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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Abgrund abseilen … Jedenfalls hat er gedacht, er sei tot …«
    »Rawiri«, sagte der Junge jetzt und deutete auf sich. »Und du …«
    Atamarie lächelte ihm zu. Und erinnerte sich an jenen Tag des Matariki-Festes, als sie mit einem Jungen gemeinsam seinen Drachen hatte fliegen lassen. Rawiris Kindergesicht stand ihr deutlich vor Augen. Er war für einen Maori schon damals sehr schlank und hochgewachsen gewesen. Seine großen dunklen Augen hatten geleuchtet und waren von langen Wimpern umschattet gewesen – wie heute immer noch. Rawiri hatte einen sanften Ausdruck, man konnte sich kaum vorstellen, dass er mit anderen jungen Männern Kriegs- haka tanzte oder Rugby spielte. Tätowiert war er nicht, sein Gesicht beherrschten keine martialischen moko , sondern volle, weiche Lippen.
    »Du wolltest damals schon fliegen!«, lachte sie. »Und ich auch. Erinnerst du dich? Und … war das der erste Versuch?«
    »Könnt ihr vielleicht mal verständlich reden?«, maulte Porter.
    Atamarie und Rawiri hatten ihre Kommunikation zwar auf Englisch begonnen, die letzten Sätze aber auf Maori getauscht.
    Rawiri bemühte sich jetzt, sich aufzurichten. »Verzeihung«, sagte er. Wie alle, die in Parihaka aufwuchsen, sprach er beide Sprachen fließend. »Ihr … ihr habt mich gerettet. Danke. Aber wo … wo ist der manu? «
    »Der Drachen«, übersetzte Atamarie.
    Richard wies aufs Meer hinaus. »Den konnte ich nicht auch noch retten«, meinte er. »Hätte sich aber sowieso nicht gelohnt. In der Form trägt er dich nicht, du musst dich mehr an Vögeln orientieren als an Götterstatuen.« Richard erinnerte sich daran, die Gestalt des birdman in den Versammlungshäusern in Parihaka gesehen zu haben. »Und inzwischen bevorzugt man auch Doppeldecker, jedenfalls bei den Seglern …«
    »Aber die Götter …«, seufzte Rawiri. »Der manu war den Göttern der Luft geweiht. Er sollte nicht im Meer versinken, er …«
    »Dann hätten die Götter der Luft besser darauf aufpassen müssen«, meinte Atamarie respektlos. »Womit war er eigentlich bespannt?«
    »Mit Segeltuch«, gab Rawiri Auskunft und schaute noch trauriger drein als zuvor schon. »Und es war ziemlich teuer …«
    »Und schwer«, kommentierte Richard. »Völlig ungeeignet, vor allem bei Regen. Lilienthal nahm schließlich Schirting, das ist ein gewachster Baumwollstoff, der …«
    »Vielleicht wird das Ding ja angeschwemmt«, überlegte Atamarie mit Blick auf die Bucht. Das Argument mit den Kosten leuchtete ihr ein. »Ist eigentlich recht wahrscheinlich, und wenn die Windrichtung so bleibt wie jetzt, dann müsste er …« Sie fokussierte die Küste.
    »Ich hätte Aute-Rinde nehmen sollen oder Raupo-Blätter. Sie streicheln das Gesicht des Himmelsgottes … Diese pakeha -Materialien – wahrscheinlich mögen es die Götter nicht, für sie zu singen.«
    »Singen?«, fragte Richard verwirrt.
    »Die Götter lenken ihre manu durch karakia , Gesänge und Gebete«, informierte ihn Rawiri.
    Atamarie seufzte. »Materialmäßig scheinen sie da aber keine großen Unterschiede zu machen. Meine Vorfahren kamen jedenfalls mit der Elizabeth Campbell nach Aotearoa, und das war ein Segelschiff. Grundsätzliche Bedenken gegen Segeltuch bestehen bei den Göttern also sicher nicht, sonst wären die ganzen pakeha sonst wo gelandet …«
    Richard, den das Gerede über Götter nicht interessierte, hatte inzwischen bereits die Seilkonstruktionen abgebaut unddas Material wieder ordentlich in Porters Rucksack verstaut. Und Porter wurde es jetzt auch zu bunt mit der Maori-Mythologie.
    »Verdammt, ist das kalt«, äußerte er. »Friert ihr eigentlich nicht?«
    Atamarie kam erst jetzt wieder zu Bewusstsein, dass ihr Kleid völlig durchnässt war. Über die Anstrengung der Wiederbelebung und der Aufregung über Rawiris Rettung hatte sie die Kälte ganz vergessen, aber jetzt wurde sie ihr wieder bewusst.
    »Stimmt, wir sollten schleunigst zusehen, dass wir ins Lager kommen. Vielleicht hat der Professor sogar trockene Sachen im Wagen. Für euch jedenfalls …« Sie warf den jungen Männern einen neidischen Blick zu. Ein Ersatzkleid für seine einzige Studentin schleppte Dobbins ganz sicher nicht mit sich herum.
    »Kannst du aufstehen?« Sie wandte sich an Rawiri.
    Der nickte. Es war wirklich glimpflich für ihn ausgegangen, abgesehen von ein paar Prellungen und Kratzern, die er wohl dem verzweifelten Kampf mit dem Gestell seines erst trudelnden Drachens verdankte, war nichts passiert.
    Rawiri war

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