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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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viel Zeit, um an den Ängsten von Menschen etwas zu ändern.«
    »Das ist falsch.« Sie schüttelte den Kopf. »Und wenn ich einen Platz für Ziada gefunden habe, werde ich etwas dagegen unternehmen, wie die Aidskranken hier behandelt werden. Die Hilfsorganisationen strengen sich an, aber vielleicht sehen sie nicht, was los ist.«
    »Ich denke, Geld ist immer ein Problem. Oder der Mangel daran.«
    »Ja, sie brauchen Geld, um zu tun, was sie tun. Aber vielleicht landet es nicht an der richtigen Stelle. Die Leute glauben, das Problem der Massai sei Alkohol – der
Chang’aa.
Sie sagen, wenn sie nicht all ihr Geld für die
Machosi ya Simba
ausgeben würden, wären die Massai erheblich besser dran. Jeder ist ein Experte. Macht Schluss mit den Tränen des Löwen, und die Tränen der Massai werden ein Ende haben. Niemand weiß, um was es wirklich geht. Sie verwechseln die Symptome mit der Ursache. Die Tränen der Massai sind hier.« Sie nickte zu der schlafenden Ziada hin. »Aids ist unsere Krankheit. HIV lässt unsere Tränen fließen.«
    »Vielleicht sind die Regierungen und die Organisationen eher an große Projekte gewöhnt. Große Budgets.«
    »Mag sein. Aber sie müssen verstehen, wie diese armen Menschen in den Dörfern leiden. Vielleicht sollte einiges von dem Geld dorthin fließen.« Noch während sie das aussprach, erkannte sie, dass auch sie sich schuldig gemacht hatte. Sie hatte für eine Hilfsorganisation gearbeitet und sich über Budgets und Autorisierungen Sorgen gemacht, aber die private Hölle in den Dörfern kaum gesehen. Vielleicht hatte sie angenommen, dass mit westlichem Geld und westlicher Technologie wunderbarerweise auch die tolerantere Denkweise des Westens importiert würde. Nun ging sie davon aus, dass ihr Versagen mit ihrer Distanz von der afrikanischen Gemeinschaft zusammenhing. Sie hatte keine Erfahrung damit, wie die Krankheit Familien, Freunde, Nachbarn prägte. Es mochte bis zu einem gewissen Grad wirkungsvoll sein, ein westliches System zu übernehmen, um gegen ein massives Problem wie Aids zu kämpfen – aber im Fall von Afrika waren Änderungen dringend nötig. Institutionalisierte Hilfe passte nicht zu einem Kontinent, wo man kaum verstand, wie die Krankheit sich ausbreitete, und wo es an Mitgefühl fehlte.
    »Regierungen glauben immer, ein Problem kann gelöst werden, indem man Geld danach wirft«, sagte Jack.
    »Regierungen sprechen nicht über Dinge wie Liebe. Es gibt keine Erziehungsprogramme zum Thema Aids. Keine Beratung für die Opfer und ihre Familien. Was wir brauchen, sind Leute in den Dörfern, wo die Menschen, die an Aids leiden, leben.«
    Als sie begann, weiter über die Idee nachzudenken, wuchs ihre Überzeugung, dass sie sich als wertvoll erweisen würde. Es war eine gute Idee, ein Vorschlag, den Organisationen wie AmericAid vielleicht unterstützen würden. Ihre Begeisterung wuchs – ein Gedanke führte zum nächsten. Sie malte sich eine Pilotstudie im Massailand und ähnliche Programme bei anderen Stämmen aus.
    Ehrlicherweiße konnte sie nicht abstreiten, dass sie von Schuldgefühlen motiviert wurde – wenn sie etwas unternahm, würde sie sich ihre früheren Unterlassungssünden vielleicht verzeihen können. Das würde ihr Beitrag, ihre Wiedergutmachung sein.
    In ihrer Aufregung bemerkte sie nicht, dass Jack sich immer weiter zurückzog. Er hatte mit ermutigenden Bemerkungen begonnen und dann hin und wieder zustimmend genickt, während er ins Feuer starrte, dessen Schatten über einen Rest seines Lächelns spielten. Sie hatte ihn nicht ausschließen wollen, aber es wäre ihr anmaßend vorgekommen, zu versuchen, einen Platz für ihn in ihren Plänen zu finden, solange er nicht selbst erklärte, dass er daran teilhaben wollte. Er hätte zumindest fragen können, wie er hineinpasste. Wenn er je etwas über ihre gemeinsame Zukunft sagen wollte, dann war das hier doch sicher der geeignete Zeitpunkt?
    Aber er schwieg. Er hielt ihre Hand immer noch fest. Sie fuhr mit den Fingern über die glatten Knöchel und die Sehnen, die sich seinen Arm entlangzogen, um sich unter dem weichen Flaum goldenen Haars mit den festen Muskeln zu verbinden. Seine Arme waren vertraut und tröstlich. Sie waren dazu gemacht zu lieben.

Kapitel 42
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Die Hypothese genannt »Mitochondrial Eve« behauptet, dass alle modernen Menschen ihren Ursprung vor 200 000 Jahren in einer kleinen afrikanischen Gemeinschaft hatten, von der nur eine einzige

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