Die Tränen der Massai
weitergefahren.«
Malaika versuchte, ihr Lachen zu beherrschen, aber sie hatte Tränen in den Augen.
»Ich dachte schon, ich wäre damit durchgekommen. Aber noch bevor wir das Ende der Straße erreicht hatten, rief sie: ›Halt! Bleib sofort stehen! Ich habe schon vermutet, dass ihr Naturwissenschaftler alle verrückt seid. Aber jetzt weiß ich es genau.‹ Und sie sprang aus dem Auto. Ich habe nie den Mut aufgebracht, sie noch mal einzuladen. Ende meiner ersten Liebe, noch bevor sie begonnen hatte.«
Nachdem sie sich die Augen abgewischt hatte, bohrte er nach, bis sie ihm ihre Geschichte erzählte.
Es war die Geschichte von Jai. »Das schönste Geschöpf auf der ganzen Welt«, sagte sie und lachte über seine gespielt angeekelte Miene. Aber als er die ganze Geschichte hören und wissen wollte, wie es ausgegangen war, dachte sie sich ein amüsanteres Ende aus. Eine Geschichte über Vergewaltigung und wie diese sogar die größte Verliebtheit zerstören kann, sollte nicht an diesem Abend erzählt werden. Vielleicht niemals.
Sie nahmen ihren Kaffee mit zum hochgezogenen Heck und beobachteten, wie die Lichter der Altstadt von Mombasa im Kielwasser glitzerten.
»Sie haben das heute beim Zoll wirklich sehr geschickt erledigt«, sagte er, als sie an der Reling standen, die Kaffeetassen in der Hand.
»Reden Sie vom Teegeld?«
»Teegeld! Mir wird schon von dem Wort schlecht. Ich komme mit diesen Dingen einfach nicht zurecht.«
»Ich weiß«, sagte sie lächelnd und erinnerte sich an seine ungeschickten Anstrengungen in Kisumu.
»Ja, genau. Sie wissen, was ich meine.«
Die Kanonen des alten Fort Jesus warfen lange Schatten auf die Wände, weil sie von starken Scheinwerfern, die in den Felsen unter ihnen verborgen waren, angestrahlt wurden.
»Was diesen anderen Abend angeht …«
O nein! Sie wollte nicht, dass er es ansprach. Alles war so gut gelaufen. So gut. Warum konnten sie es nicht einfach vergessen?
»Nach dem Intercontinental … ich habe mich wie ein Idiot benommen, ich …«
»Nein, schon in Ordnung. Es ging mir nicht gut, und …«
»… war einfach nicht ich selbst. Die letzte Zeit war ein bisschen schwierig.«
»Nun, nachdem das Projekt jetzt …«
»Nein, ich meine nicht die Arbeit. Was ich wirklich sagen wollte, war, dass ich einen perfekten Abend verdorben habe. Alles war wunderbar, bis …«
»Bis ich Sie beinahe bewusstlos geschlagen habe?« Sie lächelte.
Auch er lächelte. »Ja. Bis Sie mich beinahe bewusstlos geschlagen haben.« Er stellte die Kaffeetasse ab. Sie wollte ihre lieber nicht loslassen, behielt sie in der Hand, damit sie zwischen ihnen war.
»Nein, es ist mehr als das. Malaika, es war ein schlimmes Jahr für mich. Ich habe ein paar schwerwiegende Fehler gemacht, und ich wollte nicht noch mehr machen. Nicht mit Ihnen. Ich wollte sicher sein, dass ich mir selbst trauen konnte. Und ich wollte, dass Sie mir trauen.«
»Warum sollte ich Ihnen nicht trauen?«
»Das sollten Sie! Ich meine nur, vor einiger Zeit … hat ein Vorfall, ein schrecklicher Fehler, dazu geführt, dass ich meine Selbstachtung verloren habe. Jetzt versuche ich, alles wieder in Ordnung zu bringen. Wieder der Mann zu sein, der ich vor einem Jahr war. Ich … ich denke, ich komme diesem Ziel langsam näher.«
»Wenn wir nicht vorsichtig sind, kann ein einzelnes Ereignis unser Leben ruinieren.«
»Das stimmt. Aber was kann man tun? Wie macht man solche Dinge ungeschehen?«
»Man kann sie nicht ungeschehen machen, aber man kann sie akzeptieren. Man kann damit leben. Manchmal, wenn man Glück hat, findet man jemanden, der einem hilft, sie hinter sich zu lassen.«
»Es braucht großes Glück, einen solchen Menschen zu finden.«
»Ja, großes Glück.« Sie erinnerte sich an ihr Glück. Das Glück, Dr. Hussein, Jais Vater, kennen gelernt zu haben. Ihm vertraut zu haben, obwohl es gut möglich gewesen wäre, dass sie sich gegen jeden Mann gewandt hätte, dem sie begegnete. »In meinem Fall hat diese Person mich gefunden. Einer der freundlichsten Männer, denen ich je begegnet bin. Er hat mich aus einer wirklich schlimmen Situation gerettet und mir meinen Start bei AmericAid verschafft.«
»Haben Sie ihn geliebt?«
»Nein, es war nicht so. Er war eher ein Vater für mich. Aber am Anfang fiel es mir schwer, ihm zu trauen. Er war ein Arzt. Er hat mich geheilt.«
»Wo ist er jetzt?«
»Er … ist gestorben. Vor drei Jahren.«
»Das tut mir Leid.«
Die Dau stieß gegen den Kai, und Malaika fiel gegen
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