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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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gemacht. Ein Abenteuer. Etwas, was man den Leuten zu Hause erzählen konnte. Jack fühlte sich nicht so.
    Tingisha ragte über ihnen auf und sagte im gleichen ausdruckslosen Ton wie zuvor: »Äh, gehen wir.«

Kapitel 26
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Alkohol war schwarzen Kenianern unter dem britischen Protektorat viele Jahre verboten. Aber Chang’aa, illegaler, selbst gebrannter Whisky, war immer erhältlich. Der Alkohol wird aus Getreide destilliert und mit diversen anderen Zutaten wie Wurzeln und Kräutern versetzt, die ihn angeblich stärker machen. Auf Swahili wird das Gebräu Machosi ya Simba, Tränen des Löwen, genannt, und seine Wirkung lässt diesen Namen durchaus angemessen erscheinen.
     
     
    I n der Bar von Cottar’s Camp hing ein Surren in der Luft. Ein flüchtiger Beobachter hätte vielleicht angenommen, dass die sechs Personen dort betrunken waren – die Stimmen waren ein wenig zu laut, die Witze konnten auf keinen Fall so komisch sein, und sicher war es unmöglich, dass ein solch gemischter Haufen so gut befreundet war.
    Sie waren gut gelaunt, aber das hatte wenig mit Alkohol zu tun. Adrenalin war die Droge, die diese Überschwänglichkeit nährte.
    »Es hat also keiner fotografiert!«, sagte Bear und reichte die Getränke herum, die der Barmann ihnen eingegossen hatte. »Das kann ich einfach nicht glauben!«
    »Nun, du hattest selbst eine Kamera dabei, Bear«, sagte Stewart und nahm seinen Gin entgegen. »Warum hast du nicht fotografiert?«
    »Ich? Weil ich meinen Arsch zwischen den Felsen versteckt hatte wie ihr anderen auch.«
    Sie grölten vor Lachen und schlugen ihm auf den Rücken.
    »Nicht einmal ein Foto von deinem Freund Jack«, sagte Inga. »Unser Held.«
    »Auf Jack«, hieß es wieder einmal.
    »Auf Jack«, sagten sie und hoben ihre Gläser in die Richtung, wo Jack gesessen hatte. Aber er hatte den Barhocker verlassen und stand in der Tür zum Garten.
    Bear nahm zwei Gläser und drängte sich durch das muntere Schwatzen. Irgendetwas war hier los, das er nicht verstand. Jack war auf dem Rückweg zum Camp ungewöhnlich still gewesen. Bear hatte ihn noch nie so grüblerisch erlebt. Als sie auf dem Rückweg einen kurzen Moment unter sich waren, hatte er gefragt: »Wie geht es dir, Kumpel? Ich hab mir ziemliche Sorgen gemacht.«
    Jack hatte gesagt: »Ich bin in Ordnung«, und war nicht langsamer geworden. Die anderen glaubten, dass Jack unter Druck einen kühlen Kopf bewahrt hatte. Bear wusste, dass mehr an der Sache war. Viel mehr. Bevor der Gewehrlauf explodiert war und ihn drei Schritte rückwärts in den Dreck geschleudert hatte, war etwas in Jacks Kopf vorgegangen, das wusste Bear. Und es war nicht nur Angst gewesen. Das wäre verständlich. Es war, als wäre Jack dem Elefanten lieber mit bloßen Händen gegenübergetreten, als diese Waffe zu berühren.
    Und was immer es sein mochte, es hatte mächtigen Durst. Jack hatte, seit sie zur Lodge zurückgekehrt waren, schon vier Doppelte gekippt. Bear reichte ihm seinen Whisky. »Hier, Kumpel. Wie geht es deiner Schulter?«
    Jack rieb sie und zuckte die Achseln. »Schon in Ordnung.«
    »Das ist verdammt viel Whisky für einen Kerl, der dem Zeug nicht traut.«
    Jack ignorierte ihn, bog den Kopf zurück und trank das Glas in einem Schluck halb leer. Seine Augen wurden feucht, aber er richtete den Blick weiterhin auf den dunklen Garten vor sich.
    »Hey, Jack.« Bear versuchte es auf eine andere Art. »Warum gehst du nicht zu Malaika? Sie verpasst den ganzen Spaß.«
    »Hm, die Prinzessin. Nein, ich glaube nicht.«
    »Du solltest zu ihr gehen. Du weißt, dass sie Partys mag.«
    Jacks Miene war eine undurchdringliche Maske. »Ich habe Nein gesagt. Lass mich einfach in Ruhe, Bear.« Er ging in den Garten und sackte auf einer Bank an einem der langen Esstische zusammen.
    Aber Bear wollte ihn nicht in Ruhe lassen. Er war ein Mann, der sich nur langsam mit anderen Menschen anfreundete, sich aber an die wenigen, die die Anstrengung wert waren, zäh klammerte. Bear war gerne mit Menschen zusammen, die tolerant und gut gelaunt waren und Humor hatten. Das alles traf auf Jack zu. Und noch mehr: Er war ein guter Kollege, ein passabler Trinker und konnte, wenn es Ärger gab, mit den Fäusten umgehen. Insgesamt kam Bear zu dem Schluss, dass Jack die Mühe wert war. Er setzte sich ihm am Tisch gegenüber hin.
    Bear traute selten seinen Instinkten, wenn es um Frauen ging, aber bei den Gefühlen eines Mannes war er sich sicher. Und er spürte,

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