal genug. Wir haben uns bei der Geldübergabe zurückgehalten, auf Ihren ausdrücklichen Wunsch hin. Das Resultat liegt bei Peter auf dem Obduktionstisch.»
«Nadine, jetzt …»
«Was jetzt? Nehmen Sie sich eine Auszeit oder lassen Sie sich krank schreiben, Herr Staatsanwalt. Wir haben es so satt, gegen die Wand zu laufen. Genügt es Ihnen nicht, mitverantwortlich am Tod von Josef Doppler zu sein, dass Sie nach wie vor an irgendwelchen Paragrafen festhalten, obwohl es ums Leben Ihrer Enkelin geht?! Hier …» Nadine warf ihm seinen Mantel zu, «gehen Sie. Denn in das, was hier demnächst abgeht, sollten Sie sich nicht einmischen.»
Borer erhob sich schwankend, ergriff seinen Mantel und torkelte zur Tür. Ferrari stützte ihn. Anina Steiner sah entsetzt zu Nadine.
«Was glotzt du so? Pack deinen Staatsanwalt, besorg ihm ein Taxi oder fahr ihn nach Hause.»
«Bravo! Das war ja eine starke Vorstellung. Der Mann liegt am Boden und du trampelst noch auf ihm herum.»
«Ja, verdammt noch mal. Irgendjemand musste mal Klartext reden. Wir haben einen Fall, schon vergessen? Wir müssen an diesen Heller rankommen, wenn nötig mit Gewalt.»
«Damit ihn André de Courten sofort wieder rausholt?»
«Im Kritisieren bist du einsame spitze. Hast du eine andere Idee?»
«Ich sage ja nur, dass wir unser Ziel nicht mit dem Vorschlaghammer erreichen. Wir leben nun mal in einem Rechtssystem und können nicht nach Belieben handeln. Gewalt ist keine Lösung und wenn wir beide gleichzeitig …»
«Das stimmt natürlich im Grundsatz, Ferrari», kam es von der Tür her.
«Georg? Staatsanwalt Kern?»
«Entschuldigt, aber Nadine war nicht zu überhören. Mit sogenannt normalen Mitteln werden wir diesen Heller nie kriegen.»
«Ich besorge euch bis morgen früh einen Haftbefehl, für beide. Wir bewegen uns allerdings am Rande der Legalität, doch wenns nicht anders geht, ziehen wir das gemeinsam durch.»
«Danke, Fabian.»
Ferrari klopfte mit seinem Kugelschreiber auf dem Tisch herum. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren.
«Noch böse?»
«Ich bin nicht wütend. Glaub mir, Nadine, das ist der falsche Weg. Wir wollten uns
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