Die Tränen der Massai
und überprüfen Sie, ob der Wagen einen Wagenheber hat. Reifenpannen sind normal, und ein zerbrochener Stoßdämpfer ist nicht unüblich.
Öffentliche Transportmittel sind nur für die Abgehärteten.
I ch sag dir eines, Jack«, verkündete Bear und manövrierte das Auto um einen Felsen von der Größe einer halb vergrabenen Waschmaschine, »die bei Rover kennen sich mit Vierradantrieb wirklich aus.« Er ballte die Faust und hob sie demonstrativ. »Sie bauen Geländewagen für echte Männer. Nicht wie dieses Ding hier. Sieh dir das an!« Er schlug auf den Schalthebel. »Was wissen die verdammten Japaner schon vom Vierradantrieb? Automatik, um Himmels willen!« Der Landcruiser fuhr über einen überfluteten Teil der Straße. Wasser floss in den Innenraum. »Der alte D 110 ist so viel besser als dieses Ding.«
Jack reagierte nicht. Er hatte, seit sie vor einer halben Stunde Tingishas Dorf verlassen hatten, kaum mehr als ein paar Worte gesprochen. Bear nahm wahrscheinlich an, dass es der Kater war. Vielleicht hatte er damit sogar Recht. Vielleicht war es auch Langeweile. Die Straße von Narok nach Kisii war nicht gerade aufregend. Die Umgebung erinnerte an eine Mondlandschaft. Sogar die Tiere waren weniger geworden; nur hin und wieder ließ sich ein Gnu oder ein Zebra sehen. Er grübelte, und er wusste, er sollte damit aufhören. Aber er konnte nicht aufhören, über Malaikas geheimnisvolles Verschwinden nachzudenken.
Geheimnis? Was für ein Geheimnis?, dachte er. Sie hatte die Ersatzschlüssel genommen und war im Landrover weggefahren. So einfach war das. Wenn er nur zur
Banda
gegangen wäre, wie er es vorgehabt hatte! Wenn er nur nicht angefangen hätte, diese verdammten Löwentränen zu probieren!
Sie sahen den Landrover auf der Seite liegen, in einer leicht abschüssigen Kurve, die für jemanden, der sich mit dieser Straße nicht auskannte, schwierig sein konnte. Jack war schon aus dem Auto gesprungen, bevor es richtig stand. Er sprang auf die Antriebswelle und kletterte auf die hintere Tür. Von dort spähte er in die Kabine hinein. »Nichts«, murmelte er. »Bear, halte die Tür auf, während ich hineinsteige.«
Bear kletterte auf die vordere Tür und öffnete die hintere. Jack ließ sich hinunter.
»Die Dachluke ist geöffnet worden«, bemerkte Jack. »Sie müssen dort rausgekrochen sein.« Er sah sich um. Die Fenster auf der linken Seite, auf der das Auto lag, waren zerbrochen, und die Windschutzscheibe hatte Kratzer.
»Was liegt da vorn auf dem Boden, Jack?«
Jack stützte sich mit einer Hand aufs Armaturenbrett und griff nach vorn. Es war Malaikas regennasse Mütze. Er richtete sich auf, so gut er es in dem Wagen konnte, und betrachtete seine Hand, die er aufs Armaturenbrett gestützt hatte. Sie war klebrig rot. Er rieb Zeigefinger und Daumen aneinander und kam sich dumm vor, weil er sich fragte, ob er Malaikas Blut wohl erkennen würde.
Fünf Minuten weiter die Straße entlang sahen sie ein rostiges Schild:
Patel’s Duka.
Sie folgten Tingishas Anweisungen und nahmen den Weg, der hinter der
Duka
abbog. Er hatte tiefe Reifenspuren, war überwachsen und verlor sich hin und wieder im Dornengebüsch. Bear murmelte etwas über weiche Stoßdämpfer.
Als sie das letzte Dornengebüsch hinter sich hatten, sahen sie ein Dorf in einem flachen Tal auf der anderen Seite eines felsigen Bachbetts. Vier Männer standen neben einem olivgrünen Laster, dessen Ladung unter einer Segeltuchplane verborgen war. Die schwere Ladeklappe wurde zugeschlagen, als der Landcruiser durch den Bach fuhr.
»Sieh dir das an«, sagte Bear und zeigte auf ein Haus, das auf dem Hügel oberhalb des Dorfs stand. »Wozu brauchen die eine verdammte UKW -Antenne?« Er bremste hinter dem Laster ab, der an der Öffnung zu der Dornenbuschhecke, die das Dorf umgab, stand.
Das Dorf war anders als das von Tingisha. Dort hatte es vor Kindern gewimmelt. Frauen hatten im Kreis von Freunden und der Familie gesessen und gelacht, während sie flochten oder Felle kämmten. Kleinkinder und kleine Jungen hatten rings um das
Boma
gespielt.
Aber in diesem Dorf schien es nur mürrische Männer, ein paar Ziegen und eine Hand voll alter Frauen zu geben, die sie schweigend aus den Türen heruntergekommener Hütten anstarrten. Und dann dieses seltsame Haus auf dem Hügel – ein Haus, das hier vollkommen fehl am Platz war.
»
Jambo,
meine Herren.« Ein Mann im grauen Nadelstreifensakko kam lächelnd auf den Wagen zu. Seine Hosenbeine flatterten wie
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