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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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widerwillig zur Musik der improvisierten Kapelle herum. Danach gesellte er sich zu seinem Vater. »Ich muss mich da mal sehen lassen. Sonst wirft Dad mir wieder vor, nur mit den kleinen Krautern zusammenzustecken«, hatte er entschuldigend gesagt.
    Digory Pearse saß mit anderen Honoratioren des Landkreises an einem gesonderten Tisch. Atamarie hatte bereits mitbekommen, dass die Pearses hier nicht als Farmer galten wie alle anderen. Der Begriff Gentleman Farmer war während der Ernte mehrmals gefallen. Pearse konnte sich wohl mehrErntehelfer und bessere Maschinen leisten als die anderen, und auch Richards Grundstück war deutlich größer als die Ländereien von Hansley und Peterson. Sarah Pearse trug ein schöneres Kleid als die anderen Frauen, und Richards Schwestern stachen aus der Menge der Mädchen heraus, die wohl durchweg die Kleider älterer Schwestern auftrugen. Die Pearse-Mädchen hatten altmodische, aber neue Kleider in Pastellfarben. Atamarie bestärkte all das in ihrer Ansicht, dass sich diese Familie die Kosten für Richards Studium hätte leisten können. Ihn zur Farmarbeit zu zwingen war nur eine Disziplinierungsmaßnahme. Man wollte einfach keinen Sonderling in der Familie, der von Flugapparaten träumte und von Pflügen ohne Pferde.
    Nun saß Richard etwas unglücklich zwischen seinem Vater und dessen Freunden und trank zunächst schweigend sein Bier. Dann konnte er jedoch nicht mehr still sitzen. Atamarie beobachtete besorgt, wie er den Pfarrer und den Lehrer in ein Gespräch verwickelte – er schien mit großen Gesten von seinen Visionen zu sprechen. Wahrscheinlich tappte er gleich wieder in irgendein Fettnäpfchen, aber Atamarie beschloss, sich von Richards Misere nicht die Laune verderben zu lassen. Sie wippte mit dem Fuß im Takt der Musik, und als einer der anderen jungen Männer sie zum Tanz aufforderte, nahm sie an. Der Nächste folgte gleich darauf – Atamarie flog den ganzen Abend lang von einem Arm in den anderen.
    »Unser Kolibri!«, vernahm sie eine Bemerkung Petersons, als einer der Farmerssöhne sie an ihm vorbeischwenkte und ihr wehendes blondes Haar ihn streifte.
    Atamarie machte sich keine Gedanken darüber, ob er das schmeichelhaft oder eher abfällig meinte. Sie erlaubte einem der Jungen, ihr ein Glas Bier zu stibitzen, als die Matronen des Dorfes gerade nicht hinsahen, und amüsierte sich danach noch besser. Das Einzige, was sie störte, waren die oft zu fordernden Griffe der Jungen, mit denen sie tanzte. Von DunedinerTanzveranstaltungen war sie es nicht gewohnt, dass die Hände ihrer Tänzer hastig über ihren Rücken tasteten und manchmal bis herunter zu ihrem Gesäß wanderten. Dabei ging der Atem der Männer schneller, und sie flüsterten Schmeicheleien, die an Obszönitäten grenzten. Atamarie fragte sich, ob das auf dem Lande so üblich war. Vielleicht waren die Menschen hier ja etwas derber geartet als die Kinder der Honoratioren von Dunedin – oder die jungen Maori in Parihaka. Nun tanzten Maori-Männer und -Frauen auch nicht miteinander oder höchstens im Rahmen eines haka , der für andere aufgeführt wurde. Weder Mädchen noch Jungen brauchten den Vorwand des Gesellschaftstanzes, um einander zu berühren, wie offensichtlich diese Dorfjungen. Und sicher wurde kein Maori-Mann zudringlich, wenn die Frau nicht deutlich Zustimmung signalisierte.
    Hier war das jedoch anders. Je weiter der Abend voranschritt, desto häufiger musste sich Atamarie ihrer Tänzer energisch erwehren. Sie wäre jetzt gern nach Hause gefahren, aber Richard unterhielt sich gerade angeregt mit zwei jüngeren Farmern und fertigte dabei auch Zeichnungen an – also schilderte er ihnen wohl wieder eine neue Erfindung, und Atamarie mochte ihn nicht stören. Außerdem war sie ein bisschen böse auf ihn. Sie tanzte jetzt den ganzen Abend unter seinen Augen mit seinen Freunden, lachte und flirtete auch ein bisschen. Richard zeigte jedoch keinen Anflug von Eifersucht! Weder folgten ihr missmutige Blicke noch machte er Anstalten, sich selbst mal wieder um seine Freundin zu kümmern. Es war ja schön, dass er ihr vertraute, aber sie fragte sich dennoch, ob das ganz normal war. Etwas mehr Interesse seinerseits hätte sie sich schon gewünscht.
    Nun jedenfalls floh sie vor ihrem letzten Verehrer allein nach draußen. Etwas frische Luft würde ihr guttun, und sie fiel damit auch nicht auf. Ein paar andere Mädchen waren ebenschon herausgegangen. Atamarie schlenderte zu den Pferden hinüber. Sie hatte sich

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