Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
langsam wieder zu sich kam. Ein Kind? Diese Engländerin war bereits schwanger? Doortje stöhnte. Wenn Daisy schwanger war, ließ es sich nicht rückgängig machen, dann würde Cornelis wirklich mit ihr weggehen, dann …
Daisy protestierte allerdings gleich empört.
»Nie, Dr. Greenway! Ganz bestimmt nicht. Wenn da etwas zwischen ihr und Cornelis gewesen wäre, das hätte ich gemerkt. Und sie ist ihm doch wohl auch immer noch böse.«
Doortje wunderte sich. Von wem sprachen die beiden?
»Vielleicht aufgrund einer gescheiterten … hm … Beziehung?«, mutmaßte Dr. Greenway.
»Ach was!«
Doortje spürte, dass Daisy etwas an ihrem Bett regelte. Gab sie ihr eine Injektion? War sie krank? Auf jeden Fall war sie ohnmächtig geworden. Sie musste … wenn sie sich nur nicht so schwach fühlen würde …
»Und Sie sagten doch auch, sie sei schon im sechsten Monat oder so. Ist Cornelis überhaupt schon so lange hier? Aber wie konnten wir das bloß übersehen? Und warum hat sie’s geheim gehalten?« Doortje nahm ihre ganze Kraft zusammen und öffnete die Augen. Sie versuchte, sich aufzurichten, aber Dr. Greenway drückte sie sanft aufs Bett zurück. »Bleiben Sieliegen, Miss VanStout. Ruhen Sie sich aus, Sie müssen an Ihr Kind denken.«
Doortje fuhr hoch. »An was?«
»Ich kann nicht glauben, dass wir es nicht gemerkt haben.« Kevin lief unruhig im Zimmer umher. Dr. Greenway hatte ihm eben von Doortjes Schwangerschaft erzählt. »Fünfter oder sechster Monat …«
Greenway entkorkte eine Whiskeyflasche. »Beruhigen Sie sich, Drury, die junge Frau hat es doch selbst nicht gewusst. Ich denke, wir dürfen ihr das glauben, ich habe sie erlebt, die Überraschung war echt. Und es kann ja auch passieren. Die Frauen ziehen sich kaum je aus in der Enge ihrer Zelte. Außerdem sind aufgeblähte Bäuche bei Mangelernährung nichts Besonderes, das wäre auch uns nicht aufgefallen. Aus dem gleichen Grund kann die Periode ausbleiben, aber das wissen Sie ja selbst. Wir haben uns da nichts vorzuwerfen. Zumindest, wenn nicht einer von uns der Vater ist.«
Kevin schnaubte. »Diesmal nicht«, bemerkte er und nahm einen großen Schluck Whiskey. »Aber die Vaterschaft ist doch wohl klar, Greenway … wenn Sie bedenken, wie die Frauen damals hier ankamen – Doortje und Johanna … ich weiß, sie haben die gynäkologische Untersuchung verweigert, aber es bestand kein Zweifel daran, dass sie vergewaltigt worden waren …«
Greenway fasste sich an den Kopf. »Natürlich … und ich Idiot habe den Verlobten von Schwester Daisy verdächtigt!« Er goß sich Whiskey nach. »Das macht es natürlich noch schlimmer. Schon ein … hm … Kind der Liebe würde Miss VanStouts Leben ungeheuer komplizieren. Aber jetzt … eine solche Frucht der Gewalt …«
Kevin rieb sich die Stirn. »Ist denn jetzt wenigstens jemand bei ihr?«, fragte er. »Nicht dass sie sich auch noch etwas antut.«
Greenway nickte. »Miss Fence«, gab er Auskunft. »Wir haben sie holen lassen. Schwester Daisy wäre zwar verfügbar gewesen, aber zu der hat sie möglicherweise ein … hm … etwas gestörtes Verhältnis. Scheinbar wollte sie Cornelis heiraten.«
»Sie wollte was?« Kevin blieb abrupt stehen. »Doortje VanStout wollte Cornelis Pienaar … wer hat Ihnen denn das erzählt?«
Greenway zuckte die Achseln. »Mrs. Vooren, die Hilfsschwester. Sie wissen schon, die kleine Burin, die noch keine zwanzig Jahre alt ist und schon drei Kinder hat. Eine ganz aufgeweckte junge Frau und nicht so verbohrt wie die anderen. Miss VanStout hatte doch den Kreislaufzusammenbruch, als Schwester Daisy von ihrer Verlobung erzählte, und ich fragte mich, ob da ein Zusammenhang bestand. Mrs. Vooren hat das bestätigt. Deshalb nahm ich ja auch an … Aber es ging da wohl eher um Versorgungsfragen denn um Liebe.«
Kevin stellte sein Glas auf den Tisch. »Ich gehe zu ihr«, sagte er entschlossen. »Sie muss ja völlig verzweifelt sein. Vielleicht … vielleicht kann ich ihr ja helfen.«
Er tat, als bemerke er Greenways fragende Blicke nicht, als er zur Tür ging, wandte sich aber im letzten Moment noch einmal um und griff nach dem Buch über Neuseeland, in dem Doortje gelesen hatte.
»Kann sie vielleicht etwas ablenken …«
Greenway lächelte. »Na dann viel Glück, Drury!«
Es war bereits dunkel, als Kevin zum Hospital hinüberging, allerdings waren die Hauptsäle durch Petroleumlampen erhellt. Eine davon brannte auch in dem abgeschlossenen Raum, in dem Doortje
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