Die Tränen der Massai
konnte sie ihn im trüben Licht sehen, wie er die Shorts auszog – sah seine Größe als Silhouette.
Sie breitete die Arme aus, als er sich neben sie aufs Bett kniete, und langsam, langsam zog sie ihn an sich.
Das Licht drang in seinen Schlaf ein, einen tiefen Schlaf, in den hin und wieder die vage Wahrnehmung von seltsamer, erregender Wärme auf der anderen Seite des Bettes sickerte. Er wollte diese traumartige Qualität seines halb wachen, halb schlafenden Zustands wahren und benutzte dazu einen Trick aus der Kinderzeit: Er öffnete die Augen gerade genug, um durch die Wimpern blinzeln zu können. Eine schlafende Vision lag neben ihm, und sie war so ruhig und entspannt noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte.
Er wehrte sich gegen das Eindringen des Morgens in sein Bewusstsein, und es gelang ihm, die Klarheit des Tageslichts noch ein wenig wegzuschieben, so dass er schließlich wieder einschlief.
Das leise Rauschen der Brecher am Strand. O’Hara war unter ihm, drückte sich gegen ihn, während er in sie eindrang. Die Hand mit der Waffe lag auf ihrer Schulter, die Mündung war in ihr blondes Haar gedrückt. Das erste Klicken hatte einen elektrischen Schlag durch ihn zucken lassen. Berauschend. Er genoss das Gewicht der Waffe in seiner Hand, den leichten Widerstand des Abzugs an seiner Fingerspitze.
Langsam, langsam drückte er ab.
Klick!
Er holte tief Luft und seufzte. Es war nicht mehr das Trauma, das ihn wie vor Monaten bis in die Eingeweide erschütterte, aber es war da.
Er sah die schlafende Malaika neben sich an. Es war eine Erleichterung. Eine Erleichterung, dazuliegen und wieder zu wissen, wie schön es war, jemanden zu lieben – nicht nur zu ficken. Mehr als das war es mit O’Hara nicht gewesen. Geistlose Kopulation. Ein Fehler.
Malaikas weicher, warmer Atem berührte seinen Arm. Sie regte sich. Ihre Lider flatterten. Sie wachte auf. Er gönnte sich einen langen letzten geheimen Blick auf sie. Die Form ihrer Augen wurde im Schlaf deutlicher. Sie waren an den Winkeln leicht nach oben gebogen, und Wimpern und Brauen folgten dieser Linie. Eine rote Perle von ihrem Haar lag in ihrem Mundwinkel. Ihre Lippen zuckten, ließen die Perle zu ihrer Kehle rollen, wo sie sich wieder bewegte, als Malaika schluckte und den Mund öffnete. Dann schlug sie die Augen auf: verträumt und mit einer Spur von Überraschung.
»Guten Morgen«, flüsterte er.
Sie lächelte.
Er beobachtete, wie sie ihre Umgebung wahrnahm. Sie betrachtete das schwach beleuchtete Schlafzimmer, ohne den Kopf zu bewegen, dann wandte sie den Blick wieder ihm zu. »Guten Morgen«, sagte sie mit verschlafener Stimme. Sie zog das Laken bis ans Kinn, drehte sich auf den Rücken und sah sich den Rest des Zimmers an.
Er stützte sich auf einen Ellbogen und schaute auf sie hinab. Sie blinzelte und lächelte ihn an.
»Was ist?«
Er wusste nicht, was er antworten sollte, aber er reagierte oft ebenso, wenn er vermeiden wollte, als Erster etwas sagen zu müssen. Also fragte er: »Gut geschlafen?«
»Hm.«
»Alles in Ordnung?«
»Ja.« Sie schaute zur Decke. »Endlich.«
»Wie meinst du das,
endlich?«
»Ich habe mich mit dir nie so recht wohl gefühlt.«
»Du hast dich mit mir nicht wohl gefühlt?«
»Ich war unruhig. Häufig zornig. Und noch öfter frustriert …«
»Schon gut, schon gut«, sagte er lächelnd. »Ich hab verstanden.« Er sah ihr ins Gesicht. Sie trug kleine goldene Stecker in den Ohrläppchen. Ihre Perlen klickten leise, als sie den Kopf bewegte. Er küsste sie sanft. Ihr Mund klebte an seinem, weich vom Schlaf. »Vielleicht habe ich nur so getan, als wäre ich schwer zu haben, oder ich wollte sehen, ob du dich abschrecken lässt.«
Sie zog den Arm unter dem Laken hervor und fuhr mit einem langen roten Fingernagel über seine Bartstoppeln.
»Irgendwo tief drinnen bin ich Massai.« Sie ließ den Blick von seinen Lippen zu seinen Augen wandern und sah ihn ruhig an. »Wir sind nicht so leicht zu verängstigen.«
Der vormittägliche Regen hatte die Wege zwischen den Marktbuden rutschig werden lassen. Der Markt selbst wimmelte von Farben. Verschleierte, mit Edelsteinen geschmückte Frauen drängten sich durch die Menge, Körbe auf den Köpfen oder an den Armen. Kinder trabten hinter ihnen her, und einige blieben stehen, um den weißen Mann mit der schönen schwarzen Frau anzustarren.
Sie hatten beschlossen, noch einen Tag zu bleiben, da Jack zum ersten Mal an der Küste war. Wenn sie den Morgenflug nahmen,
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