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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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zehn Kilometer hinter dem Tor. Das Gespräch war verstummt. Jack stützten die Ellbogen auf den Fenstersims und den Kopf auf die Hände. Es war für alle ein anstrengender Tag gewesen: Hitze, Staub und endlose holprige Pisten.
    Malaikas Erschöpfung hatte noch einen anderen Grund. Seit sie die weite Savanne des Masai Mara erreicht hatten, hatte sie gegen eine wachsende Spannung ankämpfen müssen. Wie das ununterbrochene Tropfen von Wasser auf Stein, so wusch die vertraute Umgebung die Hülle weg, die einen Teil ihres Lebens umgab, an den sie sich nicht zu erinnern wagte. Auf der Savanne sah jede Akazie vertraut aus. Jeder Hügel, jeder Kamm versprach, eine verborgene Geschichte zu verraten. Stunde um Stunde brachte die Landschaft, die immer mehr Erinnerungen weckte, sie zurück in die Vergangenheit. Erinnerungen, die keinen Platz in ihrem Leben hatten, schlichen in ihr Bewusstsein und zupften an den empfindlichen Teilen ihres Geistes. Es waren Erinnerungen von vor langer Zeit, aus einer fremden Welt.
    Malaika bemerkte auf einem entfernten Hügel eine Bewegung. Ein Aufblitzen von reflektiertem Sonnenlicht. Dann sah sie eine Gestalt, die sich durch die karge Vegetation bewegte. Die Gestalt verschwand, als der Landrover über einen weiteren Kamm fuhr. Minuten später konnte Malaika sie deutlicher sehen. Es war ein Mann, der, Speer und Schild in den Händen, weiterrannte. Er trug Rot. Sie bemerkte zwei andere etwa eine halbe Meile hinter dem ersten. Sie sagte nichts, aber sie fragte sich, wieso diese drei
Moran
so zielgerichtet durch den Busch eilten. Seltsame Leute!

Kapitel 23
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Viele Gelehrte glauben, dass die Massai von Marc Antons verlorenem Bataillon abstammen. Die militärische Phalanx der Massai mit den übereinander geschobenen Schilden, den Simi mit den breiten Schneiden und den Speeren, erinnert tatsächlich ein wenig an jene der Soldaten des Alten Rom, tausend Jahre bevor die Massai das Niltal hinter sich ließen. Und wie die Phalanx ihrer römischen Vorfahren, so ist auch die Mauer aus Schild und Stahl der Massai immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Vollkommene Ergebenheit an die Kriegerbruderschaft ist der Schlüssel zu ihrem Erfolg in der Schlacht.
     
     
    D er rote Dämon des Schmerzes stach Kireko in die Ferse und wurde rasch am Rand seiner Vision größer. Kireko verweigerte dem Dämon die geforderte Aufmerksamkeit, denn er wollte sich nicht vom Laufen ablenken lassen, bevor er die Kuppe des Hügels erreicht hatte, der direkt vor ihm lag – das Ziel, das er sich gesetzt hatte, bevor er sich Ruhe gestatten würde. Stattdessen würde er den Motonyi-Vogel zu sich rufen.
    Die Sykomore, die er sich vorstellte, war groß, und die starken Zweige lockten den schönen Vogel an. Kireko pfiff das Lied, das der Montonyi-Vogel so liebte, und der Vogel erschien in den obersten Zweigen der Sykomore. Dort zeigte er alle leuchtenden Farben seines Gefieders – er breitete die farbenprächtigen Flügel aus und spreizte seinen Schwanz. Als Kireko ihn rief, glitt der Motonyi zu ihm und schlug die langen, gebogenen Krallen in Kirekos geflochtenes Haar. Seine goldenen und roten Schwanzfedern bildeten einen Umhang für Kirekos Schultern und den Rücken. Nachdem er sich auf Kirekos Kopf niedergelassen hatte, faltete der Vogel die hellblauen Flugfedern über das Gesicht des
Morani
und deckte sie über seine Augen. Der Schmerz ließ rasch nach.
    Wie schon oft zuvor hatte Kireko seine Urgroßmutter für dieses Geschenk gesegnet! Sie hatte ihm den Motonyi gegeben, ihren geheimen Zauber, um den roten Dämon des Schmerzes zu vertreiben. Die alte Frau kannte sich wirklich mit Magie aus.
    Der Motonyi lenkte ihn auch von seinem Durst ab. Obwohl Kireko vor Schweiß triefte, musste er sich nicht ausruhen. Viele Male war er so mit den anderen jungen Männern seines Alters von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unterwegs gewesen, in dieser Kinderwelt, die sie der Tradition entsprechend auf einen raschen Angriff gegen einen Feind vorbereitete. Wie sehr er bedauerte, dass es nur bei sinnlosen Spielen geblieben war!
    Er erreichte die Hügelkuppe, noch bevor die Sonne hoch am Himmel stand. Er wurde langsamer, dann setzte er sich zwischen ein paar große Felsen, um sich seinen Fuß anzusehen. Der Dorn hatte die Sandale an seine Ferse genagelt. Mit der Schneide des
Simi
am dicken Ende des Dorns und seinem Daumen als andere Backe der Zange zog er ihn langsam heraus. Es hörte auf zu

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