Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
beschwerte sich Doortje. Kevin überlegte kurz, erzählte ihr dann aber die Geschichte von Papa und Rangi. Doortje hörte ungewohnt aufmerksam zu. Gewöhnlich schien sie die Ohren sofort zu verschließen, wenn von Maori-Legenden die Rede war. »Bei uns regnet’s nicht so oft«, meinte sie schließlich. »Nicht in Transvaal. Da weint man nicht so schnell.«
Kevin lächelte. »Aber schau, Doortje«, gab er dann zu bedenken. »Wenn die Götter nicht weinen, trocknet die Erde aus. Glaub mir, ab und zu darf man ruhig ein paar Gefühle zeigen.«
Sie hatten die Praxis erreicht, und er zog sie in den Hauseingang und nahm sie in die Arme. Doortje war nahe daran, wieder zu sich zu finden, als Kevin sie an sich zog, aber dann blieb sie doch lieber hinter der wattigen Wolkenwand, die der Champagner vor ihrem kritischen Geist und ihren Schuldgefühlen hochgezogen hatte, versteckt. Es war schön, geküsst zu werden. Sie erinnerte sich dunkel an Martinus’ Küsse. Die hatte sie auch erwidert. Und Martinus hatte fast etwas tadelnd gesagt, dass sie wild sei. Nun, Kevin schien nichts dagegen zu haben. Fast trotzig gab sie den Kuss zurück und freute sich an Kevins Begeisterung. Widerspruchslos ließ sie zu, dass er sie hochhob und die Treppen zu ihrer Wohnung hinauftrug.
»Was ist mit Abe …?«, fragte sie mit einer letzten Aufwallung von Zweifeln, als er auf Zehenspitzen mit ihr durch den Flur ging.
Auch Kevin hatte das Kind nicht vergessen. »Der schläftdoch längst«, wisperte er und schob zum Beweis leise die Tür zum Kinderzimmer auf.
Abe lag nicht in seiner Wiege. Aber im Schaukelstuhl daneben schlief die Maori Paika, Claires kinderliebes Hausmädchen, die gegen ein kleines Entgelt gern auf Abe aufpasste, wenn seine Eltern ausgingen. Abe schlummerte friedlich in ihren Armen, das Köpfchen zwischen ihren Brüsten verborgen, den kleinen Körper wohlig ausgestreckt auf Paikas Bauch.
»Sie soll doch nicht …«
In Doortje regte sich erneut Widerstand, sie verbot Paika sonst streng, das Kind in ihren Armen in den Schlaf zu wiegen. Abe sollte von vornherein lernen, allein zu schlafen. Aber Kevin schloss die Tür so schnell und lautlos, wie er sie geöffnet hatte.
»Lass sie heute Nacht mal in Ruhe«, begütigte er. »Heute Nacht … vergessen wir mal alles … Erziehung, die Götter, England und Südafrika. Heute Nacht gibt es nur uns …«
Doortje wehrte sich nicht, als er ihr Kleid öffnete und begann, ihren Ausschnitt mit Küssen zu bedecken. Als er in sie eindrang, dachte sie flüchtig daran, verdammt zu sein. Aber so schlimm war es in der Hölle gar nicht …
KAPITEL 9
Der nächste Tag kam der Hölle für Doortje allerdings ziemlich nahe. Sie erwachte mit den schlimmsten Kopfschmerzen, die sie je empfunden hatte, und als Kevin ihr einen Tee aufdrängte, musste sie sich direkt übergeben.
»Ich bin krank«, flüsterte sie verzweifelt. »Mir tut alles weh. Was ist das bloß?«
»Das sind die Nachwirkungen von zu viel Champagner«, lächelte Kevin. »Keine Angst, das wird bald besser. Spätestens morgen fühlst du dich wieder ganz wohl.«
»Du meinst, ich war … betrunken?«, fragte Doortje entsetzt. Sie konnte sich noch daran erinnern, schamlos gewesen zu sein, und sich mit den Engländern fast verbrüdert zu haben. Sie hatte mit ihnen gelacht – sie hatte mit Heather über eine Geschichte gelacht, in der sich diese Frau über die Niederländer lustig machte! Aber sonst …
»Ein bisschen beschwipst, Doortje. Du bist einfach keinen Alkohol gewohnt. Aber es war nicht schlimm, Liebste. Im Gegenteil. Du warst … du warst ganz bezaubernd …« Er legte sich neben sie aufs Bett und versuchte, sie zu küssen. Doortje reagierte mit entsetzter Abwehr.
»Du … du darfst das nicht, wenn ich krank bin«, sagte sie steif.
Kevin seufzte. Er hätte damit rechnen müssen, dass es nicht so leicht war.
»Aber du bist nicht krank, du hast nur einen Kater«, wiederholte er. »Natürlich werde ich dich trotzdem nicht zwingen. Ich dachte nur … gestern … es hat dir doch gefallen.«
Doortje blickte ihn empört an. »Mir hat gar nichts gefallen!«, log sie. »Ich bin vielleicht … einer Versuchung erlegen … Kann es sein, dass sie mich verhext hat? Dieses Kaffern-Weib meine ich, diese Juliet? Sie hat mir den Champagner aufgedrängt, sie …«
Kevin lachte, aber es klang gezwungen. Er wollte nicht über Juliet reden – wann immer sie vor ihm und seiner Frau erwähnt wurde, meinte er, Doortje müsste
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